Tracks der Woche #19/17 Jidenna, Whitney, DJ Shadow feat. Nas, Tove Styrke, Jakob Bruckner
Die Tracks der Woche laufen keinem Trend hinterher: Style auf einem anderen Level, besser als das Original, Vorreiter in ihrem Genre, erfolgreich vor dem Hype.
Jidenna – Bambi
Alleine optisch fällt Rapper Jidenna schon auf: ein perfekt sitzender Anzug im 20er-Jahre-Stil, dazu ein roter Vollbart und eine außerordentlich schicke Friese – eine Mischung aus Schmalzlocke, Sidecut und Cornrows. Und erfreulicherweise kann seine Musik mit seinem Style mithalten. Vor zwei Jahren hat Jidenna mit seiner fast biographischen Hitsingle "Classic Man" auf sich aufmerksam gemacht. Das erste Album musste aber noch warten. Mitte Februar war es dann soweit: "The Chief" – so nennt sich Jidenna gerne selbst – heißt sein Debüt und bewegt sich musikalisch irgendwo zwischen Hip-Hop, Pop, Soul und Afrobeat. Besonders der Single "Bambi" hört man die nigerianischen Wurzeln des Rappers deutlich an. Ein leichtes Glockenspiel und tropisch anmutender Chorgesang geben den Grundton vor. Dazwischen besingt Jidenna – ganz der Gentleman, der er nun mal ist – wehmütig den Verlust seiner großen Liebe, der er den Spitznamen Bambi gegeben hat.
Whitney – You’ve Got a Woman
Wir haben es noch ganz deutlich im Kopf wie uns der Whitney-Sänger im Refrain ihrer Single "No Woman" rührend das Ausmaß seiner Einsamkeit ins Ohr geflüstert hat. Und jetzt: Der Wind hat sich gedreht und die Frau fürs Leben scheint gefunden. Das suggeriert zumindest der ‚Wir-zwei-für-immer-Text‘ ihrer neuen Single "You’ve Got a Woman". Man muss aber dazu sagen, dass der ganze Track ursprünglich von Lion stammt, einer niederländischen Psychedelic-Band aus den 70ern. Whitney ist mit diesem Song ein Cover aus der Kategorie Besser-als-das-Original gelungen. Und das hat gleich mehrere Gründe: Julian Ehrlich, Sänger von Whitney, fühlt sich vor allem in den Höhen wohl und ist damit der ideale Kandidat für dieses Cover. Die Band aus Chicago feiert den Retro-Touch des ursprünglichen Songs und versteht es, den unverkennbaren Vibe zu bewahren. Gleichzeitig verleihen Whitney dem Track aber eine so mühelose Leichtigkeit, dass man ihnen jede Note als ihre eigene abkauft.
DJ Shadow feat. Nas – Systematic
Nas – diese drei Buchstaben stehen seit den frühen 90ern für wortgewandten Oldschool-Hip-Hop. Alleine sein Debütalbum "Illmatic" ist eine absolute Kultplatte. Wenn der New Yorker Rapper also einen neuen Track droppt, dann kann er sich sicher sein, dass alle Augen auf ihn gerichtet sind. Und wenn die Beats dann auch noch von DJ Shadow stammen, einem Vorreiter in Sachen Scratching und Beatjuggling, klingt das extrem nach einem Erfolgsrezept. Und ja, die Rechnung geht auf. Nas hat kein bisschen von seiner Bissigkeit verloren und haut auf "Systematic" eine Ansage nach der anderen raus. Dazu tobt sich DJ Shadow so richtig aus: In den ohnehin genialen Beat baut er diverse, weirde Sounds ein und scratcht gegen Ende des Tracks als wäre es 1995. Man weiß fast nicht, worauf man sich mehr konzentrieren soll. Macht aber nichts, denn hier kommt es aufs Feeling an, wie Nas im Refrain klarmacht: "Close your eyes. Cover your ears. Do not listen. Try to feel what I’m saying."
Tove Styrke – Say My Name
Die orientalisch angehauchte Ukulele zu Beginn von "Say My Name" erinnert kurz an den Überhit "Lean On" von Major Lazor feat. MØ. Und weit hergeholt ist der Vergleich auch sonst nicht, denn da gibt es noch mehr Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Künstlerinnen: Tove Styrke ist auch aus Skandinavien – genauer gesagt aus Schweden – und macht ebenfalls leichten Elektro-Pop. Ein Abklatsch ist die Sängerin trotzdem nicht, denn die Schwedin war schon lange vor dem Hype um ihre Heimat erfolgreich im Geschäft: Ihr erstes Album erschien 2010, mit gerade mal 18 Jahren konnte sie schon ihre ersten Top-Ten-Hits verbuchen. Und diese Erfahrung hört man ihrer neuen Single "Say My Name" an. Ein bedacht aufgebauter Pop-Song, auf dem sich die Sängerin – wie sie selbst sagt – bewusst zurückhält, was laute Gesangsparts betrifft, da so der Song viel besser wirken könne. Einfühlsam wechselt die 24-Jährige die Tonlage und lässt an den richtigen Stellen Platz für die eingängige Melodie.
Jakob Bruckner – So Schön
Seine ruhige Stimme und ein Klavier – viel mehr braucht Jakob Bruckner für sein Liebeslied "So Schön" nicht. Im Gegenteil – genau so funktioniert die Musik des Lehramtsstudenten sogar am besten. Dass der Wahl-Regensburger eine behütete Kindheit hatte, hört man seinen locker-leichten Songs an: Sein Vater ist Leiter der Musikschule in Trostberg und hat ihn auf seinem musikalischen Weg dementsprechend unterstützt. Und sein Bruder ist nicht nur sein Mitbewohner, sondern auch sein Bandkollege. Das einzige, was jungen Musikern ja leider gerne mal fehlt, ist Kohle. Aber da sich der Sänger bereits eine beachtliche Fangemeinde erspielt hat, fand sich auch hier eine Lösung: Für die kommende EP "Berg" haben die beiden Brüder erfolgreich ein kleines Crowdfunding-Projekt gestartet. Beste Voraussetzungen für die Deutschlandtour, die Mitte Mai losgeht.
Sendung: Plus1, Montag 08.05.2017 ab 14 Uhr