Neu im Game, talentiert, unterschätzt Nehmt junge Politiker endlich ernst!
Juso-Chef Kevin Kühnert mischt gerade erfolgreich die GroKo-Debatte auf - und das mit 28 Jahren. Damit beweist er, dass junge Politiker etwas zu sagen haben. Und das ist höchste Zeit! Wir stellen euch junge Politiker vor.
Erst wurde Kevin Kühnert nicht ernst genommen, weil: angeblich zu jung. Jetzt hört dem Juso-Chef ganz Deutschland zu, wenn er die Ergebnisse der GroKo-Verhandlungen kommentiert. Der Chef der jungen SPD ist gegen eine große Koalition der Union mit der SPD. Und er ist 28 Jahre alt. Die CSU nannte seinen Protest gleich mal "Zwergenaufstand", die Junge Union versuchte sich in der Netz-Kampagne #SeikeinKevin über ihn lustig zu machen. Inzwischen dürfte jedem klar sein: An seiner Meinung könnte die künftige Bundesregierung hängen.
Doch nicht nur Kevin Kühnert hat was zu sagen. Auch in anderen Parteien gibt es Leute - die vergleichbar jung sind (der Altersdurchschnitt im Bundestag ist knapp 50 Jahre) und die frischen Wind in die Politik bringen – und die man nicht unterschätzen sollte.
Schwul, aber CSU – Patrick Slapal (30)
Was macht ein 30-jähriger Schwuler bei der CSU? – Dumme Frage, Politik natürlich. Dem Münchner ist bewusst: Leicht hat er es in seiner Partei nicht mit Genderthemen. Von 46 Bundestagsabgeordneten der CSU stimmten im Sommer 2017 nur sieben für die Ehe für Alle. Selbst bei der Jugendorganisation, der Jungen Union, ist eine knappe Mehrheit immer noch dagegen, dass Lesben und Schwule heiraten dürfen. Das findet Patrick Slapal zwar schade, glaubt aber an Veränderung. Man sollte nicht denken, dass sich bei den bayerischen Konservativen schnell etwas ändern könnte, aber Slapal ist dabei. Er gründete 2017 die bayerische LSU, den Lesben- und Schwulenverband in der CSU – und ist das beste Beispiel dafür, dass man den gesellschaftlichen Fortschritt auch in der Union nicht aufhalten kann. Zudem steht er für viele Queere, die zwar nicht heterosexuell leben, aber bei Themen wie Zuwanderung oder Wirtschaft konservativ denken. Für die Demokratie sind Leute wie Patrick Slapal definitiv ein Beweis für Vielfalt.
Harte Themen, steile Karriere – Katharina Schulze (Die Grünen, 32)
Nur wenige kriegen sogar vom politischen Gegner Props. Katharina Schulze ist so eine. Wenn die Grüne eine Rede im Bayerischen Landtag hält, ringt sie sogar dem CSU-Chef Horst Seehofer ein Lächeln ab. Sie ist schlagfertig, witzig und kompetent – vor allem in der Innen- und Sicherheitspolitik: Themen, die bisher nicht zur Stärke der Grünen zählten. Auch im Netz verkauft sich Katharina Schulze richtig gut und selbstironisch. Auf Facebook besucht sie zum Beispiel das Gymnasium im Münchner Vorort Gilching, an dem sie Abi gemacht hat - und wirkt dabei ziemlich authentisch. Längst wird sie ernst genommen – über alle Parteien hinweg. Und führt mittlerweile zusammen mit ihrem Parteifreund Ludwig Hartmann die Grünen im bayerischen Landtag an. Steiler kann eine Parteikarriere eigentlich gar nicht verlaufen.
Vor dem ganz großen Sprung - Johanna Uekermann (SPD, 30)
Mit dem Ernstnehmen hat Johanna Uekermann so ihre Erfahrung. Die Niederbayerin war die Vorgängerin von Kevin Kühnert – und als Juso-Vorsitzende ähnlich kritisch gegenüber den Parteichefs in Berlin. Anders als Sigmar Gabriel war sie gegen eine harte Griechenlandpolitik, gegen die Vorratsdatenspeicherung und gegen das Freihandelsabkommen CETA. Das sorgte oft für Klinsch mit den Parteibossen in der Bundesregierung, kam aber bei vielen Mitgliedern im Linksflügel der SPD gut an. Obwohl sie inzwischen sehr beliebt ist in der Partei, schaffte Johanna Uekermann den Sprung in den Bundestag nicht. Der Grund dafür: Die älteren Platzhirsche aus ihrer Region bekamen die besseren Listenplätze. Politisch "entschädigt" wurde Johanna trotzdem. In der Bayern-SPD ist sie inzwischen stellvertretende Landesvorsitzende – und damit sehr weit oben.
Öko und liberal - Lukas Köhler (FDP, 31)
Viele haben der FDP vorgeworfen, sie setze im Bundestagswahlkampf 2017 vor allem auf das gute Aussehen des Spitzenkandidaten – und wenig auf Inhalte. Für Lukas Köhler trifft das auf jeden Fall nicht zu. Denn er ist der einzige studierte Philosoph in seiner Bundestagsfraktion, mit der er frisch eingezogen ist. Mit seinem Schwerpunkt für Umwelt- und Klimathemen dürfte er in der wirtschaftsfreundlichen FDP eher ein Exot sein – auch wenn er selbst keinen Widerspruch zwischen Wirtschaftsinteressen und Umweltverantwortung sieht. Aber gerade mit Nischenthemen sind junge Politiker besonders gefragt, denn beispielsweise in Umweltdingen wollen nicht nur die Grünen mitreden – und brauchen Leute, die sich damit auskennen. Mit seinem jugendlichen Aussehen wurde er in seinen ersten Monaten im Bundestag schon mal für einen Mitarbeiter eines Abgeordneten gehalten. Doch das lächelt Lukas Köhler weg. In der eigenen Partei nehme man ihn ernst. Was auch daran liegen könnte, dass das gesamte FDP-Team im Bundestag relativ jung ist.
Links und intellektuell - Daphne Weber (Die Linke, 22)
Sie ist erst 22 – und doch gilt sie in der Linken schon als politisches Nachwuchstalent. Schon jetzt sitzt sie im Bundesvorstand der Jugendorganisation Sozialistischer Demokratischer Studentenbund SDS. Daphne Weber stammt aus Ulm – und studiert in Hildesheim den Master "Inszenierung der Künste und der Medien". Ihr politisches Ziel: Kultur für Alle. Das Hauptproblem an Kunst und Kultur sei es, dass viele Menschen aus der Arbeiterschicht sich keine Opern- oder Theatertickets leisten könnten. Das möchte sie ändern – und engagiert sich dafür in der Partei und auch mit ihrer Masterarbeit. Mit der möchte sie Wissen sinnlich erlebbar machen – eine Art Lexikon für alle Schichten, das beispielsweise auf Fremdwörter verzichtet.
Sendung: Filter, 1. Februar 2018 - ab 15 Uhr