Im Interview // Roosevelt "Auf dem Album wollte ich weniger frickeln"
Alleine und ohne Album auf die größten Festival-Bühnen Europas - für Roosevelt kein Problem. Warum es nach fünf Jahren trotzdem Zeit war für eine Platte, hat er uns kurz vor seiner Show beim "Primavera Sound" in Barcelona erzählt.
PULS: Auf einer Skala von 1 bis 10 - wie nervös bist du vor einem Festival-Gig?
Roosevelt: Komischerweise bin ich bei größeren Auftritten weniger nervös, weil die Menschen dann eher zu so einer Masse werden und du musst den Leuten nicht mehr ins Gesicht schauen. Bei einer Clubshow kannst du an jedem Gesichtszug erkennen, wie ein Song gerade ankommt und man will jeden überzeugen. Da kann es dann ganz schön nerven, wenn vorne einer auf sein Handy schaut. Auf einem Festival entsteht eine andere Dynamik, man spielt befreiter und man kann man auch nicht davon ausgehen, dass jeder stehen bleibt. Man kann eigentlich nur gewinnen. Der Druck ist viel geringer als bei einer Headliner-Tour.
Am Anfang hast du solo live gespielt, mittlerweile bist du mit Band unterwegs. Nutzt du solche Auftritte auch um zu experimentieren und Sachen auszuprobieren, die dann vielleicht irgendwann zu Songs werden?
Jetzt wo das Album fertig ist, haben die Songs ihre feste Form. Live gibt es ein paar Stellen, die wir anders spielen oder länger ziehen. Es ist immer hilfreich, die Sachen live zu spielen und ein Feedback zu bekommen. Bei mir war es ja nie so, dass ich ein Album fertig hatte und dann meine ersten Gigs gespielt habe. Den Prozess, den andere Bands im Proberaum durchmachen, durchlebte ich ab Minute eins auf relativ großen Bühnen. Was jetzt aber teilweise nicht so ideal war, weil die Leute eben wahnsinnig lang auf das Album warten mussten. Aber ich habe ein Album gemacht, auf das ich wahnsinnig stolz bin und vom dem ich auch weiß, dass die Stücke live funktionieren.
Wann hast du entschieden mit einer Band zu touren? Gab es den Plan schon länger?
Das war gar nicht so wirklich geplant. Für das neue Album habe ich angefangen, am Schlagzeug ganze Takes aufzunehmen und weniger mit Samples und Loops zu arbeiten. Es sollte dann eher ein Band-Album werden, wobei der Computer eher als Mischpult, als Kommando-Zentrale dient. Ich wollte weniger frickeln und an Loops sitzen, sondern eher eine Bandplatte aufnehmen. Deshalb ist das live die einzige logische Umsetzung.
Viele Bands, gerade im elektronische Bereich kommen ja auch ohne Platte aus. Warum wolltest du jetzt dieses Album machen?
Ich wollte von diesem loopbasierten Track-Denken weg und viel mehr Songs schreiben. Das hatte nichts damit zu tun, dass ich mich hingesetzt habe und ein Album machen wollte. Was mich an einem Album so gereizt hat war, dass es nicht in 20 Minuten ein Statement geben muss, sondern man sich mehr Zeit lassen kann. Es gibt Platz für Stücke, die Atmen müssen und die keine Vocals haben. Man kann einfach mehr experimentieren und zum Beispiel ein Stück machen, in dem eine Drum-Machine läuft, mit einer Basslinie darüber. Man muss nicht immer die volle Produktion haben. Deswegen hat es einfach Sinn gemacht, in Richtung Album zu gehen. Das ist ein logischer Schritt.
Du spielst auch bei uns auf dem Puls Open Air als Headliner der Pyramidenbühne. Hast du da vielleicht schon eine Idee wie das aussehen wird, wie der Vibe sein könnte?
Ich hab kurz mit OK Kid darüber geredet und gehört, dass die Location wohl besonders sein soll, irgend so ein Mittelalter-Ding. Ich habe aber noch keine Bilder gesehen und lasse mich da einfach überraschen. Was ich aber am Line-Up witzig fand war, dass fünf oder sechs Bands spielen, mit denen ich schon irgendwie Kontakt hatte. Zum Beispiel spielen Boy da. Dennis und Marcel von Boy waren mal meine Live-Band, einen Sommer lang. Für Kakkmaddafakka habe ich schon einen Remix gemacht. Oracles sind super Freunde von mir, mit Vimes habe ich mir das Studio in Köln geteilt. Auf jeden Fall super viele bekannte Gesichter und es wird, glaube ich, ein Klassentreffen.