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Netzlexikon T wie Takedown

Mit einer Takedown-Mitteilung können Menschen sich wehren, wenn jemand ihre Inhalte widerrechtlich im Netz teilt. Das kann aber auch die Falschen treffen.

Von: Franziska Schwarz

Stand: 12.08.2015 | Archiv

T wie Takedown | Bild: BR

Was ist ein Takedown?

"Takedown" - im Fachsprech Notice and Takedown - ist die Aufforderung, dass ein Nutzer bestimmte Inhalte wieder offline nehmen soll. Die kommt als persönliche Nachricht oder sogar als gerichtliche Anordnung. So eine Aufforderung geht aber nur, wenn die Inhalte rechtswidrig sind, also wenn man einen Text, Film oder Musiktrack verbreitet, obwohl der Urheber das nicht will. Inzwischen werden aber auch Takedowns für Kommentare verschickt. 2013 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erstmals ein Urteil in diese Richtung gesprochen, nachdem ein Fährenbetreiber von den Lesern anonym in den Kommentaren beschimpft wurde - der hatte dagegen geklagt. Auch Witze können zum Streitfall werden: Im Sommer 2015 entfernte Twitter einige Sprüche, weil sie angeblich Plagiate waren.

Und wie oft kommt es zu so einer Takedown-Nachricht?

Laut Statista gab es allein bei Google im Jahr 2014 täglich mehr als eine Million Takedown-Anfragen.

Wow. Das klingt nach Stress für alle, die Inhalte ins Netz stellen.

Naja, eigentlich ist der Takedown erstmal sogar selbst für die Beschuldigten gut: Sie haften bei so einer Nachricht nämlich nur beschränkt oder gar nicht - müssen aber auch schleunigst reagieren, sobald sie ins Haus flattert und klar machen, dass sie nichts von einer Rechtsverletzung wussten. In den USA sind die Takedown-Regeln im Digital Millenium Copyright Act und in Europa in der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr festgelegt.

Aber wer entscheidet, wann ein Takedown wirklich notwendig ist?

In vielen Ländern sind die Vorschriften vage - also auch Auslegungssache. So eine Takedown-Notiz ist eine formlose Sache - theoretisch kriegt jeder sowas hin. Die Privatperson muss nur das umstrittene Werk, eine Begründung und eine Kontaktadresse nennen. Kritikern gehen die Takedowns deshalb oft zu weit. In den USA gibt es nämlich noch den fair use, also die Möglichkeit, das man zwar "klaut", aber aus dem Alten etwas ganz Neues erschafft - Stichwort Mashups. Und auch in Deutschland darf man fremde Werke unter bestimmten Umständen nutzen.

Es gibt also auch eine Menge umstrittene oder unsinnige Takedown-Anfragen?

Klar. Beispiel Youtube. Seit 2007 nutzen die und andere Portale spezielle Software, um die Netz-Inhalte auf Urheberrechtsverletzungen zu scannen - das Programm ist aber nicht ganz treffsicher. 2012 verwechselte die Youtube-Software zum Beispiel einen Popsong mit simplem Vogelgezwitscher. Die US-NGO Electronic Frontier Foundation (EFF) sammelt seit 2001 auf der Webseite "Chilling Effects" Takedown-Fälle. "Chilling Effects" heisst auf deutsch so viel wie "Abschreckung" und der Vorwurf lautet: Vorschnelle Takedowns können die Kreativität im Netz blockieren. Hier ist ein Guide der EFF zu den Youtube-Takedowns. Und das Blog Readwriteweb hat eine ganz hübsche Liste von danebengegangenen Takedowns - sogar Buffy traf es mal.

Wie kann man sich denn als Host wehren, wenn man glaubt, dass ein Takedown zu Unrecht geschickt wurde?

Wenn jemand Opfer eines absichtlich gefälschten Takedowns wurde, dann werden dem, nach den Regeln des Digital Millenium Copyright Act die Kosten erstattet. Das ist gut gemeint. Kleines Problem in der Praxis: Wie weist man böse Absichten nach? Falls man sich sicher ist, dass man einen bestimmten Inhalt posten durfte - zum Beispiel als Satire oder als Zitat - dann kann man Einspruch erheben. Das geht genauso formlos wie der ursprüngliche Takedown. Im Zweifel landet die Sache dann aber doch wieder bei Anwälten. Und da sitzen große Rechteinhaber oft wieder am längeren Hebel.  Aber keine Panik: Komplett lächerliche Takedown-Anfragen schaffen es natürlich nicht. Das Video von dem Vogelgezwitscher, das angeblich ein Popsong sein sollte, ist immer noch online:


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