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Lina Burghausen im Interview "Frauen werden im HipHop teilweise immer noch wie Einhörner behandelt"

Es gibt keine Frauen, die rappen? Lina Burghausen aka Mona Lina setzt sich schon lange gegen dieses Klischee in der Szene ein. Warum dafür ein female-only HipHop-Label nötig ist, erklärt sie im Interview.

Von: Miriam Fendt

Stand: 19.02.2020

Pressefoto von Lina Burghausen 2020 | Bild: Vanessa Seifert

Mit ihrem Blog 365 Female MCs hat die Promoterin, Bloggerin und DJ Lina Burghausen gezeigt, wie vielseitig, inspirierend und innovativ Rap von Frauen* ist. Ein Jahr lang hat sie jeden Tag eine Rapperin vorgestellt und für dieses Projekt auch den International Music Journalism Award gewonnen. Ihr Ziel, Frauen* im HipHop stark zu machen und damit auch jede Ausrede von zu wenig Rapperinnen* zu entkräften, ist auch zentrale Aufgabe des Labels 365XX, einem neuen Sub-Label von [PIAS] Recordings, mit dem sie als A&R-Managerin an den Start geht.

* Lina Burghausen schließt in ihrem Label auf trans Frauen und non-binäre Mernschen nicht aus und benutzt deswegen die Formulierung "Frauen*", die wir für diesen Artikel übernehmen.

PULS: Lina, wie ist es zum Label 365XX gekommen?

Lina Burghausen: [PIAS] ist kurz vor dem Reeperbahn Festival auf mich zugekommen. Dort habe ich für meinen Blog 365 Female MCs den International Music Journalism Award für die beste musikjournalistische Arbeit unter 30 bekommen, was sehr schön war. [PIAS] meinte dann, dass sie das Projekt schon länger verfolgt haben und große Fans von der Playlist und der ganzen Blog-Reihe sind. Für sie war es naheliegend, was Gemeinsames zu starten. Und weil ich schon länger darüber nachgedacht hatte, wie ich das ganze Thema Frauenförderung und Gender Equality im HipHop weiterverfolgen kann, hat das für mich gut gepasst. Daher waren wir sofort auf einer Ebene und haben dann das Label gestartet.

Was ist das Konzept des Labels?

Das Konzept ist Talent zu pushen, zu fördern und zu zeigen, wie vielseitig und großartig Frauen im HipHop sind. Es geht darum, sie auf ihrem Weg zu unterstützen, damit sie das zeigen können, was sie am besten können. Nämlich dope sein und dope rappen!

Was macht 365XX anders als andere Labels?

Was ich immer wieder von Rapperinnen* höre, ist, dass sie nicht auf dieselbe Weise gefördert werden, wie ihre männlichen Kollegen - und dass es oft der Fall ist, dass sich Frauen* bei Labels oder Booking-Agenturen vorstellen und es dann heißt: "Ja, du bist toll, aber wir haben für dieses Jahr schon eine Frau." Frauen* werden da teilweise immer noch wie Einhörner behandelt. Wir können ihnen eine Umgebung bieten, wo es wirklich nur um sie geht, wo sie den Vorrang haben, wo wir gemeinsam bei allen offenen Fragen am Start sind und wo es eine Priorität gibt.

Wenn jetzt jemand sagen würde, dass es auch Diskriminierung ist, ein Label zu gründen, wo nur female Artists stattfinden - was wäre deine Reaktion?

Es ist für mich nicht die Antwort auf alle Fragen, dass wir extra separierte Räume für Frauen schaffen, damit sie Erfolg haben und gesehen werden. Für mich ist das ein Schritt in die Richtung, dass wir irgendwann nicht mehr über Gender reden müssen. Aber es ist offenbar ein notwendiger Weg, weil Frauen* und nicht binäre Personen in den aktuellen Strukturen zu wenig mitgedacht werden.

#thenewnormal beim Primavera, die Keychange-Initiative und 50/50-Booking beim Puls Open Air: Es gibt immer mehr Festivals, die auf ein gleichberechtigtes Booking achten. Wie schafft man den Spagat zwischen nachhaltigem Support und Booking für die Quote?

Ich glaube, dass Booking für die Quote ein Märchen ist, weil das ja impliziert, dass Frauen* per se schlechtere Musik machen. Und auch, dass es zu wenig Frauen* gibt, die man buchen könnte - im Verhältnis zu den vielen großartigen Männern. Beides stimmt einfach nicht! Man muss vielleicht aktiver nach Frauen suchen. Aber ich finde, man kann da nur gewinnen. Wenn man sich nicht völlig verschließt vor qualitativ hochwertiger Musik, kommt man eigentlich gar nicht mehr daran vorbei, Frauen wie Männer zu buchen. Für mich sind das echt Bequemlichkeitsausreden und es hat mit Angst vor einer sich verändernden Welt zu tun. Ich kann jede Bookerin und jeden Booker nur ermutigen, auf die Suche nach tollen Talenten zu gehen.

Es gibt in dem Zusammenhang viele lose und unbegründete Annahmen. Eine davon war ja auch Ausgangspunkt für dein Projekt 365 Female MCs. Magst du nochmal erzählen, wie du genau dazu gekommen bist?

Im Prinzip beginnt die Geschichte fast schon mit meiner eigenen HipHop-Sozialisation. Ich bin seit ungefähr 20 Jahren, also wirklich seit dem Grundschulalter, HipHop-Fan. Diese Diskussion, dass es angeblich keine Frauen im HipHop oder Rap gibt oder dass sie da nichts verloren haben, habe ich schon wahnsinnig oft geführt. Das macht einen natürlich mit der Zeit mürbe und auch ein Stück weit wütend. Und so saß ich vor eineinhalb Jahren in Hamburg beim Reeperbahn Festival im Publikum, als Niko Hüls von der Backspin Fler interviewt hat. Fler hat einen Kommentar über den Mangel an Frauen im deutschen Rap abgegeben. Da ging es darum, dass Frauen im Deutschrap nicht erfolgreich seien, weil sie nicht über Sex reden könnten. Ich hielt das für groben Unfug, hab mir ein Mikro geschnappt und dem widersprochen. Dafür habe ich dann ziemlich viel negatives Feedback, vor allem in den YouTube-Kommentaren des Mitschnitts bekommen.

Deswegen habe ich dann lange überlegt, wie ich reagieren könnte. Schreibe ich jetzt wieder einen Kommentar über Sexismus im Deutschrap? Ne! Ich kenne so viele Rapperinnen*, die ich krass finde. Ich gebe den Leuten einfach 365 Gründe, warum das Blödsinn ist und dass es ein Genre wie female rap nicht gibt, weil Frauen* sich auf wahnsinnig innovative Weise der Kultur HipHop annehmen und daraus ihr eigenes Ding machen. Daraus ist dann in einer Nacht- und Nebelaktion das Projekt 365 Female MCs entstanden. Das Projekt geht jetzt auch weiter, wir machen gerade eine eigene Website dafür und ein kleines Online-Magazin. Dazu wird es auch eine Crowd-Funding-Aktion geben. Inzwischen habe ich eine Datenbank mit 1500 Rapperinnen*, die ich großartig finde und die alle noch vorgestellt werden müssen.

Einen kleinen Einblick gibt es hier: Lina Burghausens 10 aktuelle Lieblings-Rapperinnen*

Maura (Berlin)

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Maura Souloud - Oversized | Bild: Peanut Butter Beats (via YouTube)

Maura Souloud - Oversized

Action Ahrens (Halle)

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ACTION AHRENS - SPRIT IM BLUT 💦(prod. Bonnie&Quack) | Bild: Ahrens Entertainment (via YouTube)

ACTION AHRENS - SPRIT IM BLUT 💦(prod. Bonnie&Quack)

Hunney Pimp (Wien)

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Hunney Pimp - Dahi (prod. Melonoid, 08 & Aloof Slangin) [Final Chapter 4] | Bild: Hunney Pimp (via YouTube)

Hunney Pimp - Dahi (prod. Melonoid, 08 & Aloof Slangin) [Final Chapter 4]

 Ket (Köln)

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Ket - Es geht mir gut | Bild: hiphopkiosk (via YouTube)

Ket - Es geht mir gut

Mimi (Mainz)

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Mimi -  Salvador Dali (Prod. Ali Whales // b&dbbb) | Bild: Helga und Gabi (via YouTube)

Mimi - Salvador Dali (Prod. Ali Whales // b&dbbb)

Rapsody (USA)

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Rapsody - Ibtihaj ft. D'Angelo, GZA | Bild: RapsodyVEVO (via YouTube)

Rapsody - Ibtihaj ft. D'Angelo, GZA

alyona alyona (Ukraine)

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alyona alyona - Дикі танці | Bild: alyona alyona (via YouTube)

alyona alyona - Дикі танці

Myra (Norwegen)

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Myra – Stylist | Bild: Myra (via YouTube)

Myra – Stylist

Gloria Boateng (Belgien)

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Gloria Boateng - Kumasi | Bild: Gloria Boateng (via YouTube)

Gloria Boateng - Kumasi

Little Simz (UK)

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Little Simz - 101 FM (Official Video) | Bild: Little Simz (via YouTube)

Little Simz - 101 FM (Official Video)

Sendung: Plattenbau am 19.02.2020 - ab 19.00 Uhr