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Freeriden vs. Urban Contest Und wie sieht's mit der Nachhaltigkeit aus?

Eine ganze Altstadt wird zum Bikepark umgebaut. Kurz danach ist alles wieder weg: Beim District Ride in Nürnberg sind für zwei Tage zig Obstacles für viel Geld hingestellt worden. Aber was bringen Urban Rides wirklich?

Von: Claudia Gerauer

Stand: 08.09.2014 | Archiv

Event der "FEST Series" | Bild: Nicola Pescetto

Riesige Pipes, fette Dirt-Kicker und eine 15 Meter hohe Big Air Rampe: Für den Red Bull District Ride haben die Veranstalter Großes geleistet. In wenigen Tagen haben sie die Nürnberger Altstadt in einen Slopestyle-Parcours für Mountainbiker verwandelt. Dafür, dass an zwei Tagen gerade mal 24 Fahrer die Anlage nutzten, ist das ein gigantischer Aufwand.

Urbane Kulisse beim Nürnberger District Ride

Der Eintritt am vergangenen Wochenende war frei und über 60.000 Leute besuchten das Event. Eine irre Zuschauerzahl für eine Randsportart wie Freeride Mountainbiken, zu der bei Contests in den Bergen ein paar hundert Leute pilgern.

Aber genau diese Mega-Events wie der Red Bull District Ride sind es, die den Sport populärer machen, sagt Veranstalter Tarek Rasouli. Immerhin würden sie den Sport zu den Zuschauern bringen anstatt anders herum: "Die Kids können es sich nicht leisten oder haben kein Auto, um in die Berge zu kommen. Sie können nicht mal eben ein Slopestyle-Event in Österreich, Kanada oder sonst wo anschauen."

Daheim selber fahren und klein anfangen

Mountainbike-Profi und Nachwuchsförderer Robert "Rob-J" Heran sieht die Entwicklung immer größerer Mountainbike-Contests in Städten kritisch. Für Urban Rides wird seiner Meinung nach viel Geld in die Hand genommen, wovon für die Leute vor Ort wenig übrig bleibt. "Der Zugang der Jugendlichen zu diesem extremen Sport kann nur stattfinden, wenn vor Ort für die Jugendlichen auf kleinerem Niveau etwas da ist, wo sie sich herantasten können."

Rob-J kümmert sich deshalb seit einigen Jahren um die Nachwuchsförderung im Mountainbiken. Er will, dass Nachwuchssportler eine echte Chance bekommen, ihren Sport professioneller zu betreiben. Schließlich fängt niemand mit Drops aus acht Meter Höhe oder Jumps über 15 Meter an, wie sie beim letzten District Ride in Nürnberg gezeigt wurden.


Allerdings: Nur durch große Events mit viel Publikum "wächst der Sport und die Chancen steigen, dass mehr Vereine entstehen und es irgendwann vielleicht auch in der Schule Dirt-Jumps gibt", kontert der Münchner Tarek Rasouli.

Moutainbiken und Berge gehören zusammen

Weil ihn die Fahrerei auf künstlichen Anlagen nervte, gründete Nick Pescetto zusammen mit ein paar anderen Fahrern eine eigene Freeride-Mountainbike-Eventreihe - die "FEST Series". Obwohl es die Serie erst seit einer Saison gibt, sind der mediale Output und die Aufmerksamkeit groß. Das Prinzip dahinter: Statt Rampen in Städte zu zimmern, finden die Events der "FEST Series" ausschließlich in den Bergen statt.

Ein Freeride-Event der "FEST Series"

"Man sollte den Sport auf eine natürlichere Art und Weise promoten und Mountainbiken in seiner natürlichen Umgebung zeigen: in den Bergen." Dadurch hätten die Leute einen ganz anderen Zugang zum Sport und die Hürde selbst damit anzufangen, sei deutlich geringer.

Auch der Gewinner des District Rides 2014, der 23-jährige Kanadier Brandon Semenuk, sieht die Contests in der Stadt eher kritisch: "Es ist unsinnig, dass so ein Kurs aufgebaut wird, wir alle einmal runterfahren und sobald jeder von uns fertig ist, wieder abgebaut wird. Es wäre interessant zu sehen, was entstehen könnte, wenn so viel Geld in ein nachhaltigeres Event in den Bergen investiert werden würde."

Sport versus Werbung?

Für die großen Sponsoren sind Contests in der Stadt, wie der District Ride in Nürnberg, eine perfekte Marketingveranstaltung. Die Obstacles sind fett mit "Red Bull"- oder "GoPro"-Logos gebrandet und die Fahrer springen über glänzend polierte Autos. Und im Gegensatz zum Parcours, der sofort nach dem Contest wieder abgebaut wurde, hält die Wirkung der Werbung länger an. Sie ist auch noch nach Wochen und Monaten in Actionshots oder Video-Edits sichtbar. Sport versus Werbung also?

Rider springen über gebrandete Obstacles und Autos beim District Ride 2014

Der italienische Freerider Nick meint, dass der Sport den Kürzeren zieht, der Punkt geht an die Sponsoren: "Solche Events haben Werbecharakter und die Zuschauer kommen, um sich eine große Show anzusehen. Überall sind nur Logos und Werbung, und die Fahrer liefern eine Show, die mehr Zirkus als Sport ist. Das ist kein guter Weg unseren Sport zu promoten."

Veranstalter Tarek Rasouli sieht trotzdem die sportliche Leistung der Rider im Vordergrund. Die Jungs würden schließlich alles geben und Tricks auf höchstem Niveau zeigen.

Für Nachwuchstrainer wie Rob-J aus München braucht es neben kurzfristiger Aufmerksamkeit fürs Mountainbiken nachhaltige Förderung. Gerade dafür könnten große Budgets wie das beim District Ride hervorragend eingesetzt werden. "Bikeparks wären die einfachste Lösung, um die Leute für Freeride Mountainbiking zu dauerhaft zu begeistern. Dort gibt es auch kleine Sprünge und verschiedene Schwierigkeitsgrade, so dass jeder was damit anfangen kann", sagt auch Nick. Ansonsten bleiben Urban Rides ein kurzweiliges Spektakel für die Zuschauer und eine effektive Werbeveranstaltung für Sponsoren. Für die Gewinner gibt's zwar ein fettes Preisgeld, für die Nachwuchsfahrer bleibt dagegen wenig mehr als das Staunen im Gesicht - und ein Autogramm von den Pros.


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