European Shooting Star Awards auf der Berlinale 3 Gründe, warum Franz Rogowski die neue deutsche Schauspielhoffnung ist
Am Montag wurden auf der Berlinale die European Shooting Stars gekürt. Der deutsche Preisträger ist Franz Rogowski. Seit er in "Victoria" mitgespielt hat, geht's ab bei ihm. Unsere Autorin ist überzeugt, dass das so bleiben wird.
1. Franz Rogowski ist der geborene Rebell
Ja, schon klar: der geborene Rebell. Geht's noch abgedroschener? Nö. Ist halt einfach so. Wer aus einer großbürgerlichen Familie stammt - der Vater Kinderarzt, der Großvater Präsident des Bundesverbands der deutschen Industrie - der wird normalerweise selbst was Großes. Franz Rogowski hat erstmal die Schule geschmissen: mit 16, freiwillig, aber kurz vorm offiziellen Rausschmiss. Stundenlang stillsitzen, auswendig lernen und reproduzieren, das war einfach nicht seins.
Also ging's an eine Schule für Theaterpädagogik, eine anthroposophische obendrein. So eine Art Waldorfschule nach Rudolf Steiner mit Theater. Stillsitzen musste er da definitiv nicht. Trotzdem war dort - auf Empfehlung der Schulleitung - nach einem Jahr Schluss. Ebenso wie an der Schule für Bewegungstheater, die er anschließend besucht hat.
Insofern: Klassische Ausbildung - lass mal stecken. Aber wer nie aus der Reihe fällt, der wird halt auch immer da bleiben. In der Reihe. Ganz hinten.
2. Er ist nicht konventionell - und so sieht er auch nicht aus
Franz Rogowski ist also mehr so der Unangepasste. Im echten Leben wie auch im Film. Außenseiterrollen sind sein Ding - was natürlich auch ein bisschen an seinem Sprachfehler liegt. Denn das Lispeln gehört zu ihm wie sein Hang zur Ironie – abtrainieren ist keine Option:
"Ja, ich hab's ein bisschen versucht und hab dann aber gemerkt: Der Sprachfehler ist so schön und öffnet mir so viele Türen, den darf ich jetzt nicht ganz kaputt machen."
(Franz Rogowski im Gespräch mit Stefan Parrisius bei „Eins zu Eins. Der Talk“)
Rogowski kam mit einer Gaumenspalte auf die Welt, in der linken Oberlippe hat er davon eine Narbe behalten. Und mit der verhält es sich wie mit allen Narben: Sieht gleich alles so verwegen aus. Perfekt, weil langweilige Schönheiten gibt’s eh zu viele auf der Leinwand. Kanten hingegen sind zum Anecken da. Und weil das oft wehtut, bleiben sie im Gedächtnis.
3. Der Mann weiß, was er will
Franz Rogowski spielt nicht nur den Unangepassten, er spielt besonders gern für die Unangepassten. Bereits vier Mal hat er mit dem aus München stammenden Regisseur Jakob Lass gedreht. Der wurde 2017 für seinen Film "Tiger Girl" gefeiert und arbeitet eher unkonventionell. Statt auf vorgegebene Dialoge müssen sich die Schauspieler ganz auf sich und ihre Improvisationskunst verlassen. Genau das Richtige für Rogowski.
Seine natürliche Art, die Hammerpräsenz und das tiefe Grundvertrauen in sich selbst haben dazu geführt, dass Rogowski mittlerweile für international gefeierte Regisseure wie Michael Haneke und Terrence Malick vor der Kamera stand. Und wenn man weiß, wie wenig Rogowski auf eingefahrene Strukturen gibt – dann weiß man auch: Da werden noch so einige High-Class-Regisseure bei ihm anklopfen.
"Oft, wenn ich Schauspieler sehe, die das seit 30, 40 Jahren machen… Da fehlt mir was. Also, so möchte ich nicht werden, dass ich auf 'ne Art infantil bleibe."
(Rogowski bei Eins zu Eins. Der Talk)
Fazit: Rogowski wird den Weg seiner Familie fortsetzen. Er wird was Großes - nur eben auf kreativer Ebene.
Diese Filme mit Franz Rogowski gibt’s aktuell im Stream
"Love Steaks" von Jakob Lass (2013) bei Netflix und Maxdome
"Uns geht es gut" von Henri Steinmetz (2016) bei Amazon Prime
Sendung: Filter vom 20.02.2018 - ab 15 Uhr