Interview mit Yemi Alade "Ich bin Afrika und Afrika ist ich"

Sie ist der afrikanische Superstar: Yemi Alade. Im Interview spricht sie über Feminismus im nigerianischen Musikbiz und erklärt, warum es wichtig ist, sich als Afrikanerin auch flashy und protzig zu zeigen.

Von: Malcolm Ohanwe

Stand: 05.04.2018 | Archiv

yemi alade | Bild: yemi alade

Yemi Alade gilt aktuell als der erfolgreichste weibliche Popstar Afrikas: Ihre Videos werden auf YouTube millionenfach geklickt, sie hat zwei Mal den "MTV Africa Award for Best Female" in Folge gewonnen und kollaboriert mit internationalen Superstars wie Steve Aoki oder Jennifer Hudson. Mit ihrer kommenden Europa-Tour versucht sie jetzt, westafrikanische Musik endlich auch hierzulande populär zu machen.

PULS: Dein Hit "Johnny" spielt mit altbekannten Rollenklischees: Der Stereotyp vom Mann als fremdgehender Weiberheld und der Frau als eine seiner Affären. Ist es nicht problematisch, diese Klischees so offensiv zu verwenden?

Yemi Alade: Ist das Leben nicht tatsächlich so? Ich glaube nicht, dass das ein Stereotyp ist. Das ist einfach das Leben. Natürlich gibt es auch sehr viele Frauen, die fremdgehen, genau wie Johnny, die auch promiskuitiv sind und viele Männer gleichzeitig haben. Ich nenne sie "Joannas". Vielleicht sollte ich mal ein Video darüber machen, um den Spieß umzudrehen. Das wäre ein geiles Konzept für die Zukunft.

Du hast dich ja klar als Feministin positioniert, als Du sogar Präsident Buhari bei den MTV Awards für seine sexistischen Kommentare kritisiert hast...

Nein! Ich habe unseren Präsident nicht gedisst (lacht), ich möchte nicht ins Gefängnis! Als Buhari in Deutschland war, hat er auf einer Pressekonferenz gesagt, dass seine Ehefrau keine politische Expertise habe. Sie gehöre in die Küche, ins Wohnzimmer und ins Schlafzimmer – und damit war ich nicht einverstanden. Ich glaube fest daran, dass Frauen über ihre Position als Küchenhilfe hinweg sind. Die Küche ist für jeden und hat überhaupt nichts Weibliches. Dieser Stereotyp ist so alt.

Der Musikvideo-Regisseur Clarence Peters hat über dich gesagt, dass du die am härtesten arbeitende Person im Showgeschäft bist. Allerdings mit den Worten: "Yemi arbeitet so hart, sie ist kein Mädchen – sie ist praktisch ein Junge". Er hat das als Kompliment gemeint, aber stört dich so ein Aussage nicht?

Ich bin ja offensichtlich kein Mann. Aber ich würde schon sagen, dass man, um sich in einer von Männer dominierten Szene durchzusetzen, hin und wieder die schönen Krönchen und Kleidchen zu Hause lassen und Große-Jungen-Hosen anziehen muss. Und das mache ich tatsächlich. Also: wenn du denkst, ich wäre ein Junge, dann geh ich noch einen Schritt weiter und nenne mich "King of Queens".

Dein Album "Mama Africa" beansprucht für sich, einen ganzen Kontinent zu repräsentieren. Ist das nicht etwas schwierig? Viele Afrikaner*Innen versuchen ja den Leuten klar zu machen, dass sie eben keine homogene Masse sind, sondern es verschiedene Länder und Kulturen innerhalb des Kontinents gibt?

"Mama Afrika" ist natürlich Afrika selbst. Aber ich finde jeglicher Afrika-Bezug ist für die Leute eine riesige Ehre. Als Nigerianerin kann ich egal welchen Ort auf der Welt repräsentieren – und ich kann auch immer einen gewissen Teil von Menschen repräsentieren, egal ob in Amerika, Europa oder eben Afrika. Solange es um Musik und Kultur geht, ist Hautfarbe egal. Jeder hat seinen eigenen Twist zu dem Titel "Mama Afrika" und jetzt bin ich dran. Ich bin eine sehr stolze Afrikanerin. Und mir ist die Kritik da egal, ich sehe das so: Ich bin Afrika und Afrika ist ich.

Als eine solch erfolgreiche, stolze Frau – warum singst du dann darüber, dass dir ein Typ einen "Ferrari" kaufen soll, wenn er dich liebt?

Das ist doch nur ein Teaser. Heute kauft er mir einen Ferrari und morgen kaufe ich ihm einen Privatjet.

Du gibst dich ohnehin als sehr prunkvoll und flashy – nicht wie sich manch einer einen afrikanischen Musiker vorstellt, also erdig, mit einem minimalistischen Singer-Songwriter-Look und Bongos. Du trägst zwar traditionelle Muster, aber auf eine sehr extravagante Art und Weise. Brichst du absichtlich mit dem Klischee?

Ja, das spielt auch mit rein. Es ist immer gut, einen Gegenentwurf zu dem Bild zu bieten, das einige Leute von meinem Kontinent haben. Es muss nicht jeder unserer Musiker zerfressen von Leid und Sozialkritik sein, man muss auch Spaß und Glamour repräsentieren. Das ist jetzt nicht die Hauptmotivation hinter meinem Style – ich bin wie ich bin – aber ich denke unterbewusst ist es schon cool zu zeigen, dass ich es ziemlich geil finde, hier in Lagos. Ich genieße mein Leben und kann mir schöne Dinge kaufen. Es gibt hier so schöne Plätze und Menschen – ich würde mich niergendwo anders wohler fühlen.

Sendung: Plattenbau am 9. April 2018 - ab 19 Uhr.