Fünf Jahre Papst Franziskus Ein Papst mischt die katholische Kirche auf
Die Menschen lieben Papst Franziskus. Etliche feiern Jorge Mario Bergoglio wie einen Popstar. Im Vatikan hat der vor fünf Jahren auf den Heiligen Stuhl gewählte Argentinier jedoch scharfe Kritiker – einige sehen sich sogar als Opfer einer Intrige. Von Tilmann Kleinjung
Von: Tilmann Kleinjung
Stand: 07.03.2018
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13. März 2013. Weißer Rauch über dem Petersplatz. Die 115 in der Sixtinischen Kapelle versammelten Kardinäle haben einen neuen Papst gewählt. Ein in jeder Hinsicht historisches Konklave. Denn erstmals in der Kirchengeschichte der Neuzeit erlebt der Vorgänger die Wahl seines Nachfolgers. Der zurückgetretene Papst Benedikt XVI. verfolgte die Papstwahl aus der Distanz, in der päpstlichen Sommerresidenz Castelgandolfo. Und dann diese überraschende Wahl: Im fünften Urnengang entscheiden sich die Kardinäle erstmals für einen Lateinamerikaner.
Papst Franziskus verurteilt keine Homosexuellen
Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt setzte Jorge Mario Bergoglio ein Zeichen, eine Demutsgeste: Er verneigte sich vor der Menge auf dem Petersplatz und bat um deren Segen und Gebete. Seit Beginn setzt sich Papst Franziskus wie sein Namenspatron Franz von Assisi für die Armen am Rand der Gesellschaft ein, er verzichtet auf päpstliche Privilegien und ruft immer wieder zur Erneuerung auf. Homosexuelle Katholiken etwa bekamen bisher von ihrer Kirche und deren Vertretern vor allem zu hören, dass sie ein Leben in Sünde führen. Die Kirche wird auch unter diesem Papst ihre Lehre in Bezug auf Lebensformen nicht ändern, aber Franziskus sagte auf seiner ersten Pressekonferenz auf dem Rückweg vom Weltjugendtag in Rio de Janeiro: "Wenn einer schwul ist und den Herrn sucht und guten Willens ist – wer bin dann ich, ihn zu verurteilen?"
Mit seiner Fähigkeit, den Einzelfall zu sehen, authentisch und unvermittelt zu den Menschen zu sprechen, verzaubert er Gläubige auf der ganzen Welt. Seine Kritiker jedoch sagen, er sei ein theologisches Leichtgewicht, der sich mehr vom Augenblick denn von geistlicher Reflektion leiten lasse: Spontifex! Tatsächlich misslingt dem Papst die spontane Rede hin und wieder. Ein Bild gerät schief, wie bei der Asienreise 2015, als er sagte: Gute Katholiken müssten sich nicht "wie Karnickel" vermehren. Oder er liegt schlicht daneben. Bei einer Generalaudienz riet er Vätern, sie könnten ihre Kinder mit Schlägen bestrafen, sie dürften nur nicht ihre Würde verletzen.
Streitpunkt wiederverheiratete Geschiedene
Das Engagement des Papstes in der Ökumene, seine Reformen und, ja, auch sein Stil sind umstritten. Einige ältere Kardinäle meldeten öffentlich Zweifel an den Lehraussagen des Papstes an. Amoris Laetitia, das Schreiben, mit dem Franziskus die katholische Kirche behutsam in einer Fußnote für wiederverheiratete Geschiedene öffnete, diente manchen traditionell gesinnten Katholiken gar als Anhaltspunkt den Papst der Häresie, der Irrlehre zu bezichtigen. Zum Sprecher der Unzufriedenen in Rom wurde im Lauf der Jahre mehr und mehr der damalige Präfekt der Glaubenskongregation, der deutsche Kardinal Gerhard Ludwig Müller, der sich heute als Opfer einer Intrige sieht.
Müller hatte unter anderem die Entscheidung des Papstes kritisiert, Katholiken, die zum zweiten Mal heiraten, unter bestimmten Umständen wieder zu den Sakramenten zuzulassen. "Wir akzeptieren doch keine Polygamie", sagte er. Auf diese offene Illoyalität reagierte der Papst und teilte im Sommer 2017 Gerhard Ludwig Müller mit, dass er seine Amtszeit nicht verlängern will. In seiner Weihnachtsansprache vor der Kurie stellte er noch einmal klar:
"Personen sind sorgfältig ausgewählt worden, um dem Leib der Kirche und ihrer Reform mehr Kraft zu geben. Aber dadurch, dass sie die Größe ihrer Verantwortung nicht verstehen, von Ambitionen oder Eitelkeiten lassen sie sich korrumpieren und erklären sich selbst, wenn sie dann sanft entfernt werden, fälschlicherweise zu Märtyrern des Systems, des nicht 'informierten Papstes', der 'alten Garde', anstatt ihr 'Mea culpa' zu sprechen."
Papst Franziskus
Dieser Papst mischt seine Kirche auf. Er stellt Strukturen, Gewohnheiten in Frage. Er bricht mit den Traditionen seiner Vorgänger und wohnt nicht mehr im apostolischen Palast sondern in einem kleinen Apartment im vatikanischen Gästehaus, trägt schwarze statt roter Schuhe und seine Aktentasche selbst. Dass dieser Papst in weiten Teilen Mensch geblieben ist, dass er die Menschen an seinen Sorgen und Zweifeln teilhaben lässt, ist das Markenzeichen dieses Pontifikats. Und vermutlich auch der Grund, warum dieser Mann weit über die Grenzen seiner Kirche hinaus beliebt ist. Ein Papst wie du und ich. Ein Christ unter Christen.
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