TV & Serie // Jordskott Wer wegzappt, ist selbst schuld
Schöne schwedische Landschaften, getriebene Kriminalermittler mit Abgründen und ein unverwechselbarer, cooler Look. Gähn. Das haben wir doch schon x-mal gesehen - oder vielleicht doch nicht?
Sonntagabend - direkt nach dem Tatort - einen Kanal weiterschalten und schon weiß man ganz genau, was Sache ist: Das Bild ist kühl und finster, in ein elegantes blau-grünliches Farbspektrum getaucht. Eindeutig: Da läuft ein klassischer Noir-Krimi made in Skandinavien. Auch "Jordskott" sieht erstmal nicht anders aus - und auch die Story klingt ziemlich abgedroschen: Die traumatisierte Polizistin Eva Thörnblad (Moa Gammel) kehrt zur Beerdigung ihres Vaters zurück in ihren sehr idyllischen und abgelegenen Heimatort Silverhöjd. Dort verschwand vor sieben Jahren ihre kleine Tochter Josefin auf ungeklärte Weise. Und auch jetzt wird wieder ein Kind vermisst...
Wer jetzt umschaltet, ist selbst schuld – denn genau hier wird "Jordskott" spannend und unberechenbar. Eva Thörnblad findet statt des vermissten Jungens nämlich ein verwahrlostes Mädchen im Wald. Und das sieht ihrer Tochter verblüffend ähnlich.
"Jordskott" ist mehr als ein typischer Nordic Noir Krimi
"Jordskott" unterscheidet sich gewaltig von Nordic-Noir-Serien wie "Die Brücke", "The Killing", Kurt Wallander oder Arne Dahl. Und zwar durch einen ganz entscheidenden Hauptdarsteller: den Wald.
Der Wald gilt in der nordischen Mythologie als Brücke zwischen der Götter- und der Menschenwelt. Bäume und ihre Geister wurden jahrhundertelang verehrt und geschützt. Heute muss der Wald den Menschen weichen. Eva Thörnblads Vater, Besitzer eines Sägewerkes, hat über Jahrzehnte rücksichtslos in die Natur eingegriffen und den Wald profitgeil abgeholzt: Baum für Baum für Baum.
"Ihr Vater hatte sich den gesamten Wald zum Feind gemacht. Er war unberührt, bis ihr Vater an die Macht gekommen ist. Und dass dazu noch ein Kind verschwunden ist, das ist ein böses Zeichen. Es gibt Kräfte in der Natur, die gefährlich werden können, wenn man sie missachtet. Sie können glauben, was sie wollen. Nur: Wenn sie hier bleiben, werden sie in großer Gefahr sein."
Olof Gran, Ex-Kommissar in Silverhöjd
Eva hält das zunächst für spinnertes Gelaber von einem durchgedrehten Ex-Polizisten. Aber dann wird bei ihr eine mysteriöse Infektion festgestellt. An der leidet auch das Mädchen - und an der ist auch ihr Vater gestorben. Die Natur nimmt Rache: Mensch für Mensch für Mensch. Und keiner sieht es kommen, außer die eh schon psychisch labile und trauernde Kommissarin Eva Thörnblad - und jener Ex-Polizist, der sich inzwischen auf nordische Mythologie spezialisiert hat.
Nordische Mythologie als Mystery Thriller
"Jordskott" erzählt Mythologie mal nicht mit Schwertern, Elfen und Zauberern in einer längst vergessenen Zeit, sondern als sehr zeitgemäßen Noir-Mystery-Thriller. Anders als etwa "Twin Peaks" driftet die Serie aber niemals ins Absurde ab und läuft dabei Gefahr, sich zu verlieren. Die übernatürlichen und mythologischen Elemente werden ganz behutsam in die Story eingeführt. Wie die Zuschauer stehen auch die Charaktere in der Serie dem ganzen Geschehen ungläubig gegenüber. Nur Eva Thörnblad, die unbeirrt und am Rande des Nervenzusammenbruchs nach ihrer Tochter sucht - sie lässt sich ganz instinktiv auf den Wald und seine Geheimnisse ein. Und das ist nicht nur verdammt gruselig - das macht auch total süchtig.
Jordskott gibt's ab dem 12. Mai in Dreierblöcken auf arte