Kommentar zu Nicki Minaj vs. Cardi B Wenn Dissen nur noch Marketing ist

Immer, wenn Cardi B auf Instagram aufgeregt in ihr Handy spricht oder einen längeren Text verfasst, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es um Nicki Minaj geht.

Die beiden geben sich nicht viel, auch Nicki Minaj teilt extrem gerne aus. Ganz nebenbei promotet sie noch ein bisschen ihre neue Single – man ahnt, worum es hier eigentlich geht.

We can...

Get on live & have the convo for the world to see.

Do a lie detector test TOGETHER

Do an interview on #QueenRadio 😅

*** ORRR we can both sit in a room together, hear a beat for the first time, and have ourselves FILMED WRITING TO IT!!!!!! #DipVIDEO OUT NOW 👅

— QUEEN (@NICKIMINAJ) 30. Oktober 2018

Es ist schwierig den Ursprung des Beefs zwischen den beiden HipHop-Ladies auszumachen. Fakt ist aber: Der Streit gipfelte Anfang September darin, dass Cardi B auf der New York Fashion Week einen Schuh nach Nicki Minaj geworfen hat - anschließender Brawl mit zerrissenen Kleidern und Beulen inklusive. Beide haben sich schon vorher regelmäßig bei Auftritten und in den sozialen Medien gedisst, angeblich sogar andere Künstler davon abgehalten, mit der jeweils anderen zu arbeiten. Die eine redet schlecht über die andere, es wird reagiert und zack: Nicki Minaj und Cardi B sind in den Schlagzeilen und damit auch in den Köpfen der Leute.

"Sis, we cool!"

Soviel vorweg: Die beiden mögen sich wahrscheinlich wirklich nicht besonders. Aber so richtig real ist dieser Beef nicht.

"Alles cool" ist ganz oft das Credo der beiden, wenn sie auf den Streit angesprochen werden. Cardi B hat sogar während der Promophase ihres Albums gesagt, dass auch die Fans ein bisschen daran schuld sind, dass dieser Streit immer weiter geht. Sie interpretieren Dinge in Songzeilen rein, die so nicht gemeint waren. Vielleicht liegt das aber auch einfach daran, dass die beiden genug Stoff zur Spekulation geben - oder sich eben kurz darauf mit Schuhen beschmeissen.

Ganz ehrlich: Das alles klingt nach einem ganz billigen Promo-Move. Wenn der Streit zu stressig wird, dementieren sie ihn einfach und erscheinen zusammen in Songs. Sobald sie mal ein paar Wochen nicht in den Medien sind, werden aber schnell wieder ein paar Diss-Tweets und -Stories rausgehauen und schon werden wieder gefühlt tausend Artikel über Nicki und Cardi geschrieben. Das ist kein richtiger Beef. Das ist Marketing.

Wo bleiben die Disstracks?

Stichwort Realness: Dissen und Battlen war schon immer fester Bestandteil der Hip-Hop-Kultur. Jeder kannte den legendären Beef zwischen Notorious B.I.G. und 2Pac, Eastcoast vs. Westcoast. Oder Ice Cube gegen seine ehemalige Gruppe N.W.A. LL Cool J vs. Canibus. 50 Cent vs. Ja Rule. Und, ganz groß, Jay Z vs. Nas...

Da wurde sich aber vor allem in Disstracks niedergemäht. Das hat Kreativität gebraucht und den Willen, den anderen in dem zu schlagen, was beide am vermeintlich besten können: Rappen. Kanye West und 50 Cent haben das sogar so weit getrieben, dass sie ihre Alben am selben Tag releast haben, um zu sehen, wer mehr verkauft. In Deutschland gibt es nicht wenige, die behaupten, dass Kool Savas die Karriere von Eko Fresh mit nur einem Song beendet hat.

Bei Nicki vs. Cardi fehlt aber genau das: Disstracks. Jede der beiden hackt gerne böse Dinge in die Tasten oder plärrt irgendwas in die Kamera ihres Smartphones - mehr aber nicht.

Wir wollen Musik, keine Insta-Stories

Hätten die beiden Raperinnen wirklich Beef miteinander, würden sie sich auch in ihren Songs dissen. Nicht ohne Grund gibt es Battlerap. Echte Disstracks sind die Königsklasse der Unterhaltung, das ist wie Klatschzeitschriften lesen, nur im Audio-Format. Mal eben auf Instagram abhaten hat ungefähr eine Halbwärtszeit von 20 Minuten. Echte Disstracks können dagegen für immer bleiben.

Also, bitte: Hebt euren Beef endlich auf ein künstlerisches Level, von dem auch wir Fans etwas haben. Danach könnt ihr so viele Schuhe schmeissen, wie ihr wollt.

Sendung: Plattenbau, 30.10.2018 - ab 19.00 Uhr