Serie // "Eden" Europa ist (k)ein Paradies

Die deutsch-französische Serie "Eden" erzählt einfühlsam von Europas Umgang mit Flüchtlingen - zwischen "Wir schaffen das" und Wirtschaftsinteressen. Das ist sehenswert, auch wenn die Serie ihrem Anspruch nicht immer gerecht wird.

Von: Vanessa Schneider

Stand: 29.04.2019 | Archiv

Als Amare (Joshua Edoze, vorne Mi.) und die anderen Flüchtlinge endlich aus dem Transporter ausbrechen, sind sie durstig und erschöpft. | Bild: © SWR/Pierre Meursaut

Diese Serie gehört auf eure Watchlist, wenn... euch die Fluchtgeschichte in "Tom Clancy’s Jack Ryan" mehr gefesselt hat, als die Action, ihr den europäischen Spirit von "Bad Banks" mochtet und ihr euch gern Gedanken über die Welt macht, wie mit der komplexen Politserie "Black Earth Rising".

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Seichte Wellen streicheln den feinen, weißen Sand am Strand der griechischen Ferieninsel Chios, als plötzlich ein vollbeladenes Schlauchboot am Horizont auftaucht. Dutzende Frauen, Männer und Kinder springen panisch ins Wasser und hasten an Land. Es sind Geflüchtete, die von Afrika über das Mittelmeer nach Griechenland kommen.

Die Urlauber am Strand sind irritiert, manche filmen die Szene erstaunt mit ihrem Smartphone. Darunter auch die Familie Hennings aus Mannheim. Ihre Geschichte ist eine von fünf, die "Eden" in sechs Folgen parallel erzählt und die alle einen gemeinsamen Startpunkt haben: Die Ankunft der Geflüchteten auf Chios. Die Geschichten spielen in einem Flüchtlingscamp in Griechenland, bei einer geflüchteten syrischen Arztfamilie in Frankreich, bei den Hennings in Deutschland, bei der EU in Brüssel und an der Seite von Daniel und Amare, zwei jungen Nigerianern auf der Reise mit Schleppern quer durch Europa. Zunächst landen Amare und Daniel aber in einem griechischen Flüchtlingscamp.

Viele Grautöne statt Schwarzmalerei

Das Lager wird von einer Französin geleitet, die hofft, mit privatisierten Camps nicht nur Menschen helfen zu können, sondern auch wirtschaftlich für Investoren interessant zu sein. "Eden" verflechtet in allen Geschichten moralische, politische und menschliche Fragen, ohne es sich mit einfachen Antworten bequem zu machen, zu skandalisieren oder zu beschönigen. Zum Beispiel als Familie Hennings in Mannheim den jungen Flüchtling Bassam zu sich holt und der gleichaltrige Sohn Florian in ein Kopftuch gehüllt beim Abendessen die Grenzen seiner Vorzeigeeltern austestet.

Bei der Besetzung und Recherche haben sich die Autoren Constantin Lieb, Dominik Moll und Pierre Linhart um Authentizität bemüht: Die Schauspieler, die Geflüchtete verkörpern, haben selbst auch Fluchterfahrung. Dazu haben die Macher in einem Flüchtlingscamp recherchiert und gedreht. "Eden" versucht viele Perspektiven aufzugreifen, aber islamistische Terroristen sucht man in der Serie vergeblich. Glücklicherweise. Leider ist aber auch von Fremdenhass und Populismus nicht viel zu spüren.

Die Serie macht abstrakte Nachrichten nahbar

Gerade am Anfang wirkt "Eden" durch die episodische Erzählweise und die vielen Zeit- und Ortswechsel manchmal zäh, trotzdem fügt die Serie der Auseinandersetzung mit den Themen "Flucht und Migration" etwas hinzu, was all die Dokus, Nachrichten und Zeitungsartikel oft nicht leisten. Sie verknüpft sehr einfühlsam und unaufgeregt die verschiedenen Schicksale betroffener Menschen miteinander und haucht so abstrakten Schlagzeilen Leben ein.

In der Arte Mediathek ist die Serie mit all den verschiedenen Sprachen in Originalton mit deutschen Untertiteln verfügbar. Genau so sollte man "Eden" auch unbedingt ansehen.

Mehr zur Serie "Eden" im PULS Serienpodcast:

Bingen oder sein lassen? Vanessa Schneider checkt für euch neue Serien aus und sagt, was Sache ist. Und sie diskutiert zusammen mit wechselnden Gästen über die Hypes und Geschichten hinter den spannendsten neuen Serien.

Sendung: Hochfahren vom 24.04.2019 – ab 7 Uhr.