Ruhmeshalle Aretha Franklin - Lady Soul
Who put the soul in Soul Music? Aretha Franklin war es! 1968 wurde mit "Lady Soul" der Grundstein zu einer Karriere gelegt, hinter die man kaum genügend Ausrufezeichen setzen kann.
Lang lebe der König. Und der König ist eine Frau. Eine Frau namens Aretha Franklin – die Queen of Soul. So großspurig kann allerdings nur die Vergangenheit vorausgreifen. Also erst mal alles auf Anfang: Es ist das Jahr 1965 und vom Königinnenstatus ist Aretha Franklin weit entfernt. Sie hat zwar einige Platten auf dem Label Columbia veröffentlicht, dümpelt aber ohne große Hits vor sich hin. Sie singt, was andere ihr vorsetzen, darf sich nicht selbst auf dem Klavier begleiten und ist ganz und gar nicht die Art von Soul-Star, den sich ihre Plattenfirma wünscht.
Neues Label, neuer Sound
Nach sechs Jahren kommt endlich der große Befreiungsschlag. Sie trennt sich von ihrem Ehemann und Manager Ted White und wechselt zu Atlantic Records. War ihre Karriere bisher ein Bummelzug durch beschauliche Vororte, ist sie jetzt ein rasend schneller Expresszug durch die Metropolen dieser Welt. Ihr Produzententeam Jerry Wexler und Arif Mardin liefert genau den musikalischen Rahmen, der Soulmusik neu definieren sollte. Auf "Lady Soul" entladen sich all die angestauten Emotionen in einem Gewitter, das aus allen bisher bekannten Soul-Girlgroups nette Chormädels macht.
Alles, was ihr bisher verwehrt wurde, nimmt sie nun in die Hand. Sie sucht ihre Songs selbst aus, komponiert und holt ihre beiden Schwestern Carolyn und Erma an Bord, die fortan für die Backgroundvocals zuständig sind. Diese Selbstbestimmtheit kennt man von anderen weiblichen, afroamerikanischen Acts bisher nicht. Und so wird Aretha, ohne es groß zu forcieren, zu einer Ikone der Bürgerrechtsbewegung. Eine Bewegung, die einen Schrei braucht und kein verhaltenes Flüstern hinter vorgehaltener Hand.
Nicht nur durch Lautstärke berühren
"Lady Soul" kann aber nicht nur die lauten Töne, auch das Zarte und Zerbrechliche findet seinen Platz – eine weitere Stärke Aretha Franklins: Nicht nur durch Lautstärke zu berühren, sondern auch durch Verletzlichkeit. Nicht den Vorschlaghammer zu benötigen, sondern mit einem Hauchen alles zum Einsturz zu bringen. Musikalisch zu schreien, zu flüstern und Liebeslieder zu erschaffen, von denen man sich insgeheim wünscht, dass sie irgendwann jemand über einen selbst schreibt.
"Lady Soul" wäscht einen einmal komplett durch – das ganze Programm an Gefühlslagen, in die man durch Musik geworfen werden kann. Wenn das Grau also am schwärzesten ist, sollte man "Lady Soul" auflegen, um am Ende zu erkennen: Eigentlich ist alles gar nicht so schlimm und hoffnungslos. Und wenn doch, kann man zumindest gut dazu tanzen.