Ruhmeshalle Death Cab For Cutie - Transatlanticism
Benjamin Gibbard und seine Death Cab For Cutie strecken dem Garagenrock-Revival 2003 erfolgreich die Hühnerbrust entgegen. Auf "Transatlanticism" schreiben sie Songs, die einer ganzen Generation aus dem Herzen schluchzen.
Es beginnt mit einem Schwirren – schwillt langsam an, entwickelt sich zu einem Dröhnen – dann entlädt sich alles zum ersten Akkord des Albums. Es ist der erste Akkord von "The New Year", einem der schönsten Neujahrssongs, die je geschrieben wurden. "So this is the New Year and I don’t feel any different", singt Benjamin Gibbard – das ist also dieses neue Jahr, aber alles fühlt sich genauso an wie vorher.
Übertragen auf den komischen Silvesterritus, eine Beobachtung, die wir alle jedes Jahr aufs Neue machen. Übertragen auf das bis dato vierte Album der Band aus Washington State wird allerdings kein Schuh draus. Denn "Transatlanticism" feelt sich wirklich sehr different an zu allem, was die Band um Ben Gibbard vorher gemacht hat. Es ist so etwas wie das Meisterstück von Death Cab for Cutie und wird zum Soundtrack einer Generation von Kids, die "O.C., California" lieben, die sich in den Mittelstandshäusern ihrer Eltern gerne traurige Gitarrenmusik anhören und sich davon für ihre eigenen Bands inspirieren lassen.
Widerpart zum allgegenwärtigen Garagenrock
"Transatlanticism" erscheint 2003, eine Zeit, in der Garagenrock gerade sein Revival erlebt hat, mit Black Rebel Motorcycle Club, den Strokes, Kings Of Leon, White Stripes und Konsorten: Death Cab For Cutie bilden dazu eine Art gefühligen Widerpart. Hier wird nicht lederjackentragend im Club gesoffen, sondern mit Flanellhemd auf der Ladefläche eines Ford Ranger Pick Up-Trucks, während sich die Sterne Geschichten von Liebeskummer und Außenseiterdasein anhören müssen. Seth Cohen lässt schön grüßen.
Zeugnis einer gereiften Band
Waren Death Cab for Cutie vorher noch eine recht typische Gitarrenpopband mit Folkeinschlag, entwickeln sie sich auf Transatlanticism zu dem, was man wohl eine "reife Band" nennt. Das ganze Album folgt einer klaren Dramaturgie: Songs gehen nahtlos ineinander über, die Tonarten sind so gewählt, dass alles wie aus einem Guss erscheint. Und ganz nebenbei hat Ben Gibbard sich auch songwriterisch zu einem der besten seiner Zunft entwickelt.
Fundiertes Songwriting trifft Rohheit der frühen Tage
Besser wurde es nicht mehr. "Transatlanticism" besitzt bereits die songliche Größe, die Death Cab for Cutie in den Jahren danach zu einer global überaus erfolgreichen Indiepopband macht. Und hat trotzdem noch die klangliche Rohheit früherer Tage. Bei Benjamin Gibbard und seinen drei Bandkumpanen war danach Breitwandpop angesagt. "Transatlanticism" beweist, dass das wirklich nicht nötig gewesen wäre.