Jetzt Begin Again Purity Ring

Info Seit ihrem Debütalbum "Shrines" von 2012 ist klar: Was die Kanadier Corin Roddick und Megan James alias Purity Ring machen, ist nicht weniger als der futuristische Entwurf von Popmusik für das übernächste Jahrtausend.


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Ruhmeshalle Arcade Fire - Funeral

Dunkle Sonnenbrille und Lederjacke waren 2004 Einheitsdress der Indie-Clubs. Dann veröffentlichten Arcade Fire "Funeral", pfiffen auf die Coolness und zeigten mit vielen Instrumenten, wo im Körper die Leidenschaft wohnt.

Von: Sebastian Nachbar

Stand: 25.03.2010 | Archiv

Pressebild von Arcade Fire | Bild: Cityslang

In der Indie-Disco herrscht im Jahr 2004 die Coolness: Dunkle Sonnenbrillen, enge Hosen, schwarze Lederjacken. Schuld daran sind Bands wie The Strokes und The White Stripes mit ihrem rotzigen Sound und der klassisch-schlichten Rock 'n' Roll-Besetzung. Sie und all ihre Nachahmer haben die Indie-Clubs der westlichen Welt fest im Griff. Bis "Funeral" von Arcade Fire erscheint, einer bunten Truppe um das Ehepaar Win Butler und Régine Chassagne aus Montréal. Das kanadische Musikerkollektiv macht alles ganz anders. Sie stehen nicht für 60 Minuten statisch auf der Bühne, sie scheinen dort zu leben – und führen sich dabei auf wie die Kinder: Sie hüpfen herum, schreien und schlagen auf Motorradhelme ein. Auf Coolness – zumindest im klassischen Sinn – pfeifen sie.

Freude oder Trauer - niemand weiß es

Arcade Fire - Funeral (Cover)

Heraus bei ihrem Getobe kommt ein Klangteppich, zusammengeknüpft aus farbenfrohen Einzelsträngen einer Vielzahl an Instrumenten: Klavier, Akkordeon, Xylophon, Violine, Glockenspiel und viele mehr. Und oben drauf auf diesem Teppich, da sitzt Win Butler, und er singt so herzzerreißend, dass man Gänsehaut bekommt. Er ist auf einer Reise, von der keiner weiß, ob sie in die Höhen ewiger Glückseligkeit führt oder in die Dunkelheit eines Grabes. Noch nie lagen Melancholie und Glück auf einer Platte so dicht beieinander. Dass Megastars wie Coldplay, U2 und David Bowie fast geschlossen Arcade Fire zur großartigsten Band der Welt kürten, hat dem Album auf seinem Weg in Ohren dieser Welt vielleicht einen ersten Schubser verliehen, gegangen ist "Funeral" ihn dann ganz alleine.

Die Leidenschaft wohnt in den Ohren

Die Frage ist nicht, was sich Arcade Fire dabei gedacht haben. Was sie mit uns gemacht haben, ist viel spannender. Mit uns, die wir uns durchgehört haben durch vier Teile des Songzyklusses "Neighborhood" bis zum großen Finale: "Rebellion", bei dem der Beat alle schlummernden Seelen wachrüttelt und sie mit jedem Schlag der Trommel zucken lässt wie Marionetten. "Schlafen ist wie Aufgeben", singt Win Butler. Und er fordert uns auf: "Hebt die schweren Augenlider, Träume können uns nicht retten!" Mit Funeral beweisen Arcade Fire: Die Leidenschaft wohnt weder in der Brust, noch im Unterleib. Sie wohnt in den Ohren. Und tanzen macht auch dann Spaß, wenn man keine dunkle Sonnenbrille trägt.


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