Nachhaltige Mode Wie Mode in Zukunft umweltfreundlicher werden will
Der Ruf nach mehr Umweltbewusstsein macht auch vor der Modewelt nicht halt. Auf der Neonyt-Messe in Berlin zeigen die Hersteller, wie sie in Zukunft weniger Ressourcen verschwenden wollen. Wir verraten euch die wichtigsten Trends.
Vergangene Woche fand in Berlin die Neonyt statt, eine Messe für nachhaltige Mode. Zu sehen gab es dort neue Herstellungsmöglichkeiten von Kleidung, die in Zukunft Umwelt und Ressourcen schonen und noch mehr auf die Wünsche der Kunden eingehen sollen. Wir sagen euch, was die wichtigsten Trends sind und ob unsere Kleidung bald wirklich viel umweltfreundlicher ist.
Trend 1: Avatar statt Umkleide
Langes Anprobieren in der Umkleide oder Zurückschicken von Online-Ware könnte demnächst der Vergangenheit angehören. Wer online shoppt, kann sich schon bald ein 3D-Modell des eigenen Körpers erstellen lassen: mithilfe einer Scan-Software oder einfach durch die Maße, die mit dem guten alten Maßband gemessen werden. Die Software errechnet mit den Daten dann einen Avatar, der das Kleidungsstück digital für uns anprobiert. Die Modeunternehmen hoffen, dass die Kunden die Kleidung dann länger tragen, weil sie ihnen besser passt. Größen wie S, M, L könnten damit überflüssig werden.
Trotzdem soll die Kleidung bezahlbar bleiben, weil die quasi maßgeschneiderte Kleidung automatisiert hergestellt werden kann und Kosten für die Produktion von großen Mengen in Standardgröße wegfallen. "Massenware aus Asien wird trotzdem weiterhin günstiger sein", sagt Iulian Boia von der Firma Gemini, welche die Software zur digitalen Anprobe europaweit anbietet. In Deutschland gibt es laut Boia bereits drei Kooperationspartner. Der erste wird den Service ab September von Baden-Württemberg aus anbieten.
Trend 2: Weniger Müll durch Mode on demand
Nicht verkaufte Ware aus alten Kollektionen landet bei herkömmlichen Modeherstellern oft auf dem Müll, weil die Lagerung von unverkauften Produkten teuer ist. Wird ein Kleidungsstück aber erst dann hergestellt, wenn wir es kostenpflichtig im Internet bestellen, fällt diese Lagerung weg. Hunderte T-Shirts vorzuproduzieren bedeutet für das Unternehmen eine Investition, die sich nicht auszahlt, wenn das meiste davon am Ende nur im Lager rumliegt.
Mode on demand kann deshalb nicht nur Ressourcen schonen, sondern auch Kosten für das Unternehmen senken. In der Modebranche rechnet man damit, dass solche Produktionssysteme sich innerhalb der nächsten fünf Jahre verbreiten. Wenn sich das Angebot für kleinere Unternehmen und Mode Start-Ups auszahlt, würden auch die Marktführer mit der neuen Technik arbeiten, vermutet Iulian Boia.
Trend 3: CO² sparen mit Microfactories
Der Transport von Textilien ist aufwendig: Die Baumwolle wird vom Feld zur Weberei gebracht, von dort weiter zur Färberei und dann an den Ort der Herstellung. Anschließend kommt das fertige Kleidungsstück in ein Lager, von wo aus Geschäfte oder Kunden beliefert werden. Nicht selten reist unser Pullover auf diese Weise um die halbe Welt. Durch das Prinzip der Microfactories könnte ein Großteil dieser Transportwege in Zukunft vermieden werden. Die 'Minifabriken' sollen eine Komplettlösung bieten: Das heißt, die Kleidungsstücke können am selben Ort designt, die Stoffbahnen bedruckt, zugeschnitten und die einzelnen Teile vernäht werden.
Auf einer Fläche von 100 Quadratmetern können so täglich bis zu 200 Kleidungsstücke entstehen. Das macht das System vor allem für kleinere Modelabels interessant, weil sie eine lukrative Alternative zur Textilproduktion in Billiglohnländern bietet. Die Microfactories arbeiten mit einem Programm, das eine automatisierte Schnittplanung der einzelnen Teile eines Kleidungsstückes ermöglicht. Dadurch kann ein Teil der 15 Prozent anfallenden Textilabfälle durch Verschnitt vermieden werden. Bei ungefähr 400 Milliarden Quadratmeter Textilien, die weltweit jährlich verarbeitet werden, betrifft das bis zu 20 Milliarden Quadratmeter Stoffverschnitt.
PULS am 10.07.2019 ab 15 Uhr