Serie // "The Politician" "House Of Cards" an der High School

"Glee", "Scream Queens" oder "American Horror Story" - wer die Serien von Ryan Murphy und Brad Falchuk liebt, wird auch die ersten Folgen von "The Politician" mögen. Alle anderen steigen besser mit der nächsten Staffel ein.

Von: Vanessa Schneider

Stand: 01.10.2019 | Archiv

Payton Hobart (Ben Platt) hält vor der US-Flagge eine Rede in der Netflix-Serie "The Politician" | Bild: Netflix

Diese Serie gehört auf eure Watchlist, wenn... ihr die farbenfrohe Optik und die seltsamen Charaktere aus Wes Anderson-Filmen wie "Moonrise Kingdom" oder "Rushmore" mögt, alle Songs aus "Glee" mitsingen könnt und den bösartigen Humor der Teen-Slasher-Serie "Scream Queens" teilt.
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Es gibt Serienintros, die würde ich niemals überspringen. Das von "The Politian" gehört definitiv dazu. Am Anfang steht ein Holzsetzkasten mit lauter Andenken, Büchern und Sammelstücken. Zu Sufjan Stevens Hit "Chicago" fährt die Kamera langsam weiter und wir sehen, dass dieser Setzkasten nur das spärliche Innenleben einer lebensgroßen Holzfigur ist. Die Figur wird lackiert, mit einem schicken Anzug bekleidet und schon steht er vor uns, täuschend echt wie ein Mensch: Payton Hobart, der Politiker. Alles, was wir über die Hauptfigur der neuen, stylishen Hochglanz-Serie von den hyperaktiven Seriengenies Ryan Murphy, Brad Falchuk und Ian Brennan wissen müssen, erfahren wir schon bevor die Serie überhaupt startet: Die Familienkonstellation: Payton hat zwei Zwillingsbrüder. Seine Hobbys: Payton liest Politiker-Biografien. Seine Ambitionen: Er will US-Präsident werden. Sein Innerstes, das zeigt das Intro auch, ist ansonsten einfach gähnend leer. Payton (gespielt von Ben Platt) ist zwar erst 18, wirkt aber wie ein alter Berufspolitiker - ehrgeizig, ohne Persönlichkeit und scheinbar auch ohne Gefühle.

Das bescheidene Ziel: US-Präsident

Ein zärtlicher Moment zwischen River (David Corenswet) und Payton (Ben Platt).

Dabei schluckt Payton seine Emotionen einfach nur runter. Sein stinkreicher Adoptivvater behandelt ihn neben den leiblichen Zwillingssöhnen wie ein Kind zweiter Klasse, seine Mutter (selbstironisch: Gwyneth Paltrow) hat eine Affäre mit der Reitlehrerin (Tennisspielerin Martina Navratilova) und seine Freunde unterstützen ihn nur, weil sie später gern zum Machtkreis des potenziellen zukünftigen Präsidenten gehören wollen. Der erste Schritt ins Weiße Haus ist für Payton jedenfalls das Amt des Schülersprechers, das ihm auch den Weg an die Eliteuni in Harvard ebnen soll. Aber schon dieses Ziel ist nicht ganz so leicht erreichbar, wie er und sein Wahlkampfteam es sich ausgemalt haben. Und das liegt auch an seinem Konkurrenten River (David Corenswet), dem populärsten Typen der Schule. Der ist ein Ebenbild von Superman mit dunklem, dichten Haar und strahlend blauen Augen, Star-Lacrosse-Spieler mit schöner Freundin, noch dazu intelligent und einfühlsam. Das absolute Gegenteil also vom kalkulierten, undurchsichtigen und unnahbaren Payton und - was niemand weiß - sein engster Freund.

Allein diese Konstellation führt natürlich schon in der ersten Folge zu Drama. Und davon gibt es in "The Politician" wirklich genug: Um seine Chancen bei den Normalo-Schüler*innen zu verbessern, sucht sich Payton eine Vizekandidatin. Und das ist ausgerechnet die von allen möglichen Krankheiten geplagte Infinity Jackson (Zoey Deutch), die bei ihrer Großmutter (Jessica Lange) in eher bescheidenen Verhältnissen lebt. Auch sie hat ein unerwartetes Geheimnis...

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The Politician | Offizieller Trailer | Netflix | Bild: Netflix Deutschland, Österreich und Schweiz (via YouTube)

The Politician | Offizieller Trailer | Netflix

Nicht halbes und nichts ganzes

"The Politician" klingt nach "House Of Cards" an einer High School. Ist es aber nicht. Die Serie ist nämlich alles mögliche gleichzeitig und will sich auf nichts festlegen: Polit-Soap, Melodrama, Satire, Musical, Komödie? Ich weiß es nicht. "The Politician" hat so viele bizarre Nebenhandlungen und Anspielungen, eine an Wes Anderson erinnernde knallbunte Ästhetik, viele böse Seitenhiebe und großartige Schauspieler*innen - aber so richtig zündet sie lange nicht. Diese kreative Offenheit macht einerseits den Reiz von "The Politican" aus. Andererseits nervt sie gewaltig, weil man sich auf keine Nebenhandlung richtig einlassen kann und die Charaktere auch nicht gut kennenlernt. Dass Style für die Serienschöpfer Ryan Murphy und Brad Falchuk wichtiger ist als Tiefe, ist für Fans ihrer Serien (u.a.: "Scream Queens", "American Horror Story", "Glee") zwar nichts neues, aber immer wieder ärgerlich.

Trotz allem hab ich "The Politician" gerne und komplett durchgeguckt. Zum Glück! Denn die letzte Folge zeigt dann doch noch, wie gut die Serie mit ein bisschen mehr Fokus sein könnte. Nur schade, dass ich jetzt ewig auf die zweite Staffel warten muss.

“The Politician” könnt ihr komplett bei Netflix streamen.

Wie richtig gute Serien-Intros entstehen, hört ihr im PULS Serienpodcast:

Intros sind das allererste, was wir von einer Serie sehen - und eine hohe Kunst. Lutz Lemke hat die Intros zu "DARK", "Beat" und "Der Pass" gemacht. Dieser Mann kennt sich aus. Und deswegen ist er Gast in einer Skip Intro Folge, in der sich alles um Serien-Intros dreht. Abonniert "Skip Intro" hier!

Sendung: Hochfahren vom 02.10.2019 – ab 7 Uhr.