Ruhmeshalle Can - Tago Mago
Wie revolutioniert man den Rock? Can hatten eine Antwort darauf. Ihr Album "Tago Mago" entstand zum großen Teil aus endlosen Jams, die ziemlich viel Neues hervorgezaubert haben. Nun ist ihr Bassist Holger Czukay gestorben.
Man sollte die Musik in Scheiben schneiden und neu zusammensetzen. So ähnlich muss das Motto von Can Ende der 60er-Jahre gelautet haben. Hier machen Leute Rock, die etwas Neues, etwas ganz Eigenes wollen. Warum bei der Kölner Band keine 0815-Mucke herauskommt, wird klar, wenn man sich die Musiker hinter den Instrumenten anschaut. Bassist Holger Czukay und Keyborder Irmin Schmidt kommen eigentlich aus der klassischen Musik. Drummer Jaki Liebezeit war ursprünglich Jazzer und Michael Karoli an der Gitarre ist in der Beat-Szene verwurzelt.
Improvisieren und editieren
Can verfrachten den Rock in eine neue Zeit. Sie benutzen hauptsächlich zwei Methoden bei ihrer Musik: Improvisieren und editieren - also das eingespielte Material bearbeiten. Zwei Ansätze, die sie auf dem Album "Tago Mago" in Bestform abliefern. 1971 erscheint "Tago Mago" als Doppel-Vinyl. Die zwei Teile der Platte funktionieren dabei nach dem Yin-Yang-Prinzip. Die erste Hälfte ist ziemlich eingängig und funky. Zusammengehalten werden die Songs von den Drums von Jaki Liebezeit. Dem sagt man gerne nach, dass er genauer spielte als ein Metronom. Der Sänger Kenji "Damo" Suzuki, der erst kurz vor den Aufnahmen in die Band kommt, spricht, singt und schreit sich quer über den Klangteppich. Am Anfang des Songs "Oh Yeah" läuft seine Gesangsspur sogar rückwärts.
Kreative Klang-Kunst
Die zweite Hälfte von "Tago Mago" ist eine einzige psychedelische Jam-Session. Ständig vor sich hin improvisieren - genau das haben Can während der Plattenproduktion gemacht, wenn die Studiotechnik mal wieder nicht so richtig wollte. Am Ende finden diese Jams ihren Platz auf "Tago Mago". Fast 30 Minuten an Soundcollagen mit wirren Texten und ungewöhnlichen Klängen. So etwas hat es vorher noch nicht gegeben.
Eine magische Platte. Das sagen zumindest Can selbst über "Tago Mago". Und sie haben Recht damit. Denn die Musik darauf ist manchmal einfach nicht von dieser Welt. "Tago Mago" steht voll und ganz für die Idee, wegen der englische Musikjournalisten einmal den Begriff "Krautrock" erfunden haben: Es geht hier um Musik, die sich nicht auf die Vorbilder aus den USA oder England bezieht. Wenn progressive Bands wie Radiohead oder Sonic Youth heute Can als Einfluss nennen, dann ist klar, dass die Band mit "Tago Mago" vor allem ein Prinzip in den Pop gebracht haben: Es gibt keine Regeln für gute Musik. Dieses Prinzip gilt bis heute.