Plattenkritik Damon Albarn - Everyday Robots
Nach 25 Jahren im Musikgeschäft veröffentlicht Damon Albarn sein erstes Soloalbum, "Everyday Robots". Hier sind fünf Gründe, warum der Chef von Blur und Gorillaz auch mit 46 Jahren immer noch relevant ist.
Im Alter von 46 Jahren war Paul McCartney seit 19 Jahren nicht mehr bei den Beatles. Sid Vicious wurde nicht mal annähernd halb so alt wie 46. Und Noel Gallagher nimmt mit 46 erwartbaren Papa-Rock für Nostalgiker auf. Mit 46 Jahren gilt man in der Pop-Industrie gemeinhin als alter Sack, der der Jugend nichts mehr zu sagen hat. Dass es von allen Regeln eine Ausnahme gibt, beweist Damon Albarn. Am 25. April veröffentlicht der Kopf von Blur und den Gorillaz sein erstes Soloalbum "Everyday Robots". Hier sind fünf Gründe, warum Damon Albarn noch längst nicht zum alten Eisen gehört.
1. Weil er auch nur ein Mensch ist - und das endlich zeigt
Anders als der Albumtitel "Everyday Robots" vermuten lässt, handelt Damon Albarns erstes Soloalbum vom Menschen - vom Menschen Damon Albarn. Er, der sich gern hinter Pseudonymen wie Dan Abnormal oder der Cartoon-Figur 2D versteckt, lässt auf einmal tief blicken. Er, der in Interviews mauert, sobald es um sein Privatleben geht, berichtet jetzt von seiner Kindheit im Osten Londons. Albarn sampelt das Geräusch eines Zuges, der seinen Heimatort Leytonstone verlässt, geht mit dem Mikro über seinen alten Schulhof und lädt sogar eine Chorgruppe zum Gastauftritt. Er ist eben doch keine Kunstfigur.
2. Weil er es sich nicht leicht macht
Seit fünf Jahren spielt Damon Albarn wieder Konzerte mit seiner alten Band Blur. Fans und Kritiker sind begeistert und mit einer neuen Blur-Platte hätte Albarn einen sicheren Millionenseller in der Tasche. Interessiert ihn aber alles nicht. Lieber inszeniert er chinesische Opern und nimmt Soundtracks zu Filmen auf, die sich keiner ansieht. Trotz aller Versuchungen wählt Damon Albarn immer noch den steinigen Weg.
3. Weil er es auch uns nicht leicht macht
Die Veröffentlichung seiner Soloplatte kündigte Damon Albarn mit einem protzigen Video an, das seine Karriere zusammenfasst: Da wird zu Blurs "Girls & Boys" getanzt, zu "Song 2" gesprungen und zu "Clint Eastwood" von den Gorillaz gegroovt. Die Welt war bereit für Albarns großen Pop-Wurf. Aber nix da. Am Ende des Videos sitzt er allein am Klavier. Genau so klingt "Everyday Robots" dann auch: ein paar vertrackte Beats hier, ein paar Loops und obskure Samples da - aber meistens hört man nur einen nachdenklichen Damon und sein Klavier. Geht leicht ins Ohr, ist aber das Gegenteil von Easy Listening.
4. Weil die Kunst immer Vorrang hat
Für Damon Albarn kommt die Musik an erster Stelle. Auf dem Cover zu "Everyday Robots" sitzt er demütig auf einem Hocker. Die vielen Platten, die er mit afrikanischen Musikern aufgenommen hat, gehen vor allem deswegen am Käufer vorbei, weil kein fetter "Mit Damon Albarn"-Sticker darauf pappt. Albarn steht gerne in zweiter Reihe, rückt Menschen ins Scheinwerferlicht, die dort normalerweise nicht stehen. Warum er das tut? Weil er Fan ist. Von Musik, nicht von sich.
5. Weil er unberechenbarer ist als je zuvor
Damon Albarn hat im Lauf seiner Karriere 29 höchst unterschiedliche Alben aufgenommen. Da möchte man meinen, dass es dann auch mal gut ist mit der Abenteuerlust. Das Gegenteil ist der Fall: Neulich sprach er über konkrete Pläne für ein Album mit seinem alten Erzfeind Noel Gallagher. Auch wäre er laut eigener Aussage imstande, innerhalb einer Woche eine neue Platte der totgeglaubten Gorillaz zu schreiben, aufzunehmen und zu veröffentlichen. Damon Albarn hat noch lange nicht genug von der Musik. Und wir haben noch lange nicht genug von ihm.