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Info Die beiden Australierinnen Alice Ivy und Sycco haben sich Corona-bedingt über die Ferne zwischen Melbourne und Brisbane zusammengetan und "Weakness" separat aufgenommen. Klingt aber wie aus einem Guss.

Graphic Novel "Girlsplaining" Was hat Voldemort mit meiner Vagina zu tun?

Viel, sagt Katja Klengel, Autorin der neuen Graphic Novel "Girlsplaining". Vor dem Wort für "untenrum" hätten viele von uns nämlich genauso viel Angst wie die Zauberer in Harry Potter vor "Du weißt schon wem". Ihr Buch soll das ändern.

Von: Katharina Boecker

Stand: 17.09.2018 | Archiv

Katja Klengel | Bild: Katja Klengel

Katja Klengel ist Comic-Zeichnerin und spricht beziehungsweise zeichnet über die Tabus, mit denen sich Frauen so rumschlagen müssen. Über ein Jahr lang hat sie das in einer Kolumne für das Online-Magazin "Broadly" getan – humorvoll und schonungslos offen. Mit "Girlsplaining" gibt es die Comics aus ihrer Kolumne nun als Buch. Und in dem geht es um Fragen wie: "Warum fällt es uns so schwer, Vagina zu sagen?", "Warum ist Menstruation im Fernsehen immer noch blau?" und "Warum müssen Frauen sich ständig überall rasieren?".

PULS: Warum hast du den Titel "Girlsplaining" für dein Buch gewählt?

Katja Klengel: Es war auch der Name meiner Kolumne. Als ich die Anfrage bekommen habe, sie zu machen, habe ich natürlich nach einem passenden Titel gesucht. Zu der Zeit habe ich das Buch "Wenn Männer mir die Welt erklären" von Rebecca Solnit gelesen. Damals ist mir dieser Begriff "Mansplaining" aufgefallen. Der bedeutet, dass Männer permanent Frauen oder Mädchen die Welt erklären wollen. Ich habe es als Art Selbstermächtigungs-Prinzip gesehen, zu sagen: Jetzt ist mal Sendepause. Jetzt drehe ich das Ganze mal um und nenne es "Girlsplaining" – eine Frau erklärt.

Und was ist die zentrale Message in Girlsplaining?

Ich weiß nicht, ob es eine zentrale Message gibt, weil es viele verschiedene Geschichten sind. Wir müssen uns einfach trauen, viele Themen viel offener zu behandeln. Wir dürfen die Tabus nicht vermeiden und uns der Scham und der Angst hingeben. Wir müssen miteinander über die Dinge sprechen, die uns betreffen und beschäftigen.

Woher kommen denn die Ideen für deine Geschichten? Sind das Situationen, die du selbst so erlebt hast?

Ja, meistens sind die Geschichten schon aus einem persönlichen Leidensdruck heraus entstanden. Ich erzähle oft einfach autobiografisch. Oder ich gehe spazieren und denke zum Beispiel: Wieso schaffen wir es eigentlich nicht, endlich mal eine Bezeichnung für unsere weiblichen Genitalien zu finden? Wir drucksen immer so herum, wenn wir das Wort Vulva und Vagina sagen. Das sind einfach Themen, die mich selbst auch beschäftigen. Sie entstehen aus mir heraus oder sind durch Gespräche mit Freunden inspiriert.

An wen wolltest du dich mit dem Buch richten?

Also ich würde sagen: Girlsplaining ist für alle. Angefangen von Frauen in meinem Alter um die 30, die sich mit den Themen auseinandersetzen und sich mit den Geschichten identifizieren können. Gleichzeitig ist es aber auch für junge Menschen geeignet, weil ich oft in die Vergangenheit zurückwandere und schaue: Was hat mein 15-jähriges Ich damals gemacht? Und es ist genauso für Männer, die im Fitnessstudio stehen und sich fragen: Warum habe ich keine Muskeln und bin nicht männlich genug, weil zum Beispiel das Thema Körperideale und der Druck, der da aufgebaut wird, natürlich nicht nur Frauen betrifft. Und ja, vielleicht ist es auch für die Großmutter, die es bis heute nicht schafft, das Wort Vulva auszusprechen.

Echt, Männer lesen deine Comics auch? Das würde man bei den Themen jetzt erstmal nicht unbedingt denken.

Ja, das weiß ich durch die Kommentare bei Twitter. Zu der Zeit, als die Kolumne noch online erschienen ist, haben Männer sie durchaus gelesen. Zwar kamen manchmal komische Kommentare wie "für eine Feministin bist du ganz schön lustig", aber es zeigt mir, dass auch Männer was mit meinen Comics anfangen können. Das liegt vielleicht auch an den nerdigen Einflüssen wie Star Trek oder Harry Potter. Da fühlen sich viele angesprochen, weil das so allgemeingültige Themen sind.

Zum Harry-Potter-Bezug: Du vergleichst zum Beispiel die Vulva mit Voldemort. Ziemlich seltsamer Vergleich.

Ich fand es als Kind total spannend, dass man das Wort Voldemort nicht sagen durfte und dass das was Unaussprechliches war. Ich hatte immer das Gefühl, dass das auch für die weiblichen Geschlechtsteile gilt. Dass man immer Vermeidungs-Begriffe wie zum Beispiel "untenrum" findet. Ich dachte so: Hey, Moment mal, die Vagina ist ja quasi wie der Voldemort.

Dein Buch ist überwiegend in Rosatönen gehalten. Das entspricht ja schon eher so dem Mädchenklischee.

Also als erstes gefällt mir die Farbe. Und außerdem finde ich, dass man sich diese Farbe auch durchaus mal wieder zurückerobern sollte.

Deine Comics sind ja sehr lustig, aber viele der Themen eigentlich nicht. Schließlich geht’s um sowas wie mangelnde Gleichberechtigung, sexuelle Tabus und gefährliche Körperbilder. Sollte man das nicht etwas ernster nehmen?

Ich glaube, dass Humor oft eine Möglichkeit ist, sich bestimmten Themen zu nähern. Gleichzeitig versuche ich auch immer darauf zu achten, dass die Geschichte dann nicht ins Lächerliche kippt. Also, dass ich mich nicht über mein eigenes Leben oder über das Leben von Frauen im Allgemeinen lustig mache. Ich finde, das hält sich eigentlich immer die Waage. Es gibt etwas Lustiges, was dann emotional oder sensibel beantwortet und gelöst wird. Humor ist für mich einfach ein Weg, offen zu kommunizieren.

Das Buch "Girlsplaining" ist am 12. September 2018 im Reprodukt Verlag erschienen.

Sendung: Filter vom 17.09.2018 ab 15 Uhr