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Vorgestellt // Romare Sound aus vielen Puzzleteilen

Der britische Produzent Romare sampelt sich durch die Kulturen und Jahrzehnte, als hätte er ein Wurmloch aufgetan. Sein Debütalbum "Projections" ist ein riesiges Sound-Puzzle. Wir erklären es Stück für Stück.

Von: Katja Engelhardt

Stand: 18.02.2015 | Archiv

Das Romare-Puzzle | Bild: Chris J. Rhodes/Montage: BR

Archie Fairhurst a.k.a. Romare gilt noch als Geheimtipp. Noch! Der Kerl bastelt Songs, die eigentlich riesige Soundcollagen sind und aus vielen kleinen historischen Audioschnipseln bestehen: ein Gesprächsfetzen der legendären Nina Simone, ein bisschen Gesang von Underdog Snooks Eaglin - in Romares Händen fließen Mitschnitte und Field Recordings mit eigenen Instrumentierungen zusammen und formen sich homogen zur Debütplatte "Projections". Wir zerlegen das Soundpuzzle in seine Einzelteile und setzen es mit euch wieder zusammen.


Archie Fairhurst ist in England geboren, aber in den tropischen Gebieten Asiens aufgewachsen. Also gar nicht verwunderlich, dass er als weißer Engländer mit afroamerikanischer Musik arbeitet: "Skin colour shouldn't have anything to do with what you want to do with music. I'd like to make any kind of connection."



Romare sampelt nicht nur Versatzstücke von anderen Musikern, er war auch in verschiedenen Bands Schlagzeuger, spielt Bass, elektrische Gitarre und singt. Sampling ist für ihn ein Weg, das Konzept einer Band unendlich zu erweitern. Sein Sound erinnert am ehesten an DJ Shadow.


Der britische Produzent hat sich nach dem Künstler Romare Bearden benannt. In den 60ern hat der sich vor allem auf Collagen konzentriert. Die Ausstellung, die Archie Fairhurst am meisten fasziniert hat, heißt "Projections". Nach der ist auch sein Debütalbum benannt, fertiggestellt fast genau 50 Jahre nach der Ausstellung.



Was nicht passt, wird passend gesampelt: Romare arbeitet mit Turntables auf seiner rechten Seite und mit einem Syntheziser auf der linken. Die Turntables spielen die Samples im Original ab, mit dem Syntheziser werden sie verändert. Hinter ihm steht seine Gitarre, mit der komponiert er.




Damit es keinen rechtlichen Stress gibt, sampelt Romare eher seltene Fundstücke oder verändert Audiomitschnitte in Geschwindigkeit und Melodie. Für das Album "Projections" hat er nur drei Samples klären müssen, von Aretha Franklin, Nina Simone und Snooks Eaglin.



Der Sound von Romare ist ein Geflecht aus verdammt vielen Genres: am eindeutigsten Folk, Jazz und Blues. Die Leidenschaft dafür hat er von seinem Vater. Der sammelt Platten aus allen Ecken der Welt. So hat Romare die afroamerikanischen Stimmen, die er so liebt, kennen gelernt.




Für seine Songs versucht Romare möglichst seltene Audiofundstücke aufzutreiben. Das sind zum Beispiel Schallplatten, die nicht mehr gepresst werden, oder Field Recordings, die es eben nur einmal gibt. Romare sucht das Limitierte.



Romare hat ein Herz für die Underdogs der Musikgeschichte, die sehr einflussreich waren, aber nie bekannt wurden, zum Beispiel Snooks Eaglin. Damit seine Idole auch die Credits bekommen, die sie verdient haben, bildet er sie auf den Covern seiner Platten ab.


Die Songs von Romare haben verschiedene Bedeutungsebenen. Der Song "Motherless Child" auf dem Album "Projections" geht zurück bis in die Jahre der Sklaverei in den USA. Ursprünglich sollte es ein Lied über John Lennon und dessen Beziehung zu seiner Mutter werden. Der Song hat deswegen trotz seiner amerikanischen Geschichte viele europäische Samples in sich.




Wenn man sampelt, benutzt man Ausschnitte aus einem schon bestehenden Song in einem neuen Kontext. Romare liebt das so sehr, dass er auf seinem Album "Projections" ein Zitat aus einer seiner EPs benutzt - und sich quasi selbst sampelt.


Gute Freunde von Romare sind - tatatataaa - die Burschen von Alt-J. Die haben sich bei den PULS-Lieblingsplatten selbstverständlich einen Song von Romare gewünscht. Die Freundschaft passt auch von der Arbeitsweise bestens: Alt-J benutzen fremde Textfragmente, zum Beispiel aus Büchern, Romare benutzt fremde Audiofragmente.




Eine Quelle für Romares Samples sind Musikdokumentationen, die er als Jugendlicher geliebt hat. In dem Albumopener "Nina's Charm" hört man die legendäre Nina Simone mit einem Mitglied ihrer damaligen Band sprechen.

Auf den EPs von Romare durften die Songs zwar noch störrischer und ungeschliffener sein, als auf dem Albumdebüt "Projections", aber mit dem erneuerten Sound könnte dem Geschichtenerzähler der ganz große Wurf gelingen. Immerhin sind die deutschen Charts voller Produzentensongs mit Akustikgitarre und Saxophon. Also schüttelt schon mal die Sofakissen auf und stellt Getränke kalt: Mit dem Album "Projections" ist Romare bereit für eure Wohnzimmer - und wir stehen Spalier.


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