Netzlexikon C wie Constructive Journalism
Krisen, Kriege und Katastrophen bringen im Netz oft Klicks. Aber immer nur schlechte Nachrichten sorgen für miese Laune und ein schlechtes Weltbild, meinen Vertreter des Constructive Journalism.
Was genau ist Constructive Journalism?
Constructive Journalism will nicht immer nur kritisieren und Missstände anprangern. Negatives wird auch berichtet - es wird aber nicht nur nach dem Schuldigen gesucht, aondern auch gefragt: Wie kann es besser werden? Was kann man ändern? Wie könnte eine Lösung aussehen? Statt einer negativen Grundeinstellung, gibt es hier eine konstruktive.
Aber schlechte Nachrichten gehören doch auch dazu. Was will ich denn mit Friede-Freude-Eierkuchen?
Man muss da unterscheiden zwischen konstruktiv und einfach nur positiv. Kritiker von konstruktivem Journalismus meinen: wer nur das Gute sieht, wird das nicht kritisch hinterfragen. Aber Journalisten, die konstruktiv berichten, sagen: Wir schreiben hier nicht nur Wohlfühl-Kram, sondern halten uns an journalistische Kriterien und diskutieren eben zusätzlich noch Lösungsideen.
Ganz schön krasses Ziel. Wer hat sich das denn ausgedacht?
Das Ganze kommt eigentlich aus Skandinavien. Die dänische Journalistin Catherin Gyldensted gehört zu den Mitbegründern. Sie leitet mittlerweile den ersten Studiengang zu Constructive Journalism in den Niederlanden. In Dänemark und Schweden haben einige Zeitungs-, Fernseh- und Radioredaktionen konstruktive Berichterstattung schon längst in ihren Arbeitsalltag integriert.
Letztes Jahr hat Ulrik Haagerup, der Nachrichtenchef des öffentlich-rechtlichen dänischen Rundfunks ein Buch zu Constructive News rausgebracht. Darin erklärt er zum Beispiel, dass die Auflagen von der "Zeit" steigen, während die vom "Spiegel" gesunken sind - und dafür macht er auch die konstruktiven Nachrichten verantwortlich, die es eher bei der "Zeit" gibt.
Also bessere Quoten und Auflagen. Oder warum machen die das?
Das spielt wahrscheinlich auch eine Rolle, aber die Argumente, die vorgebracht werden, sind oft andere. Viele Studien haben rausgefunden, wenn wir oft negative Berichte lesen, führt das dazu, dass wir uns hilflos fühlen. Wir denken: "Ich kann an der Situation ja eh nichts ändern." Oder man wird zynisch. Das Bild, das man von der Welt entwickelt, ist dann oft negativ. Leute, die konstruktiven Journalismus machen, wollen das ändern. Das Timing für konstruktiven Journalismus ist gut: Gerade jetzt, wo sich online immer größere Gruppen ihre eigenen Realitäten bauen und Menschen laut "Lügenpresse" in die Sozialen Medien brüllen, könnten lösungsorientierte Berichte eine Lücke füllen. Selbst die UNO hat gesagt, dass wir mehr von dieser Art des Journalismus brauchen.
Wo gibt’s schon konstruktiven Journalismus?
In den Niederlanden gibt es das Online-Medium "De Correspondent", das nach einer Crowdfunding-Kampagne gestartet ist. In den USA oder Großbritannien haben Medien ein paar Seiten für diese Art von Berichterstattung reserviert, zum Beispiel die New York Times oder die Washington Post. Und in Deutschland haben wir jetzt immerhin im Netz einen festen Platz für konstruktiven Journalismus gefunden: Das neue Online-Magazin "Perspective Daily". Dessen Team will wissenschaftlich fundierte Artikel, die Antworten auf Probleme geben.