Tracks der Woche #17/17 Husten, Left Boy, Mavi Phoenix, London O’Connor, Bishop Briggs
Sie wollen nicht live gespielt werden, lassen sich nicht stressen, kombinieren furchtlos Genres, halten nichts von 0815-Styles und fühlen sich in der ganzen Welt zuhause - die eigensinnigen Tracks der Woche.
Husten – Liebe Kaputt
Was macht man, wenn man Songs schreiben, aber nicht wirklich eine Band gründen will? Naja, so etwas Ähnliches wie eine Band gründen. Indie-Produzent Moses Schneider (Tocotronic, Beatsteaks, AnnenMayKantereit) und der dünne Mann aka Tobias Friedrich haben sich eigentlich zusammengetan, um Songs für die Verfilmung des Romans "Sowas von da" zu schreiben. Jetzt brauchten sie nur noch jemanden, der dem Projekt seine Stimme leiht. Und da kam nur der erfolgreiche Liedermacher Gisbert zu Knyphausen in Frage. Das so entstandene Trio nennt sich Husten. Weil sie aber eben keine typische Band sind, wird es keine Platten oder Konzerte geben, sondern lediglich jedes Jahr eine neue EP. Die erste davon kommt im Mai inklusive der vorab veröffentlichten Single "Liebe Kaputt". Eine schrammelige Gitarre trifft auf einen stoisch polternden Beat und ein Tonsample von einem Autounfall. Dazu singt/rappt Knyphausen darüber, dass Liebe so zerbrechlich wie Zwieback ist.
Left Boy - The Return Of…
Mit seinem neuen Titel "The Return Of…" lässt Rapper Left Boy endlich wahr werden, worauf wir schon seit einer gefühlten Ewigkeit warten: seine Rückkehr. Nach dem Debütalbum 2014 gab es nämlich - bis auf die Gratis-EP "Back On! Top Soon" aus dem vergangenen Jahr - kaum neues Material von ihm. Der neue Track trägt ganz eindeutig wieder die leicht hyperaktive Handschrift des Österreichers und kommt mit einem Video im schnieken 60er-Jahre-Südstaaten-Style daher. Wie eine Mischung aus Jack White und einem Beastie Boy wankt Left Boy durchs Video, rappt dabei von seinem glorreichen Comeback und erinnert alle, die ihn kurz aus den Augen verloren haben, noch einmal daran, wer er ist. Passend zur Optik basiert "The Return Of…" fast durchgehend auf einem Blues-Rock-Riff. Und gegen Ende wird es mit wildem E-Gitarren-Geschredder und imitierten Maschinengewehrschüssen sogar noch abgedrehter. Das zugehörige Album ist zwar immer noch nicht fertig, soll aber - diesmal wirklich! - im August rauskommen.
Mavi Phoenix - Aventura
Ihre erste EP hat Mavi Phoenix noch in kompletter Eigenregie zusammengestellt und 2014 als Umsonst-Download rausgehauen. Seitdem hat sich viel getan bei der jungen Linzerin, die von Track zu Track besser wird. Spätestens seit ihrer Single "Quiet" sind wir uns sicher, dass diese Frau mit ihrer ganz eigenen Mischung aus Lo-Fi-Pop und HipHop sogar Chancen hat, international durchzustarten. Ihre Stücke sind extrem durchdacht: Innerhalb von Sekunden wechselt Mavi Phoenix mühelos Genres, Tempi und Stimmungen. Aktuellstes Beispiel dafür ist ihr neuer Song "Aventura", auf dem sie zwischen Englisch und Spanisch switcht und Latin-Rock-Gitarren mit Autotune mischt. Was bei anderen wahnsinnig gewollt klingen würde, wirkt bei der Österreicherin ganz natürlich. Übrigens: Auch Bilderbuch haben das Ausnahmetalent bereits entdeckt und sie auf ihre "Magic Life"-Tour mitgenommen. Ein Wiedersehen nach der Tour feiern Bilderbuch und Mavi Phoenix dann auf dem PULS Open Air 2017.
London O’Connor - Nobody Hangs Out Anymore
London O‘Connor hat ein Problem: Alle seine Freunde versacken nur noch auf Instagram & Co und keiner hat mehr Bock, im echten Leben abzuhängen - wenn kein ordentliches Foto dabei rumkommt. Klingt nach Teenie-Problemen, sind aber die Sorgen eines Mannes Ende 20. Rein optisch könnte der gebürtige Kalifornier auch locker als 18 durchgehen, mit seinem lichten Schnurrbart, den zotteligen Dreads und seinem niedlichen Babyface. Und das soll auch so wirken. Zum einen, weil es ihm eben einfach so gefällt, zum anderen, weil sein androgyner Look als Statement gegen das hypermaskuline Gehabe im Rap-Biz dient. Dabei ist der Musiker dem HipHop musikalisch gar nicht abgeneigt. Auf seinem neuen Song "Nobody Hangs Out Anymore" wechselt O‘Connor zwischen nicht immer ganz perfektem Falsett und abgeklärtem Sprechgesang und lässt sich dabei von einem schwerfälligen Schlagzeug und einem Synthie begleiten. Das macht den Song nicht nur außergewöhnlich, sondern auch ungeheuer eingängig.
Bishop Briggs - River
Dem ein oder anderen ist "River" vielleicht schon 2016 begegnet und, falls ja, sicher im Gedächtnis geblieben. Der Song klingt zu Beginn ein bisschen nach Gospel, baut dann aber so viel Druck auf, dass man spätestens bei der Hälfte nicht mehr mitklatschen, sondern mitbrüllen möchte. Energie hat die Dame auf jeden Fall genug, deren Markenzeichen zwei rabenschwarze Zöpfe sind. Seit kurzem gibt es endlich ihre EP "Bishop Briggs" zu kaufen, die neben "River" noch fünf weitere Stücke zu bieten hat. Ihr geradezu hinreißender Dark-Pop-Sound und ihre millionenfachen Klicks auf Spotify und Soundcloud haben ihr den Weg geebnet und sie durfte - der Traum für jeden, der im Musikgeschäft so richtig mitmischen will - kürzlich beim Coachella Valley Music and Arts Festival auftreten. In London geboren, dann mit ihrer Familie nach Tokio gezogen und jetzt in Los Angeles zu Hause: Die Lebensgeschichte von Bishop Briggs zeigt, dass sie sich überall zurechtfindet und schon immer international denkt.
Sendung: Freundeskreis, 18.04.2017, ab 10 Uhr