Tracks der Woche #36/18 OK Kid, Disclosure, Haiyti, Handsome, Elegant Slims
OK Kid sind wieder da und rechnen gleich mal mit der deutschen Pop-Szene ab, Disclosure samplen Frank Sinatra und Haiyti schreibt weiter fleißig Lovesongs.
OK Kid – Lügenhits
Das ist alles nur geklaut! Aus dem Nichts veröffentlichen unsere Lieblings-Gießener ihre neue Single "Lügenhits" – ein bitterböser Rundumschlag gegen die deutsche Popszene: Menschen, Leben, Tanzen, Geld. Dabei zerfetzen OK Kid den Stapel belangloser Pophits in der Luft und flicken dann aus den markantesten Textzeilen ihren eigenen Lügenhit zusammen. "Wo ist Helene, wenn du sie gerade brauchst?", heißt es im Refrain. Aber Helene-Bashing kann ja jeder, deshalb kriegen auch Kollegen wie Marteria eine Schelle mit: "Lila Wolken nie gesehen, die kennst du nur von Purple Haze". Die Message: Sie belügen dich. Ein Tritt gegen das kilometerhoch gestapelte Kartenhaus der deutschen Popindustrie, dessen einlullende Gefühlsduselei als Fake entlarvt wird. Danke, Tim Bendzko, aber das mit dem Weltretten, das überlassen wir ab jetzt dann lieber OK Kid.
Disclosure – Where Angels Fear To Tread
Das britische Produzenten-Duo Disclosure wühlt mit ihrer aktuellen Single weiter durch die Musikgeschichte. Während die letzte Single "Ultimatum" sich noch offensichtlich an moderner afrikanischer Musik bediente, zitiert "Where Angels Fear To Tread" den amerikanischen Swing der 40er-Jahre. Das Sample kommt von Frank Sinatras "Fools Rush In", begleitet wird der Altmeister allerdings von mehrstimmigen Gesängen und einem loungigen Beat. Vergleichsweise unspektakulär aber super eingängig. Übrigens basiert das Original des Songs auf einem Gedicht von Alexander Pope aus dem frühen 18. Jahrhundert. Muss man wissen.
Haiyti – Homezone
Mehr Output als Stephen King: Haiyti haut mal wieder einen Track raus. Und die Queen of Cloud-Rap kann immer noch Lovesongs. Doch nach dem wilden Flug über den "Globus", ihre letzte Single, bleibt sie jetzt lieber Zuhause. "Homezone" ist eine quietschbunte Liebeserklärung ans Zuhausefühlen. Und natürlich an den Menschen, der dafür verantwortlich ist. Awww. Nur in Auto-Tune halt. Ist aber trotzdem deep. Im Video fliegt Haiyti derweil als zugekokste Polly Pocket von Puppenhaus zu Puppenhaus. Da werden Kinderträume war.
Handsome – No Cowards
Dass Australien super talentierte Elektro-Pop-Künstler ausspuckt wie einst Lothar Matthäus seinen Speichel in 120 Minuten Champions-League-Finale – eh klar. Da ist auch Handsome keine Ausnahme. Die Newcomerin aus Sydney überzeugt mit ihrer neusten Single "No Cowards" nicht nur durch die verspielten Beats, einen tanzwütigen Synth-Bass, die eingängige Hook und absolute Stilsicherheit im dazugehörigen Video, sondern auch mit einer guten Message: Geh raus und erlebe die Welt, versuch es wenigstens. Klingt jetzt kitschig, kommt im Song aber viel besser rüber, versprochen.
Elegant Slims – Hemisphere
Ziemlich düster geht es beim Goth-Pop von Elegant Slims zu. Die echte Identität der New Yorker Songwriterin ist dabei genauso mysteriös wie die dazugehörige Musik. Die liegt irgendwo zwischen The Knife und Evanescence. Ja, echt! Atmosphärischer Synthie-Pop trifft Industrial-Vibes und Goth-Attitüde. Irgendwie merkwürdig und doch seltsam süchtig machend. Dazu trägt auch Elegant Slims Stimme bei, die konstant zwischen zuckersüß und supergruselig hin und her pendelt. "Hemisphere" hört man am besten bei Ouja-Board-Abenden mit den Freunden oder beim romantischen Dinner im Freien. Zur Not passt aber auch die knarzende Altbauküche.
Sendung: Freundeskreis vom 03.09.2018 ab 10 Uhr