Barbara Strozzi Außergewöhnliche Sängerin und Komponistin
Eigenwillige Menschen ecken gerne mal an. Oder sie werden schief angeschaut. Wer "anders" ist, braucht viel Kraft, um sich nicht vom Gerede und Getuschel seiner Mitmenschen aus der Ruhe bringen zu lassen. So eine Frau muss die italienische Sängerin und Komponistin Barbara Strozzi gewesen sein. Sie lebte in der Zeit des Barock, also vor über 400 Jahren, in einer Zeit, als eigentlich nur Männer im Musikgeschäft etwas zu sagen hatten. Unbeirrt folgte sie ihrer Leidenschaft, dem Komponieren, und führte ein nicht nur für ihre Zeit ungewöhnliches Leben.
Bestimmt war Barbara Stozzi schon als kleines Mädchen stürmisch, voller Energie und sehr selbstbewusst. Ob sie lieber mit einem Ball gespielt hat als mit Puppen? Vielleicht! Leider ist über die Kindheit der späteren Sängerin und Komponistin fast gar nichts bekannt. Was man weiß: Die Kinder von reichen Leuten bekommen damals nur wenig Aufmerksamkeit. Sie tragen Kleider wie kleine Erwachsene und es gibt für sie nur wenige Spielsachen. Mädchen sollen mit Puppen spielen. Barbara Strozzi weiß wohl schon früh ganz genau, was sie will. Sie möchte Musik machen, Laute lernen und Gambe und natürlich Cembalo. Sie darf ...
Ein Leben - gegen alle Regeln
Lebensdaten
Barbara Strozzi wird im August 1619 in Venedig geboren. Das genaue Datum ist nicht bekannt. Am 6. August 1619 wird das Mädchen noch als "Barbara Griega" (das ist der Nachname ihrer Mutter) getauft. Im Alter von 58 Jahren stirbt Barbara Strozzi am 11. November 1677 in Padua.
Früh bekommt das begabte Mädchen eine richtig gute Musikausbildung und Kompositionsunterricht. Das ist ungewöhnlich, weil es in der Zeit des Barock das einzige Ziel für ein Mädchen ist, zu heiraten. So werden sie erzogen. Bildung ist für Mädchen eher unwichtig. Bei Barbara ist das anders. Ihr Vater, der Adelige Giulio Strozzi, der in Venedig lebt und Gedichte und Textbücher für die Oper schreibt, lässt sie von berühmten Musikern und Komponisten unterrichten. Offiziell ist Barbara seine Adoptivtochter. In Wahrheit ist sie wohl auch seine leibliche Tochter. Ihre Mutter Isabella arbeitet als Haushälterin im Hause Strozzi. Giulio und Isabella sind ein Liebespaar. Heiraten dürfen sie aber nicht. Das ist unpassend. Ein Adeliger und seine Dienerin.
Unbeirrbar zum Erfolg
Ein uneheliches Kind zu sein, ist damals nicht leicht. Selbst in Venedig nicht, wo im berühmten Karneval und auch sonst die Regeln etwas weniger streng sind. Normalerweise werden uneheliche Kinder ins Kloster gebracht. Doch Barbaras Vater erkennt und fördert ihr musikalisches Talent. Er erzieht sie ganz einfach so, als hätten Frauen vor 400 Jahren die gleichen Chancen wie Männer. Schon 1634, mit 15 Jahren, tritt sie als Sängerin auf. Sie singe "hochvirtuos" – wird sie gelobt. Und mit 25 Jahren veröffentlicht Barbara ihre ersten eigenen Stücke. "Das erste Werk, das ich, als eine Frau, so kühn und wagemutig ans Tageslicht gebracht habe", schreibt sie stolz und fast trotzig dazu. Damals hat sie schon eigene Kinder. Auch das ist für ihre Zeit wieder ungewöhnlich, denn Barbara Strozzi ist nicht verheiratet und lebt auch nicht mit dem Vater ihrer Kinder zusammen.
Witzige und schlagfertige Alleinunterhalterin
Ganz klar, über so ein Leben außerhalb der Norm wird in Venedig viel getratscht und getuschelt. Barbara scheint sich nichts aus dem Gerede zu machen. Sie lebt für ihre Leidenschaften - und das sind vor allem die Liebe und die Musik. Mit ihrer Laute tritt sie im privaten Rahmen auf. Meistens bei Zusammenkünften von Männern, die sie bewirtet und mit ihrer Musik, ihrem Witz und ihrer Schlagfertigkeit unterhält. An manchen Abenden leitet sie sogar diese Treffen. Da geht es dann zum Beispiel um die Frage, was eine größere Wirkung habe: echte Tränen oder gesungene. Für Barbara ist die Antwort eindeutig. Spöttisch notiert sie: "Ich weiß sehr wohl, dass ich nicht die Ehre eurer Anwesenheit gehabt hätte, wenn ich euch eingeladen hätte, mich weinen zu sehen anstatt mich singen zu hören."
Alleinerziehende, berufstätige Mutter - Wie modern!
In einer Welt, die von Männern bestimmt wird, bekommt Barbara Strozzi viel Anerkennung, aber auch viele gemeine Sticheleien zu spüren. Doch sie geht weiter ihren Weg. Egal, was die Leute sagen. Sie zieht ihre vier Kinder groß. Und sie komponiert. Fast ausschließlich sind es Stücke, die von Liebesglück und Liebesschmerz handeln, Stücke, die sie als Sopranistin selbst vortragen kann. Außergewöhnlich ist dabei: Barbara Strozzi veröffentlicht ihre Musik auch im Druck. Deshalb sind all diese Stücke bis heute erhalten: über 100 Kantaten und Arien. Zeitgenossen feiern sie als größte Komponistin ihrer Zeit. In der Musik fühlt sich Barbara Strozzi lebendig. Mit ihrer Musik bleibt sie lebendig - bis heute.