Hygiene in Fußball-Stadien Probleme mit Legionellen und Listerien
Keime im Bier, Listerien im Fischbrötchen und dazu noch Legionellen in der Dusche - die Hygiene in Fußball-Stadien ist ein Problem, das nicht immer leicht in den Griff zu bekommen ist. Allerdings wird auch nicht flächendeckend kontrolliert.
Im Rahmen von Lebensmittel- und Wasseruntersuchungen sind nach Informationen der ARD-Radio-Recherche Sport in verschiedenen Bundesliga-Stadien Auffälligkeiten festgestellt worden. Dabei geht es neben Getränken und Lebensmitteln auch um das Duschwasser der Fußballprofis. In der Frankfurter Arena kämpfen Behörden und Betreiber gegen Legionellen. Wie aus Dokumenten der Gesundheitsbehörden hervorgeht, die der ARD-Radio-Recherche Sport vorliegen, wurden die gefährlichen Keime dort gerade erst wieder im Spielerbereich nachgewiesen. Positive Befunde gab es auch in Darmstadt, Dresden und Mönchengladbach.
Nicht einmal die Hälfte wird kontrolliert
Nach ARD-Recherchen wurden in der aktuellen Saison nicht alle Stadien die Lebensmittel von den Behörden untersucht. Nur in sieben der 18 Erstliga-Arenen und lediglich einem der 18 Zweitligastadien wurden von den Behörden Proben von Lebensmitteln genommen und untersucht.
So wurde in Ihrem Stadion die Hygiene in dieser Saison von den Behörden kontrolliert!
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Die Angaben stammen von den Behörden und beziehen sich auf den Zeitraum vom 01.06.2017 bis April 2018. Das Team der ARD-Radio-Recherche Sport hat dafür die Behörden in allen 36 Standorten der 1. und 2. Fußball-Bundesliga der Saison 2017/2018 befragt.
In den vergangenen zehn Monaten hat es nach ARD-Informationen 27 Legionellenbefunde in Frankfurt gegeben, die zum Teil deutlich über den Grenzwerten lagen - unter anderem im Spieler-, Trainer-, Sauna- und Schiedsrichterbereich. Prof. Jörg Drewes vom Lehrstuhl für Siedlungswasserwirtschaft der Technischen Universität München ist von den Untersuchungsergebnissen überrascht und geht demnach von einer hohen Legionellenkontamination in der Frankfurter Arena aus:
"Insbesondere in einem Duschbereich waren wiederholt hohe Befunde feststellbar. Da scheint ein generelles Problem zu sein, dass dort sehr gute Bedingungen sind, damit sich Legionellen entfalten können. Vermutlich liegt es daran, dass es sehr lange Leitungen sind, sehr stagnierendes Wasser dann auch auftritt."
Prof. Jörg Drewes, Lehrstuhl für Siedlungswasserwirtschaft der TU München
Probleme in den Spielerduschen
Laut dem Frankfurter Gesundheitsamt werden in der Arena laufend Maßnahmen durchgeführt, um das Problem in den Griff zu bekommen. Die Behörde sieht aber keine Gesundheitsgefahr, weil entsprechende Filter eingebaut worden seien.
Mit den Recherche-Ergebnissen konfrontiert, hat der Arena-Betreiber, die Stadion Frankfurt Management GmbH, eine Firma beauftragt, die Werte mit den Filtern nochmal zu messen. Stadion-Manager Patrick Meyer geht davon, dass die Filter funktionieren: "Es ist aber auch ein sehr komplexes Thema. Wir reden hier über weit über 1.000 Meter Wasserleitungen, die da im Hintergrund verbaut sind. Und da ist es nicht so, dass man sagt, ok, wir wechseln hier mal einen Meter, und dann ist das Problem gelöst."
Legionellen in weiteren Stadien
Auch in Gladbach, Darmstadt und Dresden hat es zuletzt Probleme mit Legionellen gegeben. In Darmstadt sind die Wasserleitungen laut den Behörden so alt, dass quasi ständig etwas unternommen werden muss, um das Legionellen-Risiko so niedrig wie möglich zu halten.
Legionellen sind weniger für die Besucher eines Stadions, als vielmehr für die Spieler gefährlich, weil die Keime beim Duschen mit dem Wasserdampf eingeatmet werden können. Sie können grippeartige Beschwerden oder auch schweren Lungenentzündungen auslösen.
Verunreinigte Lebensmittelproben in Köln und Bremen
Im Rahmen von behördlichen Kontrollen sind in der aktuellen Bundesliga-Saison in zwei Stadien auch Auffälligkeiten bei Lebensmittelproben festgestellt worden. Nach Informationen der ARD-Radio-Recherche Sport fanden die Behörden in Köln in Bierproben Fremdhefen und coliforme Keime, die keine Gesundheitsgefahr für die Fans bedeuten, aber auf mangelhafte Hygiene im Zapfprozess hindeuten.
Prof. Dr. André Lipski von der Abteilung Lebensmittelmikrobiologie und -Hygiene der Universität Bonn sieht hier Handlungsbedarf: "Je länger man wartet, desto massiver wird das Problem, desto widerstandsfähiger werden die Organismen." Die gute Nachricht: Es gibt keine bekannten Krankheitserreger, die im Bier wachsen können.
Köln reagiert mit Sofortmaßnahmen
Mit den Rechercheergebnisse konfrontiert, hat der 1. FC Köln reagiert und im Rahmen von Sofortmaßnahmen unter anderem alle Bierleitungen im Stadion umgehend gereinigt. "Diese Hygieneindikatoren können, müssen aber nicht direkt auf Fehler hinweisen, die in unserer Verantwortung liegen", heißt es in einer schriftlichen Erklärung.
Listerien-Fund in Bremen
Im Bremer Weserstadion wurden in zwei von sechs getesteten Semmeln Keime gefunden. In einem Räucherlachsbrötchen wurden Krankheitserreger, Listerien, festgestellt. Auch wenn der Grenzwert für Listerien hierbei nicht überschritten worden ist, sehen Experten dringenden Handlungsbedarf.
"Listerien können auch unter dem Grenzwert schwere Erkrankungen hervorrufen."
Prof. André Lipski, Lebensmittelmikrobiologie und -Hygiene Universität Bonn
Gerade für schwangere Frauen können schon geringe Mengen, die unter den Grenzwerten liegen, gefährlich sein. Auch ältere oder immungeschwächte Personen gehören zur Risikogruppe. Die Bremer Behörden können in dem Fund keine Gesundheitsgefahr erkennen.
Münchener Proben unauffällig
Neben Köln und Bremen wurden auch in München, Mönchengladbach, dem Berliner Olympiastadion, in Wolfsburg, Stuttgart und Aue Proben genommen, bei denen überall die Befunde unauffällig gewesen seien. In allen anderen Stadien verlassen sich die Behörden auf die gesetzlich vorgeschriebenen Eigenkontrollen der Betreiber.
Rainer Vollmer vom Fanverband "Unsere Kurve" muss zugeben, dass er sich zu diesem Thema bislang wenig Gedanken gemacht hat, sieht das Gefahrenpotential beim Thema Hygiene im Stadion aber als ziemlich hoch an: "In so einem Stadion sind teilweise 60.000 Leute. Und wenn da wirklich eine Verunreinigung beim Bier oder auch im Essen wäre, dann wären da vielleicht mit einem Mal 20.000 Leute erkrankt – im Extremfall."
Vollmer kündigte an, das Thema Hygiene jetzt auch im Fanverband angehen zu wollen. "Wir werden uns jetzt mit Sicherheit bei 'Unsere Kurve' Gedanken machen, wie wir auf die Behörden und Vereine zugehen können, damit wir künftig einen möglichst risikoarmen Stadionbesuch haben."