Games // Football Manager 2018 Bringt ein virtuelles Coming-out die Fußballwelt voran?
Im aktuellen "Football Manager 2018" outen sich erstmals Spieler. Damit überholt das Spiel die Realität. Aber die In-Game-Umsetzung birgt auch eine Gefahr.
Wer lang genug "Football Manager 2018" zockt, der hat irgendwann eine Nachricht wie diese im Postfach: "Der Spieler Gary Evans von Arsenal London hat heute öffentlich erklärt, dass er schwul ist." Dass sich ein aktiver Fußballprofi outet, ist in Europas Top-Ligen bis heute noch nicht passiert. Aber in der aktuellen Auflage des Fußballmanagers kann es schon vorkommen.
Es ist nicht das erste Mal, dass die Macher des Spiels ihrer Zeit voraus sind: Im letzten Jahr haben sie den Brexit und seine Folgen ins Spiel integriert. Und jetzt kann man als virtueller Fußballtrainer und Vereinsmanager irgendwann die Meldung bekommen, dass einer der eigenen Spieler schwul ist. Warum sie das gemacht haben? Um das Spiel realistischer zu gestalten, sagt Miles Jacobsen, der Chef der Spieleentwicklungsfirma Sports Interactive. Er sagt: "Es gibt schwule Fußballer. Aus der bloßen Zahl von Profispielern wissen wir, dass es Fußballer geben muss, die schwul sind." Seit 2014 dürfte das auch dem Letzten klar sein. Da hatte der ehemalige deutsche Nationalspieler Thomas Hitzlsperger kurz nach seinem Karriere-Ende erklärt: "Ich hab Gefühle für Männer und ich möchte auch mit einem Mann zusammen leben."
Ausgerechnet die nicht unbedingt als schwulenfreundlich bekannten Gamer zeigen also der echten Fußball- und Fan-Szene, wo es langgeht. Kann das funktionieren? Grundsätzlich ja, findet Robert Claus, der sich in einem Forschungsprojekt mit Homophobie und Sexismus im Fußball und seinen Fanszenen beschäftigt:
"Der Football Manager kann etwas bewirken. Allein schon dadurch, dass er eine Debatte anregt. Es gab Reaktionen aus den Medien, aus der Spiele-Community, von Fußballfans und auch aus dem Fußball selber. Es ist wichtig, dass das Thema Homophobie behandelt wird und auch richtig, dass sich ein Spielehersteller zu diesen Fragen positioniert."
- Robert Claus vom Projekt 'Kicks für Alle! Fußball. Fanszenen. Geschlechtervielfalt'
Selbst in Deutschland wird darüber berichtet. Dabei darf das Spiel aus lizenzrechtlichen Gründen hierzulande gar nicht offiziell verkauft werden.
Die Folgen eines Coming-outs im "Football Manager" sind für den Verein was sehr Positives: Wenn ein Spieler aus der eigenen Mannschaft schwul ist und sich outet, bekommt man kurz darauf mitgeteilt, dass der Umsatz gestiegen ist - weil es damit Aufmerksamkeit der LGBTQ-Gemeinschaft für den Club gibt.
Gute Idee – aber in der Realität dürfen die wirtschaftlichen Folgen keine Rolle spielen
Die große Frage: Wäre das in echt auch so? Vielleicht – vielleicht aber auch nicht. Dass sich bislang noch kein Profi geoutet hat, liegt ja gerade daran, dass die Angst vor der Reaktion von Verein und Fans groß ist. Selbst für die Möglichkeit eines virtuellen Coming-outs hat Spieleentwickler Miles Jacobsen eine homophobe Hass-Mail bekommen. Experte Robert Claus will sich nicht festlegen, ob ein Coming-out so gut aufgenommen werden würde, dass die Umsatzzahlen des Vereins nach oben schießen. Er fragt sich, warum es um das wirtschaftliche Interesse geht: "Immerhin ist im Grundgesetz die Diskriminierungsfreiheit verankert. Fußballer sollten ein Recht auf ein Leben ohne Diskriminierung haben – unabhängig von der wirtschaftlichen Vermarktbarkeit."
Der "Football Manager" will zeigen, dass ein Coming-out positiv wäre – gute Sache! Leider geht das im Spiel am besten, indem die Kasse klingelt. Das ist ein bisschen schade, denn wenn die Realität soweit ist und sich ein echter aktiver Profi outet, dann sollte genau das kein Kriterium sein: Ob sich damit Geld verdienen lässt.
Sendung: Netzfilter, 19.11.2017, ab 12 Uhr