Interview mit Klippenspringerin Iris Schmidbauer "Klippenspringen ist wie mit 75 km/h in der Garage parken"

Iris Schmidbauer stürzt sich als professionelle Klippenspringerin regelmäßig aus 20 Metern Höhe ins Wasser. Im Interview erklärt sie, was man bei der gefährlichen Sportart beachten muss und was sie dazu antreibt.

Von: Uli Knapp / Robin Köhler

Stand: 23.07.2019 | Archiv

Iris Schmidbauer beim Klippenspringen | Bild: Red Bull Cliff Diving

Eigentlich hatte sich Iris Schmidbauer ja für Turnen interessiert. Doch weil das Training dafür zu weit weg war, begann die heute 24-Jährige aus Perl am Ammersee mit Wasserspringen. Heute tritt sie auf der ganzen Welt in Wettkämpfen an und springt von Felsen und Türmen aus bis zu 20 Metern Höhe. Dabei gilt: Wer die Jury mit dem schönsten Sprung überzeugt, gewinnt. Wir haben mit Iris über die Freude und Gefahren gesprochen, sich kunstvoll in den Abgrund zu stürzen.

PULS: Iris, kannst du das Gefühl beschreiben, wenn du in 20 Metern Höhe vor dem Abgrund stehst?

Iris: Naja, es ist ein mulmiges Gefühl. Ich habe schon Angst, aber natürlich auch Freude daran, mich da runterzustürzen, besonders, wenn ich direkt vom Felsen springen kann. Das ist ja nicht bei allen Wettkämpfen so. Ich glaube, man muss es selber erlebt haben. Es ist schwierig, das in Worte zu fassen. Wenn ich den Felsen unter den Füßen spüre und die Aufregung steigt, ich sehe das Meer und freue mich schon, da rein zu springen. Man fühlt sich verbunden mit der Natur.

Und dieser letzte Moment vor dem Absprung, was passiert da in dir drin?

Ich stelle mir den Sprung genau vor, den ich machen werde. Oft auch aus verschiedenen Perspektiven: Neben meiner persönlichen Perspektive manchmal zum Beispiel auch aus der Seitenansicht. Ich gehe auch gerne noch mal in Vorübungen die Bewegungen durch. Dann stelle ich mich an die Kante, konzentriere mich, gebe das Zeichen für die Sprungrichter, dass ich bereit bin, und schaue nochmal runter zu den Sicherheitstauchern, ob die alle am richtigen Platz sind. Zum Schluss atme ich nochmal tief durch, sage mir meinen Motivationsspruch, schnippe dreimal und dann geht's los.

Was ist dein Motivationsspruch?

Für alles bin ich stark, durch den, der mir Kraft verleiht.

Und wer ist das? Wer verleiht dir Kraft?

Gott.

Und mit diesem Gedanken bist du dann auf dem Weg nach unten. Wie taucht man denn aus 20 Metern ins Wasser ein?

Das muss man sich ein bisschen so vorstellen, als würde man mit 75 Stundenkilometern in die Garage reinfahren und dann nach drei Metern stehen bleiben. Das Wasser bremst einen ab, da kann man gar nichts machen.

Klippenspringen ist ja nicht ungefährlich. Warst du schon mal in einer richtig gefährlichen Situation?

Iris Schmidbauer

Eine lebensbedrohliche Situation habe ich noch nicht erlebt, aber natürlich bin ich schon mal gecrasht. Bei einem meiner ersten hohen Sprünge bin ich auf die Brust gefallen und war kurz bewusstlos. Da wurde ich zum Glück gleich rausgefischt und es ging mir schnell wieder gut.

Und vor zwei Jahren bin ich aus 20 Metern auf den Rücken gefallen. Ich kann mich noch erinnern, wie ich gesunken bin im Wasser, nach oben geschaut habe und ganz verwundert war, dass ich noch bei Bewusstsein bin. Ich dachte, ich wache im Krankenhaus wieder auf.

Aber auch das ist gut ausgegangen?

Ja, da hatte ich auch Glück: Ich habe mich nicht großartig verletzt, sondern hatte nur ein leichtes Schleudertrauma im Nacken, habe ein bisschen Blut gehustet und mein Rücken sah ziemlich schlimm aus. Ein bisschen aufgeplatzt und ganz blau.

Was würdest du uns Normalos denn empfehlen, wenn wir uns im Freibad mal wieder auf den höchsten Turm trauen?

Ganz wichtig ist, dass man sich langsam rantastet: also erstmal vom Beckenrand springen, dann von einem, drei und dann von fünf Metern. Und erst wenn das richtig gut klappt, kann man noch höher gehen. Wichtig ist natürlich Körperspannung. Und wenn man gerade Angst hat, sollte man sich die ganze Situation genau vorstellen: Ich gehe an den Rand, ich spüre die Angst, weiß aber gleichzeitig, ich kann das machen. Deshalb habe ich ja die ganze Vorbereitung gemacht. Und dann einfach bis drei zählen, springen und in das eigene Können vertrauen.

Sendung: PULS am 09.07.2019, ab 10 Uhr