Die AfD und Migranten Ein zynisches Doppelspiel?
Die AfD umwirbt Migranten und macht gleichzeitig Stimmung gegen Zuwanderer. Tatsache ist: Die Partei wird auch von Menschen mit Migrationshintergrund unterstützt. Warum unterstützen Migranten die AfD, warum umgarnt die AfD Migranten?
Schleiz in Thüringen - Wahlkampfveranstaltung der AfD vor der Landtagswahl. Stimmungsmache durch den Thüringer Spitzenkandidaten Björn Höcke.
"Die Herrschenden, die Kartellparteien machen sich gerade ein neues Volk, das muss man wissen. 200.000 Einbürgerungen im letzten Jahr und in diesem Jahr sollen es noch mehr werden und die stärksten sind die Syrer. Aber von Umvolkung dürfen wir nicht reden, das muss man wissen. Wenn Sie nicht vom Verfassungsschutz beobachtet werden wollen, reden Sie nicht von Umvolkungen."
Björn Höcke, AfD, Spitzenkandidat Thüringen
Was Björn Höcke sagt, kommt bei vielen hier gut an:
Umfrage:
"Wie er für die Deutschen ist, das ist einfach top und dass er nicht alles den Ausländern gibt."
"Ich brauch keine Ausländer hier, wir fahren selber gerne ins Ausland, aber wir fahren hin und wir fahren wieder heim."
"Jeder Ausländer, der hier arbeitet, ist willkommen, aber jemand, der Sozialschmarotzer ist, gegen die haben wir was."
Menschen mit Migrationshintergrund sind hier offenbar nicht wirklich erwünscht. Auch im Netz ist die Botschaft klar: Landtagsabgeordnete, die sich zum Geburtstag "millionenfache Remigration" wünschen - oder einen zynischen Jahreskalender präsentieren: "Das ist unser Abschiebekalender. Die zwölf schönsten Abschiebeflugzeuge haben wir von der AfD-Landtagsfraktion gesammelt."
Werben um Migranten über soziale Medien
Doch wir stoßen auch auf ganz andere Töne. Wir finden Videos, in denen AfD-Politiker gezielt um Migranten werben: "Türken in Deutschland sollten AfD wählen. Türken in Deutschland sollten eine Partei wählen, die nicht will, dass ihre Kinder in der Schule umgedreht werden. Sie sollten eine Partei wählen, die dafür sorgt, dass man Vater und Mutter ehrt." (Youtube-Kanal "Dr. Maximilian Krah")
Berlin. An der Humboldt Universität forscht Özgür Özvatan zur AfD - Was widersprüchlich wirkt, sei Teil einer neuen Strategie der Partei.
"Seit dem letzten Sommer hat die AfD angefangen, um migrantische Stimmen zu werben, aktiv vor allen Dingen auf Social Media. Das macht, das ist logisch, weil bei den unter 20-Jährigen haben wir etwa 42 Prozent Menschen mit Migrationsgeschichte in diesem Land. Da ist es logisch, dass Parteien um diese jungen Menschen werben. Und die AfD macht das sehr gut bis jetzt."
Özgür Özvatan, Institut für Sozialwissenschaften Humboldt-Universität Berlin
Teil dieser "Werbeoffensive" der AfD gegenüber Migranten sind Influencer, die selbst Migrationshintergrund haben und AfD-Positionen propagieren:
Social Media Videos
"Die deutschen Bürger haben Sorgen und Ängste - das ist der Grund, warum die AfD immer stärker wird." TikTok-Account "todt172"
"Ich habe keine Angst vor der AfD. Sie macht mir Hoffnung. Hoffnung, dass Deutschland wieder zu dem Land wird, was es einmal war." X-Account "Catherine Schmiedel"
Auch dahinter stecke Methode.
"Eine Strategie der AfD für migrantische Menschen ist eben auch, ein Feld von Drittaccounts zu beliefern, nämlich Accounts, die nicht zu AfD gehören, die nicht MandatsträgerInnen sind oder auch Nichtmitglieder sind, aber eben Influencer sind, die als freie Bürger erscheinen, aber in ihren Inhalten die Programmatik der AfD verbreiten. Das sind dann meistens eben VertreterInnen von bestimmten migrantischen Communitys, die dann halt vor allen Dingen die eigene Community ansprechen und die versuchen zu mobilisieren für die AfD, ohne selbst Mandatsträgerinnen oder Mandatsträger zu sein."
Özgür Özvatan, Institut für Sozialwissenschaften
Kann die Strategie der AfD aufgehen?
Wir fahren nach Essen in Nordrhein-Westfalen, hier leben viele Migranten aus Afrika. Wie kommen diese Influencer hier an? Das Urteil: gespalten.
Umfrage:
"Ich weiß nicht - also das ist seine Meinung - aber der Bruder ist schwarz, was will der mit der AfD?"
Skepsis auch bei ihm: "Ich war auch in Thüringen, ich bin viele viele Jahre da geblieben, aber ich habe schlechte Erfahrungen gehabt."
report München: "Was haben Sie für Erfahrungen gemacht?"
"Ich war - was kann ich Ihnen da sagen - ich habe viele Probleme gehabt mit den Leuten."
Aber: Es gibt auch hier Migranten, die offen und sich vorstellen könnten, die AfDzu wählen.
"Ja, für mich ja. Weil ich weiß, dass ich gehe nicht raus. Ich bin integriert. Andere Leute wollen nicht integrieren, sie sind 20 Jahre in Deutschland aber gar kein Deutsch und kann nicht kommunizieren."
Werben um Migranten über soziale Medien - die AfD verfolge damit ein klares Ziel.
"Es geht natürlich darum, das Wählerpotenzial zu erschließen und eben ihr eigenes Klientel zu erweitern. Es gibt, äh, Umfragen, die zeigen, dass sie bei den nicht-migrantischen Menschen etwa 20 bis 25 Prozent holen könnten. Und jenseits davon müssen sie natürlich, wenn sie irgendwann eine sogenannte Volkspartei werden möchten, auf 30 Prozent kommen. Und das können sie nicht ohne Menschen mit Migrationsgeschichte."
Özgür Özvatan, Humboldt-Universität Berlin
Die Stimmen von Personen mit Migrationshintergrund sind willkommen - und die Menschen?
"Deutschland den Deutschen, Ausländer raus." (Greding, 13.01.24) - Ein Video, aufgenommen am Rande eines AfD Landes-Parteitages. Immer wieder äußern sich AfD-Politiker abfällig über Menschen aus anderen Kulturkreisen. Für besondere Empörung sorgte ein Auftritt der amtierenden Parteivorsitzenden im Bundestag:
"Ich kann Ihnen sagen, Burka, Kopftuchmädchen, und alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichtse werden unseren Wohlstand, das Wirtschaftswachstum und vor allem den Sozialstaat nicht sichern."
Alice Weidel, AfD, Fraktionsvorsitzende Bundestag (16.05.2018)
Aussagen, die Menschen mit Migrationshintergrund nicht davon abschrecken, in die AfD einzutreten. In Bayern treffen wir Kerim Erdem, Sohn eines türkischen Einwanderers. Auch aus Unzufriedenheit über die aktuelle deutsche Migrationspolitik wollte er politisch aktiv werden.
"Und ich habe mich dann unterm Strich für die AfD entschieden, weil die mich am besten abgeholt hat. Ich wurde da tatsächlich am besten aufgenommen. Auch wenn man das nicht glauben mag."
Kerim Erdem, AfD, Kreisverband Miltenberg
In seiner Jugend hat Kerim Erdem selbst Anfeindungen erlebt. Wie empfindet er jetzt die scharfen Töne von Alice Weidel?
"Würde ich so nicht wählen, weil Teile meiner Familie definitiv Kopftuchträgerin sind. Aus freiem Wunsch. Ja, das ist ja da der Unterschied."
Kerim Erdem, AfD, Kreisverband Miltenberg
Zurück in Thüringen. Unsere Interviewanfrage an Björn Höcke hat die AfD im Vorfeld abgelehnt - wir versuchen es spontan. Wie steht der Spitzenkandidat der Thüringer AfD zu Migranten in der Partei?
"Es gibt ja auch sehr gut integrierte, sehr fleißige Immigranten. Die dürfen uns ruhig wählen."
Björn Höcke, AfD, Spitzenkandidat Thüringen
Doch sind sie auch in der Partei willkommen? Nachfragen dazu - unerwünscht.
Kommentieren
Joachim Datko, Mittwoch, 14.August 2024, 06:35 Uhr
4. Ich bin von Anfang an Stammwähler der AfD!
Mir ist es wichtig, dass die Festung Europa zum Schutz vor einer Masseneinwanderung errichtet wird. Mir ist insbesondere wichtig, dass jegliche finanziellen Anreize zur Einwanderung in das Sozialsystem eingestellt werden.
Joachim Datko - Ingenieur, Physiker
Regensburg
Antwort von Veit Walter, Mittwoch, 14.August, 19:52 Uhr anzeigen
Mir ist insbesondere wichtig, dass Deutschland attraktiv für motivierte und qualifizierte Einwanderer, die wir angesichts unserer demografischen Entwicklung dringend benötigen, ist und bleibt.
Veit Walter – Diplomingenieur
Berlin
Antwort von Rudi, Donnerstag, 15.August, 00:50 Uhr anzeigen
Ich bin von Anfang an Anti-AfD Wähler, weil die lautesten Schreihälse mit den vermeintlich einfachsten Lösungen schon immer Rattenfänger waren. In der Geschichte mehrere Beispiele.
Parteien aller Art haben es verstanden, dass es zuviel Migration gibt. Nur einfache Lösungen gibt es nicht. Ich gehe davon aus, dass sie das als intelligenter Mensch wissen oder wissen sollten.
Wer bei Rechten mitläuft, ist wie ein Mittäter im Strafrecht zu behandeln. Die AfD ist unwählbar, solange sie sich mit ex-NPD, Reichsbürgern oder Neonazis einlässt. Dieser Massstab gilt für jede Partei. Egal welche Luftschlösser sie bauen.
Für mich ist das eine Charakterfrage.
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Rudi, Mittwoch, 14.August 2024, 01:24 Uhr
3. AfD
Zum Verscheissern gehören immer zwei Parteien dazu. Die AfD ist wie Trump. Also gibt es zur Position dieser Partei noch ernsthaft etwas zu sagen?
Mal sehen, wann die "Knechte" merken, was mit ihnen gespielt wird.
Muss man die Demokratie vor naiven Wählern schützen?
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Giovanni, Dienstag, 13.August 2024, 22:34 Uhr
2. Was Moslems von Schwarzen halten kann man im Sudan sehen
Schwarze werden von Moslems noch mehr verachtet als die andren Ungläubigen. Remigration hat nichts mit der Hautfarbe zu tun, sondern nur damit ob jemand unsere Werte teilt.
Antworten
Oliver Hausmann, Dienstag, 13.August 2024, 22:23 Uhr
1. Politische Neutralität
Bei aller Antipathie die ich privat eventuell einer Partei wie der AfD entgegen bringe, erwarte ich von Moderatoren der öffentlich-rechtlichen Sender politische Neutralität. Der Abschlusskommentar des heutigen Moderators „Wundert sie das?“ nach dem AfD Beitrag ist ein absolutes No Go.
Ich erwarte Faktenbasierten Umgang von den öffentlich-rechtlichen und keinen emotionalen gar politisch beeinflussenden Umgang. Zum einen geht das am Auftrag vorbei und zum anderen trägt das nur noch mehr zur Spaltung bei….wir verurteilen Schleichwerbung jedoch solches Verhalten dulden wir….
Wäre ich der Vorgesetzte des Moderators, hätten wir zumindest ein kritisches Feedbackgespräch nach der Sendung heute.
Antwort von Rudi, Donnerstag, 15.August, 00:39 Uhr anzeigen
Seit wann darf man als Journalist keine eigene Meinung haben? Einschränkung durch Art. 5 GG? Wohl nicht. Neutralität gegenüber Umstürzlerphantasten? "Wehret den Anfängen" beginnt laut heutigem Bundesverwaltungsgerichtsurteil in 1 - 3 Jahren, wenn in der Hauptsache das Urteil ergeht?
Der gespielte Witz der Woche?
[Von der Redaktion entfernt]
Stecken denn in jeder Behörde getarnte Bahnmitarbeiter? Nö, kann nicht sein. Die sind noch schneller. Dieser Kommentar wurde von der BR-Redaktion entsprechend unseren
Kommentar-Richtlinien bearbeitet.
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