Jetzt Mad At Me Samia feat. papa mbye

Info Die Lyrics zu ihrem Song “Mad At Me” (2022) hat die New Yorker Sängerin und Songwriterin Samia so ähnlich schon mal als Gedicht geschrieben. Für den Track hat sie dann mit Ex-Vampire Weekend-Mitglied Rostam zusammengearbeitet.


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Ruhmeshalle Jimmy Eat World - Clarity

Ende der 90er erreichte ein Genre seinen kommerziellen Höhepunkt, das heute kaum noch jemand einordnen kann: Midwestern-Emo. Dabei verdanken wir den wegweisenden Bands dieses Genres einige der besten Rockplatten des Jahrzehnts.

Von: Ralph Glander

Stand: 12.06.2013 | Archiv

Jimmy Eat World | Bild: Flowerbooking

Midwestern Emo-Bands aus den Neunzigern wie Sunny Day Real Estate, Christie Front Drive oder Mineral wussten vermutlich gar nicht, was sie da taten. Rohe Punkbands, die hymnenhaften Indierock spielten. Frickelige Hardcore-Bands, die mit einem außerordentlichen Verständnis für Pop operierten. Midwestern Emo war ein Genre, das eigentlich doch keines war, weil es jeder anders interpretierte.

Damals mittendrin: Die Punk-Band Jimmy Eat World, die nach einem holprigen Debüt mit ihrem Folgealbum "Static Prevails" gehörig aufhorchen ließ. Doch weder die Band noch die stetig wachsende Fanbase konnte dann mit einer außerordentlichen Großtat wie "Clarity" rechnen. Vier junge Burschen schufen klare Verhältnisse. Für sich selber, für eine ganze Szene und auch für alle, die von diesem Album ohne Vorwarnung ganz innig umarmt wurden.

Hymnen, die wie das Happy End einer unvergesslichen Nacht klingen

Sänger Jim Adkins und seine Jungs finden hier die ganz großen Harmonien, butterweiche, zweistimmige Gesangslinien und schmerzhaft schöne Melodien. Man musste sich das damals mal vorstellen: Eine Punkband, die in ihrem wunderschönen Opener "Table For Glasses" gleich mal ganze Orchestergräben aufriss und dabei Applaus von allen Seiten bekam: dem Punk- und Hardcore-Kid, dem Alternative-Rock-Hörer und dem Mainstream.

Das Sellout-Telefon schrillte irgendwo vor sich hin – doch keiner wollte rangehen. Vermutlich weil jeder "Clarity" aufdrehen musste, um sich an diesen euphorisierenden Übersongs zu besaufen. Zerbrechliche Balladen wie watteweiche Tagträume, kraftvolle Hymnen, die wie das Happy End einer unvergesslichen Nacht klingen. Der Geruch von feuchtem Gras im Frühsommer, der Halbmond einer klaren Nacht, der einem die Aufbruchsstimmung des kommenden Tages verspricht.

Pop-Punk-Rocker ohne Euphorie-Handbremse

Aber es durfte auch mal lauter werden. Vielschichtige Pop-Punk-Rocker wie "Your New Aesthetic" oder "Crush" kannten keine Euphorie-Handbremse.

Einschüchternd auch die zahlreichen Hits, die der hungrige Jimmy der nicht komplett tauben Meute außerhalb irgendwelcher Szenen zuwarf. Eine Aufbruchshymne wie "Blister", die einen nach einem Durchgang so gnadenlos in Mitgröhlhaft nimmt, muss auch der pingeligste Musiksnob durchwinken.

Damals liebte ihn wirklich die gesamte Musikwelt, diesen Jimmy. Der Hit-Nachfolger "Bleed American" machte die Band dann zu einer etablierten Größe im Musikbusiness. Später begannen Jimmy Eat World dann nur noch Konsens-Poprock für Festivalarmband-Sammler und Mitklatschepileptiker zu machen. Die Szenekollegen von früher, wie Texas is the Reason oder Christie Front Drive hatten sich da schon lange aufgelöst und hinterließen Fans  meist nur wenige Alben für den Plattenschrank. Und auch wenn neue Outputs von Jimmy Eat World da vielleicht nicht mehr stehen, "Clarity" sollte dort für immer einen Ehrenplatz reserviert haben. So viel Klarheit muss erlaubt sein.


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