Vorgestellt // Savages Kunst-Hybrid oder Besserwiser-Punk?
Mit ihrem Debüt "Silence Yourself" legen die Savages einen Punk-Rohdiamanten vor, politische Haltung inklusive. Plötzlich reden alle von Girl Punk und der Rückkehr der Ernsthaftigkeit. Aber sind die Lorbeeren auch gerechtfertigt?
Schwarz-Weiß-Fotos, Industriechic und triste Gesichter: Die Savages überlassen nichts dem Zufall, wenn's ums Image der Band geht. Die vier Londoner legen aber nicht nur visuell die Radikalität von Bands wie den Ramones oder Joy Division an den Tag. Sie haben auch jede Menge zu sagen.
"Man muss zuerst einmal wissen, wo man steht. Wenn man nicht weiß, ob man in New York oder Miami ist, wie kann man dann wissen, wie man nach Los Angeles kommt? Viele Menschen wissen überhaupt nicht, wo sie im Leben stehen, geschweige denn, wohin sie wollen. Und genau das will ich ändern."
Savages-Frontfrau Jehnny Beth
Große Worte und ein noch größeres Vorhaben! Die Savages-Frontfrau Jehnny Beth blickt einem dabei mit ernster Miene ins Gesicht - so ernst als ginge es um Leben und Tod. Dabei wirkt sie, als hätte sie in jeder Millisekunde Angst etwas Falsches zu sagen.
Mit Manifesten gegen die Informationsflut
Kein Wunder! Savages sind laut eigener Aussage nichts weniger als ein Hybrid aus postmoderner Kunst und Pop. Klingt komplex, verkopft und ein bisschen neurotisch. Allesamt Adjektive, die das Image der Band aus London ziemlich gut beschreiben. Bei ihren Konzerten gibt es beispielsweise aufwendig gestaltete Schilder, mit denen das Publikum dazu aufgefordert wird, die Handys abzuschalten und nicht zu fotografieren. Es kommt also nicht von ungefähr, wenn Kritiker die Savages als humorlose Besserwisser abzustempeln.
"Mir ist es herzlich egal, was andere Leute denken. Ich schreibe niemandem etwas vor. Ich will den Leuten nur einen Denkanstoß geben. Wir bekommen so viel Input heutzutage. Internet, soziale Netzwerke, Handys. Man ist überall erreichbar. Wir wissen gar nicht mehr, was von all dem wichtig ist. Wir müssen erst lernen zu selektieren. Wie kann ich die Musik in mich eindringen lassen, ihre Erotik spüren, wenn ich gleichzeitig versuche, ein gutes Foto mit dem Handy zu machen oder auf Twitter zu posten?"
Jehnny Beth
New Wave trifft Post Punk
Das klingt ein bisschen altklug und auch ihre musikalische Botschaft holen sich die Savages aus längst vergangenen Tagen. Da gibt's eine Menge 70er-Punk-Elemente, ein bisschen New Wave-Flair und einen Schuss gute alte Rockmusik. Oder anders gesagt: Siouxsie and the Banshees treffen auf Joy Division, die Sex Pistols und alles was dazwischen passt.
"Das sind ganz klar meine Einflüsse. Ich kann im Pop nichts Neues mehr schaffen. Das ist ein ambitionierter Ansatz, den nur die wenigsten schaffen, aber warum nicht aus dem, was man kennt, etwas Neues schaffen?"
Jehnny Beth
Frischer Wind im eintönigen Pop-Sumpf
Alter Hut! Alles schon mal dagewesen. Einfach mal den Begriff Postmoderne in die Suchmaschine hacken. Der akademische Ansatz der Savages trägt aber zumindest bei ihrer eigenen Fangemeinde Früchte. Fans posten Jehnny Beths Manifeste im Netz und fordern andere auf, ihre Telefone gefälligst zuhause zu lassen. Ob das für die breite Pop-Masse funktioniert, ist allerdings mehr als fraglich.
Eines steht allerdings fest: "Silence yourself" ist ein frischer Wind, der über den manchmal sehr eintönigen, gleichförmigen Pop-Sumpf bläst. Es ist eben eine richtige Punkplatte, die man sich zum Frust ablassen oder Aufwachen anhören kann. Und live brettern die Mädels ohnehin über die Bühne, wie schon lange niemand mehr.
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Waltraud Meier, Freitag, 03.Mai 2013, 18:23 Uhr
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Auf nach Nürnberg!