Cannabisverschreibung Wann kann Cannabis helfen?

Bei bestimmten Erkrankungen können Patienten unter bestimmten Umständen von Cannabis profitieren, zum Beispiel bei Multipler Sklerose, bei Übelkeit während einer Chemotherapie, bei Epilepsie und anderen Erkrankungen.

Von: Johannes von Creytz

Stand: 23.11.2020

Bild: picture-alliance/dpa

Multiple Sklerose

In einigen Ländern sind Medikamente auf Cannabisbasis schon länger zugelassen (Dronabinol, Nabilon und ein Cannabisextrakt in dem die Wirkstoffe THC und CBD im Verhältnis 1:1 enthalten sind). In Deutschland ist dieses Cannabisextrakt seit 2011 für die Behandlung bei mittelschwerer oder schwer therapierbarer Spastik bei multipler Sklerose zugelassen. In einer Studie aus dem Jahr 2011 profitierten knapp die Hälfte der Patienten von einer subjektiven Verbesserung bei Spastik, Spasmenhäufigkeit und Schlafqualität. Die Wirkung ist gegenüber Placebo nachgewiesen, jedoch nicht im Vergleich zu Standardmedikamenten. Von daher wird zunächst ein Versuch mit Standardmedikamenten durchgeführt.

Übelkeit und Erbrechen während einer Chemotherapie

Eine Vielzahl von Studien belegt eine positive Wirkung von Cannabinoiden bei der Behandlung von Übelkeit und Erbrechen infolge einer Chemotherapie. Nachdem aber hier auch konventionelle Medikamente gut wirken und die Wirkung nicht besser ist, wird meist mit einem konventionellen Medikament behandelt.

Appetitlosigkeit und Mangelernährung bei Demenz und Aids

Das Medikament Dronabinol, sowie gerauchtes Cannabis, haben in der Therapie von Appetitlosigkeit bei Aids-Patienten gezeigt, dass sich mit der Einnahme die Verringerung des Körpergewichts der Patienten vermeiden ließ. Auch bei Patienten mit Tumorerkrankungen und Alzheimer zeigten Cannabinoide bei der Behandlung von Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust eine positive Wirkung.

Schmerztherapie

Während vor der Verabschiedung des Gesetzes die Studienlage für chronische Schmerzen positiv schien, gibt es neuerdings auch negative Ergebnisse. Im Rahmen einer Studie konnte nachgewiesen werden, dass Cannabis zu einer 30prozentigen Schmerzreduktion führen kann. Cannabinoide können Patienten mit chronischen Schmerzen (Tumorschmerz, Rheuma, Fibromyalgie) somit eine gewisse Linderung verschaffen. Dabei wird laut Aussage von Patienten teilweise weniger der Schmerz an sich beseitigt, als die Kontrolle über das Schmerzempfinden gestärkt. Das gilt außerdem für Schmerzen auf Grund beschädigter Nerven (z.B. bei Multipler Sklerose oder Phantomschmerzen). Bei akuten Schmerzen, z.B. infolge einer aktuellen Verletzung, konnte bisher kein positiver Effekt nachgewiesen werden. In einer neueren großangelegten Studie mit Beobachtung der Cannabiseffekte über vier Jahre zeigten sich jedoch ernüchternde Ergebnisse: Schmerzmittelverbrauch und Schmerzkontrolle verbesserten sich unter Cannabis nicht, der psychische Zustand verschlechterte sich sogar.

Epilepsie

Für einige Formen von epileptischen Erkrankungen liegen Berichte vor, in denen mit Hilfe von Cannabidiol die Anfallshäufigkeit verringert werden konnte.
Für die seltenen kindlichen Epilepsieerkrankungen Dravet-Syndrom und Lennox-Gastraut-Syndrom hat Cannabis sogar den Status eines Orphan Medikamentes, das sind Medikamente für seltene Leiden die durch ein vereinfachtes Zulassungsverfahren gefördert werden.

Weitere Erkrankungen

Positive Wirkungen von Cannabinoiden werden auch für zahlreiche weitere Erkrankungen und Symptome beschrieben. Das Wissen stammt jedoch meistens aus Fallberichten und kleinen unkontrollierten Studien. Tatsächliche wissenschaftliche Bewertungen liegen bisher nicht vor.

Helfen sollen Cannabinoide unter anderem bei:

  • Inkontinenz bei multipler Sklerose
  • Sogenannte Tics beim Tourette-Syndrom
  • Fehlbewegungen auf Grund einer Langzeitmedikation bei Parkinson

Patientenberichte erwähnen auch eine Besserung bei:

Da Stress als Auslöser für entzündungsfördernde Reaktionen des Immunsystems in Frage kommt, ist es denkbar, dass sich eine entspannende Wirkung von Cannabis positiv auf chronische Entzündungen auswirken kann. Wissenschaftliche Beweise für eine tatsächliche Besserung liegen aber bisher nicht vor. Genauso wenig Vergleiche mit der Wirksamkeit anderer Mittel zur Entspannung, wie zum Beispiel Meditation, Beruhigungsmittel, Physiotherapie etc.

Keine allgemeinen Aussagen möglich

Das muss nicht bedeuten, dass die Erfahrungsberichte falsch sind, sie lassen aber keine Schlüsse auf die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf andere Patienten zu.

Allzu euphorischen Aussagen im Internet über Heilungserfolge bei Krebs, Alzheimer oder anderen schwerwiegenden Erkrankungen sollte man deshalb grundsätzlich vorsichtig gegenüber stehen und sie keinesfalls ohne ärztlichen Rat ausprobieren.