Games // Black the Fall Wieso uns allen Antennen aus dem Rücken ragen
Dieses Spiel aus Rumänien hat ordentlich Preise abgeräumt und ist alles andere als Light-Entertainment. Es kritisiert das Leben im kommunistischen Regime Rumäniens: totale Kontrolle, Überwachung – und oft erschreckend aktuell.
Es sind die ersten Nachrichtenbilder, die sich mir in meinem Leben in den Kopf gebrannt haben: Schießereien, wütende Massen, jubelnde Menschenmengen, Leichen, Massengräber. Es ist Weihnachten 1989. In Rumänien ist Revolution. Ich war damals noch ein ganz kleines Kind, die Bilder haben mich wohl verstört. Ich konnte sie nicht einordnen. Jetzt, 2017, spiele ich mit "Black the Fall" ein Game, das den Kommunismus in Rumänien thematisiert. Und das Thema beschäftigt mich wieder.
Gruselige Parallelen zur echten Geschichte
Eine finstere Fabrik. Graue Menschen fahren einen Aufzug hinunter, alle sehen gleich aus. Jedem einzelnen ragt eine Antenne aus dem Rücken. Diese Menschen haben keinen eigenen Willen. Am Ziel angekommen, setzen sie sich wie ferngesteuert auf Fahrräder und strampeln los. Bei einem aber ist plötzlich die Antenne kaputt. Er ergreift die Chance und flieht. So beginnt "Black the Fall". Es ist eine Metapher auf das reale Leben im kommunistischen Rumänien. Im Game ist alles kaputt. Dieses Rumänien ist eine dampfige, rußige, schlammige und schmutzige Welt in grau-braun. Hier ist so gut wie nirgends Farbe. Wenn, dann Rot, immer wieder dieses kommunistische Rot. Science-Fiction-Elemente kommen dazu: Laserbarrieren, haushohe Kampfroboter, intelligente Geschütztürme.
Dazu kommen ständig Anspielungen auf die reale kommunistische Welt von damals. Ich komme in einen Raum - ein Fernsehstudio. Eine blühende, tiefgrüne Landschaft ist dort am Set aufgebaut. Das ist eine "Fake News"-Produktion, wie sie tatsächlich massenhaft vorkam und da fühlt sich "Black the Fall" plötzlich auch höchst aktuell an. Die Antenne aus dem Kopf des Protagonisten, die falschen Wahrheiten, die in Umlauf gebracht werden, die sich abstrampelnden Arbeiter. "Black the Fall" ist eben auch eine spitze Kritik an unserer Zeit. Eine beißende Polemik auf Informations-Wirrwarr, ferngesteuerte Handyzombies und neoliberale Selbstoptimierer.
Das Spiel stellt mich vor Rätsel
Aber "Black the Fall" ist auch einfach ein Spiel. Ich laufe von links nach rechts, muss ein bisschen springen, ein bisschen laufen, aber vor allem muss ich immer wieder kleinere bis größere Rätsel lösen. Ich muss automatische Geschütztürme, menschliche Wachen und gigantische Roboter austricksen. An einer Stelle ist es plötzlich komplett finster. Tödlich heißer Dampf steigt auf, man hört es gefährlich zischen. Ich verstehe nicht, wie ich hier durchkommen soll. Bis ich darüber nachdenke, ob das Schild mit den Kopfhörern am Anfang des Abschnitts vielleicht gar nicht für die Arbeiter in dieser Fabrik gedacht ist, sondern für mich. Bald habe ich einen kleinen Roboterhund an meiner Seite, dem ich Befehle gebe. Dann werden die Kopfnüsse noch komplexer. Und es sind oft richtig harte Kopfnüsse dabei. Das Game gibt einem kaum Hinweise, was ich toll finde - und auch zu manch langer Trial&Error-Phase führt. Das ist aber typisch für diese Art Game.
"Black the Fall" ist als Game gut. Aber was es in einem auslöst, das macht es zu einem sehr guten Game. Wann setzt man sich schon nach einem Spiel hin und recherchiert reale Geschichte. Wann denkt man nach dem Zocken über die aktuelle politische Lage nach, über Kontrolle, Überwachung oder totale Vernetzung. Das finde ich wirklich super! Für den etwas tiefer gehenden Zock: "Black the Fall"!
Black the Fall (Square Enix // für PC, PS4, Xbox One)
Sendung: Hochfahren, 24.07.2017 ab 7 Uhr