Interview // Syrer im Exil "Ich würde lieber weiterkämpfen"
Fern der Heimat: Shiro Ali hat sich an der Revolution beteiligt und musste Syrien deshalb verlassen. Jetzt sitzt der 21-Jährige in München im Asylbewerberheim und versucht die Proteste von Deutschland aus zu unterstützen.
Shiro Ali geht für die Menschenwürde auf die Straße. Bei einem Solidaritätsmarsch durch die Münchner Innenstadt, bewaffnet mit einer syrischen Flagge will der 21-Jährige seine Landsleute in Syrien auch fernab der Heimat unterstützen. on3-Reporterin Mira-Sophie Potten hat mit ihm über seine Heimat gesprochen.
Warum hast du Syrien verlassen?
Ich bin Einzelkind und weil ich von Anfang an bei den Aufständen dabei war, haben meine Eltern befürchtet, dass ich bald abgeholt werden würde. Deshalb haben sie Druck auf mich ausgeübt, dass ich ausreisen soll. Sie wollten mich nicht verlieren. Ich schäme mich dafür, dass ich gegangen bin. Am liebsten wäre ich noch unten und würde weiterkäpfen. Aber vielleicht kann ich der Revolution auch vom Ausland aus helfen.
War für dich von Anfang an klar, dass du bei der Revolution mitmachst?
Auf jeden Fall. Ich hatte schon früher Probleme mit dem Regime. Sie haben mich vom Gymnasium geworfen, weil meine Akte nicht sauber war. Ich bin Kurde und hatte mich oft über die Rechte der Kurden in Syrien geäußert und mich politisch engagiert. Deswegen wurde ich sogar verhaftet. Der Vorwurf war, dass ich eine politische Gruppierung gebildet hätte.
Was hast du in den ersten Wochen der Revolution in Syrien gemacht?
Begonnen hat alles an der Uni, dort haben wir angefangen zu demonstrieren. Das war der erste Schritt. Dann haben wir versucht andere Studenten zum Mitmachen zu motivieren. Auch mit Online-Kampagnen auf Facebook.
Wie hast du die Aufstände erlebt?
In der Stadt gibt es viele dieser bewaffneten Banden des Regimes, die Schabiha. Das sind zum Teil Drogenhändler, zum Teil ehemalige Gefangene, die Straffreiheit genießen. Unsere erste Demonstration wurde von denen brutal niedergeschlagen. Auch ich wurde geschlagen. Teilweise sind sie sogar mit Messern auf die Demonstranten losgegangen.
Was war für dich das bedeutenste Ereignis im letzten Jahr?
Ich werde nie vergessen, wie die Schabiha einen guten Freund von mir brutal geschlagen haben und ich tatenlos zuschauen musste. Wenn ich geholfen hätte, wäre ich auch weg. Es tut mir so leid, dass ich nicht helfen konnte. Daran leide ich noch heute.
Wie war es, als du nach Deutschland gekommen bist?
Am 10. oder 11. November bin ich her gekommen. Genau weiß ich es nicht mehr. Seit dem sitze ich in einem Heim als Asylbewerber. Das macht mir zu schaffen. Ich fühle mich wie ein Gefangener und kann nichts für die Leute unten tun. Deswegen habe ich in den letzten Monaten ziemlich gelitten.