Plattenkritik Marteria - Zum Glück in die Zukunft II
Zukunftsdenken ist für Marteria keine Frage des Alters. Der Berliner Rapper ist auf seiner neuen Platte erwachsen geworden - kein Grund, keine guten Songs mehr zu schreiben.
2010: Der bis dahin recht unbekannte Marteria wird über Nacht zum Charterfolg und sein zweites Album "Zum Glück in die Zukunft" zum Pflichtsoundtrack in den Jugendzimmern und Innenstadtwohnungen der Republik. Danach musste man sich mit ein paar Momentaufnahmen abfinden. Sonst war aber eher tote Hose. Wo war Marteria eigentlich die ganze Zeit?
Die Antwort: fast überall. Der Berliner Rapper ist nämlich einmal um den Erdball gereist. Finanziert vom großzügigen Vorschuss seines Labels ist auf chilenischen Flughäfen, in tibetanischen Bussen und schweizer Hotels sein neues Album "Zum Glück in die Zukunft II" entstanden.
"Ich wollte von Anfang an eine Fortsetzung machen - auch wegen dem Film, was ein bisschen bescheuert ist. Aber 'Zurück in die Zukunft 2' ist einfach mein Film: die Hoverboards, die Zukunftsreise - Wahnsinn. Es gab so viele Themen und so viele Songs, die ich damals schon hatte, die ich damals aber noch nicht auf den Punkt gebracht habe."
Marteria im Interview mit PULS
Auf seinem dritten Album lässt er uns ziemlich nah an sich heran. Marteria beäugt kritisch vergangene One Night Stands und seinen Frauenverschleiß - aber auch das Schöne, das daraus hervorgehen kann. "Gleich kommt Louis" ist aus der Perspektive des 24-jährigen Marten geschrieben, der auf den Gängen des Krankenhauses auf- und abläuft, in dem gerade sein Sohn geboren wird. Ein Marteria spricht die Dinge eben aus, wie er sie sieht - und auch wenn das nicht immer weise klingt, beweist es doch: Marteria hat keine Angst vor großen Themen.
Marteria entdeckt die Natur für sich. Trotz allem würde er sie nie gegen die große Stadt eintauschen. Da lebt er immer noch den unsteten Lifestyle eines verstrahlten Berufsmusikers: versoffene Nächte ohne Schlaf, Bars und Clubs - auf all das will er nicht verzichten. Damit gibt er eine Blaupause dafür ab, wie man als Rapper in Würde älter werden kann, ohne dass ihm das Feuer unter dem Hintern ausgeht. Ganz wichtig dabei: Schieß dich nicht jeden Tag ab!
"Manchmal muss man durchs Tal der Tränen gehen, um wahre Größe zu finden. Aber wenn ich das auch noch unter der Woche in meiner Freizeit machen würde, dann wäre ich einfach ein Trottel. Man stumpft einfach ab und wird dümmer und dümmer und rennt mit Sonnenbrille durch die Gegend. Das will man einfach nicht. Ich mag es sehr gerne, mich in ein kleines Boot zu setzen und zu angeln oder Pilze suchen zu gehen im Herbst. Da kann ich mir nichts Schöneres vorstellen."
Marteria im Interview mit PULS
Auch musikalisch ist Marteria zur Ruhe gekommen: weniger Synthie-Bombast, mehr analoge Samples in den Beats seiner Haus-Produzenten The Krauts. Die Zukunft klingt nach minimalen Beats, flackernden Trap-Hi-Hats und der tiefen Stimme von Marteria. Zum Glück.