Ein Hund, ein Nackter, etwas Weltpolitik, etwas pinker Glitzer - und ein großer Gewinner des Abends: So lassen sich die Oscars 2024 zusammenfassen. Letzterer ist ganz klar "Oppenheimer" von Christopher Nolan. Das Historiendrama hat gleich sieben Oscars abgeräumt, darunter die Auszeichnung als bester Film sowie für die besten Haupt- und Nebendarsteller (Cillian Murphy oder Robert Downey Jr.).
Nominiert war der Film in 13 Kategorien und hat damit in über der Hälfte davon gewonnen. Er verpasste aber die Chance, einen Rekord aufzustellen: Wenn "Oppenheimer" zwölf oder mehr Oscars gewonnen hätte, wäre er der erfolgreichste Film bei den Awards jemals gewesen. Diesen historischen Platz teilen sich nun weiterhin drei Filme: "Ben Hur", "Titanic" und "Der Herr der Ringe - Die Rückkehr des Königs" mit je elf Oscars.
Kein Oscar für Hüller, Çatak oder Wenders
Gleich drei deutsche Filmschaffende konnten dieses Jahr auf einen Oscar hoffen, darunter Sandra Hüller als beste Schauspielerin. Sie war seit 86 Jahren die erste Deutsche, die als beste Schauspielerin nominiert war – und zwar mit einem Film, in dem sie nur Englisch und Französisch spricht. Außerdem waren die Filme der beiden Regisseure Ilker Çatak ("Das Lehrerzimmer", Kandidat für Deutschland) und Wim Wenders ("Perfect Days", Kandidat für Japan) als bester internationaler Film nominiert.
Doch alle drei gingen leer aus: Beste Hauptdarstellerin wurde Emma Stone für ihre Rolle als Bella Baxter in "Poor Things", bester internationaler Film "The Zone of Interest" von Regisseur Jonathan Glazer, der für Großbritannien ins Rennen ging. Ein Trostpflaster für Sandra Hüller: Auch in "The Zone of Interest" war sie Hauptdarstellerin und kann sich somit mit dem Team über zwei Oscars für den Film freuen. In "The Zone of Interest" stand sie als seine Ehefrau gemeinsam mit Christian Friedel vor der Kamera, der den KZ-Kommandanten Rudolf Höß spielte. Der Film gewann ebenfalls in der Kategorie bester Ton.
Jimmy Kimmel scherzt über deutschen Humor
Es war das erste Mal überhaupt, dass drei fremdsprachige Filme für den besten Film nominiert waren, zwei davon mit Hüller in der Hauptrolle. Sie selbst sagte dazu vor der Verleihung auf dem roten Teppich "Ich kann immer noch nicht glauben, dass das wahr ist!"
Auch Host Jimmy Kimmel sprach sie in seiner Eröffnungsrede an: "Sandra Huler", wie er Hüller mit amerikanischem Akzent ausspricht, spiele in 'Anatomie eines Falls‘ eine Frau, die wegen Mordes an ihrem Ehemann vor Gericht steht, und in 'The Zone of Interest‘ eine Nazi-Hausfrau, die in der Nähe von Auschwitz lebt. "Während dies für amerikanische Kinobesucher sehr schwere Themen sind, nennt man sie in Sandras Heimat Deutschland Rom-Coms", scherzte er.
Ryan Gosling for Halftime Show?
Obwohl der Film "Barbie" nur eine Trophäe gewann, und zwar für den besten Song mit Billie Eilishs "What Was I Made For?", wurde doch immer wieder pinker Glitzer verstreut in den dreieinhalb Stunden Oscar-Verleihung. Nach Meinung vieler hätte die Regisseurin für einen Oscar nominiert werden sollen, sagte Kimmel zu Beginn. Als das Publikum applaudiert, scherzte er in Richtung der Academy: "Klatscht nicht, ihr habt nicht für sie gestimmt!"
Später performte Ryan Gosling in pinkem Glitzeranzug eine Rock-Version seines Ohrwurms "I'm Just Ken" aus dem "Barbie"-Soundtrack, unterstützt unter anderem von Slash, bekannt als Gitarrist von Guns N' Roses, mit einem Solo. Aber Ryan Gosling wollte nicht nur den Kens eine Bühne geben, sondern auch den Barbies: Zwischendurch hielt er auch Regisseurin Greta Gerwig und Hauptdarstellerin Margot Robbie das Mikrofon unter die Nase, am Ende sang fast der ganze Saal mit.
Auf Social Media wird der Barbie-Hype damit erneut angefacht: Manche sind der Meinung, das war der "beste Oscar-Moment", andere fordern, Ryan Gosling sollte doch nächstes Jahr die Halftime Show des Superbowls bestreiten.
John Cena kommt nackt auf die Bühne
Inwiefern ein nackter Schauspieler auf der Bühne auch was mit "Barbie" zu tun hatte, darüber wird noch spekuliert. Schauspieler John Cena entschied sich, als Laudator für die Kategorie "Bestes Kostümdesign" ganz ohne Kostüm zu erscheinen, nämlich ausgezogen bis auf ein paar Birkenstocks an seinen Füßen und einem Umschlag in der Hand, mit dem er das Nötigste verdeckte.
Aber warum Birkenstocks? Eine Theorie in den sozialen Medien: In der Kategorie Kostümdesign war auch "Barbie" nominiert. Margot Robbie wird im Film an einer Stelle von "Weird Barbie" vor die Wahl gestellt: Will sie High Heels tragen oder Birkenstocks? Will sie zurück ins alte unbeschwerte Barbie-Leben oder will sie "Die Wahrheit über das Universum" erfahren, das vom Patriarchat geprägt ist? Die Sandalen, die ursprünglich einen Öko-Ruf haben, erleben seitdem einen Hype in den USA, auch Margot Robbie trug sie außerhalb des Films. Der deutsche Sandalen-Hersteller nutzte die Hochphase für seinen Börsengang, die Aktie floppte aber erst einmal.
"Messi" wird zum Oscar-Liebling
Bei den Oscars konnte aber kein Schuh und kein Nackter mit einem ganz besonderen Gast mithalten: In den sozialen Medien - und immer wieder auch im Saal - stiehlt "Messi" allen die Show. Gemeint ist nicht der Fußballer, sondern der Filmhund aus "Anatomie eines Falls", sozusagen Sandra Hüllers Co-Star. "Messi" spielt im Film den Blindenhund Snoop. Während im Vorfeld nicht klar war, ob er überhaupt mit in den Saal darf, saß der Hund heute dann doch plötzlich im Publikum auf einem eigenen Stuhl, dem Anlass angemessen mit schwarzer Fliege um den Hals.
Jimmy Kimmel erwähnte ihn direkt in seiner Begrüßung, die Academy betitelte ihn auf ihrem X-Account als "Oscars VIP (Very Important Pup)", er traf Ryan Gosling und America Ferrera - kein schlechter Tag, um ein Hund namens "Messi" zu sein.
Aber auch über den Abend hinaus hat "Messi" Meme-Potential: Videos, die ihn klatschend zeigen oder wie er am Stern von Matt Damon am Walk of Fame das Bein hebt, um zu pinkeln, gingen schon in der Nacht viral. Das freut vor allem Jimmy Kimmel, der seit Jahren eine scherzhafte Fehde mit Matt Damon austrägt.
Gaza und Ukraine auf der Oscar-Bühne
Während der Verleihung wurde auch mehrfach an aktuelle politische Krisen erinnert. Regisseur Jonathan Glazer ging in seiner Dankesrede auf den Gaza-Krieg ein. "Ob es die Opfer des 7. Oktober in Israel oder der andauernden Attacke auf Gaza sind, alle sind Opfer dieser Entmenschlichung", sagte der Filmemacher. Mehrere Gäste trugen rote Buttons, um ihre Unterstützung für einen Waffenstillstand in Gaza zu zeigen - darunter Billie Eilish und Mark Ruffalo.
So ernst und ruhig wie in dem Moment, als das Team von "20 Tage in Mariupol" ihre Auszeichnung für den besten Dokumentarfilm entgegennahm, war es sonst kaum an diesem Abend. In seiner emotionalen, wütenden Dankesrede sagte Filmemacher Mstyslav Chernov, er sei wahrscheinlich der erste Regisseur auf der Oscar-Bühne, der sage, er wünschte, er hätte diesen Film nie gemacht. Stattdessen wäre es ihm lieber gewesen, die Ukraine wäre nie von Russland angegriffen worden.
Die vom SWR mitproduzierte Kriegsdokumentation begleitet AP-Journalisten während knapp drei Wochen in der ukrainischen Hafenstadt, als diese Anfang 2022 von russischen Streitkräften belagert wurde.
Alle Gewinner der Oscars 2024 im Überblick:
- Bester Film: "Oppenheimer"
- Bester Hauptdarsteller: Cillian Murphy ("Oppenheimer")
- Beste Hauptdarstellerin: Emma Stone ("Poor Things")
- Beste Regie: Christopher Nolan ("Oppenheimer")
- Beste Nebendarstellerin: Da'Vine Joy Randolph ("The Holdovers")
- Bester Nebendarsteller: Robert Downey Jr. ("Oppenheimer")
- Bester internationaler Film: "The Zone of Interest"
- Bestes Originaldrehbuch: Justine Triet und Arthur Harari ("Anatomie eines Falls")
- Bestes adaptiertes Drehbuch: Cord Jefferson ("American Fiction")
- Beste Filmmusik: Ludwig Göransson ("Oppenheimer")
- Bester Song: "What Was I Made For?" von Billie Eilish ("Barbie")
- Bester Dokumentarfilm: "20 Tage in Mariupol"
- Bester animierter Spielfilm: "Der Junge und der Reiher"
- Bester animierter Kurzfilm: "War is Over! Inspired by the Music by John and Yoko"
- Bester Kurzfilm: "Ich sehe was, was du nicht siehst (The Wonderful Story of Henry Sugar)"
- Bester Dokumentar-Kurzfilm: "The Last Repair Shop"
- Beste Kamera: Hoyte van Hoytema ("Oppenheimer")
- Bester Schnitt: Jennifer Lame ("Oppenheimer")
- Bester Ton: Tam Willers und Johnnie Burn ("The Zone of Interest")
- Bestes Szenenbild: Shona Heath, James Price und Szusza Mihalek ("Poor Things")
- Bestes Kostümdesign: Holly Waddington ("Poor Things")
- Bestes Make-up und beste Frisuren: Nadia Stacey, Mark Couler und Josh Weston ("Poor Things")
- Beste visuelle Effekte: "Godzilla Minus One"
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