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Netzlexikon B wie Bundestrojaner

Wer überwacht wird, kann sich künftig nicht mehr auf Verschlüsselungstools verlassen. Die neuen Bundestrojaner sollen Gespräche und Chats direkt dann mitschneiden, wenn sie stattfinden - und die Missbrauchsgefahr des steigt.

Von: Florian Meyer-Hawranek

Stand: 29.04.2015 | Archiv

Was ist eigentlich ein Bundestrojaner?

Der sogenannte Bundestrojaner ist eine Spähsoftware der Bundesbehörden. Der neue Bundestrojaner soll ein Instrument zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) werden: ein Programm zum Mitschnitt von jedweder Kommunikation direkt an der Quelle - egal, ob Telefonate, SMS, Chats, Mails, Posts, Audiokommentare oder Videokonferenzen.

Also auf meinem Handy zum Beispiel?

Genau. Mitgeschnitten wird bei der Quellen-TKÜ genau dort, wo die überwachungswürdige Kommunikation entsteht: auf deinem Smartphone, deinem Tablet, deinem Rechner. Was früher die Wanze im Telefonhörer war, ist heute der Trojaner in deiner Software.

Dass ich überwacht werde, weiß ich ja mittlerweile. Was ist an dem Bundestrojaner jetzt so neu?

Eigentlich gibt es Bundestrojaner schon länger. Jetzt will das Bundeskriminalamt allerdings einen Echtzeit-Trojaner. Gespräche über Skype, Chats über Threema und Audionachrichten über Whatsapp sollen damit in Zukunft direkt dann mitgeschnitten werden, wenn sie stattfinden - eben an der Quelle selbst.

Der neue Bundestrojaner dürfte in etwa so funktioneren, als würde man dauerhaft ein Mikrofon am Kragen rumschleppen, das alles aufzeichnet und weiterleitet, was gesagt wird. Die Kommunikation wird nicht erst an einem Netzknoten mitgeschnitten. Wer überwacht wird, soll sich künftig nicht mehr auf Verschleierungstools und Kryptoprogramme verlassen können. Denn der neue Bundestrojaner späht schon vor Verschlüsselung und Anonymisierung.

Darf die Polizei das einfach?

Nein. Grundsätzlich dürfen die Behörden nicht willkürlich Hinz und Kunz auf diese Art überwachen. Dafür brauchen sie natürlich eine richterliche Anordnung. Und die rechtlichen Hürden für eine komplette Online-Durchsuchung der digitalen Privaträume sind bisher relativ hoch gesteckt.

Warum dann jetzt ein Echtzeit-Trojaner?

Wenn - wie bei der Quellen-TKÜ - die Kommunikation sowieso direkt beim Entstehen mitgeschnitten wird, sind die notwendigen richterlichen Ausspäh-Anordnungen für den Trojaner etwas leichter zu bekommen. Deshalb will die Polizei jetzt Programme, um möglichst früh und möglicherweise auch etwas öfter mitzuhören. Und natürlich, um die modernen Verschlüsselungstechniken zu umgehen. Denn nicht nur die Behörden, auch ihre Gegner haben sich digital aufgepumpt und sind mit Kryptoware und Anonymisierung unterwegs, um ihre Geheimnisse zu schützen.

Die Behörden haben damit also noch mehr Möglichkeiten, mich im Netz zu überwachen?

Im blödsten Fall ja. Die Behörden weisen zwar immer wieder darauf hin, dass sie nur in Extremfällen Bundestrojaner einsetzen, Überwachungskritiker wie der Chaos Computer Club bemängeln aber: Schon frühere Versionen der Spähsoftware sollen technisch deutlich mehr gekonnt haben, als rechtlich erlaubt ist. Eins der Spähprogramme soll beispielsweise nicht nur die Kommunikation Verdächtiger mitgeschnitten, sondern auch Screenshots geschossen und diese an die Ermittler weitergeleitet haben. Und wenn in Zukunft theoretisch jede Kommunikation per Knopfdruck mitgeschnitten werden kann - und zwar egal, wie gut sie gesichert ist - dann steigt gleichzeitig eben auch die Gefahr, diese Macht zu missbrauchen.


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