Sommer-Pressekonferenz der Kanzlerin Merkel gibt sich gelassen und siegessicher

Langweiliger Wahlkampf? Findet Angela Merkel nicht. Sie werbe halt um Stimmen. So aufgeräumt und gelassen wie selten absolviert die Kanzlerin ihren traditionellen Auftritt vor der Bundespressekonferenz.

Von: Achim Wendler

Stand: 29.08.2017 | Archiv

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Etwa die Hälfte der Pressekonferenz ist vorbei, da sendet Angela Merkel ein Freundschaftssignal nach Bayern. Es geht um die Grenzkontrollen zu Österreich, die wegen der vielen Flüchtlinge eingeführt worden sind und inzwischen ein paarmal verlängert wurden. Deshalb verlangt die EU-Kommission, die Kontrollen im November auslaufen zu lassen. "So, wie sich die Situation im Moment darstellt, brauchen wir diese Grenzkontrollen. Und das wird auch ein Thema sein, über das ich morgen mit (EU-Kommissionspräsident) Jean-Claude Juncker spreche."

Das wird die Schwesterpartei CSU freuen. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann pocht nämlich darauf, dass weiter kontrolliert wird an den Grenzen. Aber Moment, Merkel für Grenzkontrollen? Wie passt das zu dem, was sie vor genau zwei Jahren auf genau diesem Stuhl verkündet hat, nämlich keine Abschottung, offene Grenzen, "Wir schaffen das"? Wo schlägt denn Merkels Herz wirklich? "Ich arbeite nicht mit diesen Begriffen!"

Nüchterner und sachlicher

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Herz, Gefühl, Leidenschaft sind für Merkel keine politischen Kategorien. Das sagt sie, und das praktiziert sie. Es ist ihr 21. Auftritt vor der Bundespressekonferenz, und Merkel ist nüchterner, sachlicher als je zuvor. Alle paar Minuten rattern die Fotoapparate wie ein Sturm, und zwar immer dann, wenn Merkel mal etwas ihre Hände hebt. Das sind die bildlichen Höhepunkte dieser Pressekonferenz. Ein bisschen Wahlkampf? Schon. Aber nach Merkels Manier.

"Vielleicht ist Wahlkampf in der Definition mancher nur schön, wenn man sich gegenseitig beschimpft. Das ist nicht die Vorstellung, die ich von Wahlkampf habe. Ich werbe um Stimmen", so Merkel.

"Ich gebe mein Bestes"

Werben heißt für Merkel: argumentieren. Sie müsse ihre Argumente beisammen haben, sagte sie kürzlich mal bei einem Interview. Heute hat Merkel sie jedenfalls beisammen. Egal, ob es um die deutsche Stahlindustrie geht, um gemeinsame Bildungsstandards, um das deutsch-türkische Verhältnis oder eben um die Flüchtlingskrise.

Merkel argumentiert ausführlich und detailliert, ohne Pointen, ohne unterhaltende Elemente. Und Grenzkontrollen hin oder her, Merkel betont, dass sie im Kern bei ihrem flüchtlingspolitischen Grundgedanken bleibe, "dass wir uns eben nicht einfach abschotten können und einfach so weitermachen können".

Echte Zweifel klingen nicht durch

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Vieles klappt immer noch nicht bei ihrer Flüchtlingspolitik, das gibt die Kanzlerin zu. Die Verteilung der Flüchtlinge in Europa nennt die Kanzlerin ein "Manko", es gebe noch viel zu tun. Zum Diesel-Skandal sagt sie, "dass wir mit der Automobilindustrie nicht einfach zur Tagesordnung übergehen können". Das Ziel sei, Fahrverbote in den Städten zu verhindern. Nächste Woche empfängt Merkel Vertreter der am stärksten Diesel-geplagten Städte, um zum Beispiel über mehr Ladesäulen zu sprechen. Und im Herbst müssen dann nochmal die Automanager in Berlin vorsprechen.

Im Herbst? War da vorher nicht was? Gerade rechtzeitig fällt der Kanzlerin ein, dass ja noch Bundestagswahlen sind. Das solle ihr nicht als Arroganz ausgelegt werden, sagt sie pflichtschuldig. Echte Zweifel klingen da aber nicht durch. Angela Merkel ist nicht nur aufgeräumt und gelassen, sie ist auch ziemlich siegessicher. "Ich gebe mein Bestes", sagt sie. Und lächelt.