Ruhmeshalle Phoenix - United
Es brauchte die Schützenhilfe von Regisseurin Sophia Coppola, um Phoenix über den Indiesektor hinaus bekannt zu machen. Dabei funkelte ihr stilsicherer Diskopop schon auf dem Debüt "United" wie die Kronleuchter von Versailles.
Beim Stichwort Frankreich dachte zur Jahrtausendwende wohl kaum jemand an Popmusik abseits von Chansons, Rotwein-Songwritern und HipHop à la MC Solaar. So wunderbar soulige, tanzbare Songs wie von Phoenix? Die hätte man überall vermutet – aber nicht in Versailles. Doch genau dort startet die Band Phoenix mit ihrem ersten Album eine kleine Revolution. Zusammen mit befreundeten Bands wie Air und Daft Punk bringen Phoenix Frankreich zurück auf die Poplandkarte.
Relaxt, voller Soul und mit feinster Diskogitarre
Als französische Band, die auf Englisch singt, haben es Phoenix nicht leicht: In ihrem Heimatland, in dem es seit Mitte der Neunziger eine strenge Quote für französischsprachige Musik im Radio gibt, will sie kaum jemand hören. Und auch der Rest der Welt interessiert sich nur langsam für die Musik dieser Band, die auf ihrem Debütalbum aus dem Jahr 2000 vor allem eins ist: Verdammt eingängig.
Und trotzdem sind Phoenix noch mehr: Sie schreiben Songs, die tiefer gehen als andere Tanzflächenfüller. Manchmal schwingt – trotz aller Euphorie - auch eine gewisse Melancholie mit. Und der nicht ganz akzentfreie Gesang von Thomas Mars verleiht der Band etwas, dass sich auf Popalben eher selten findet: Stil. Kein schnöder Style, sondern echter Stil – relaxt, voller Soul und mit feinster Diskogitarre.
Zunächst verkauft sich "United" nur schleppend. Dann wird Sophia Coppola, die Tochter der Regielegende Francis Ford, auf Phoenix aufmerksam. Sie verwendet den Song "Too Young" in ihrem Film "Lost In Translation" aus dem Jahr 2003. Darin tanzen Scarlett Johansson und Bill Murray zur Musik der Franzosen durch Tokio. Film und Soundtrack werden zu Hits und für Phoenix beginnt eine neue Ära, die Zeit der roten Teppiche – und der Klatschreporter. Denn Sänger Thomas Mars und Regisseurin Coppola verbindet bald mehr als nur guter Musikgeschmack – im Herbst 2006 kommt ihr erstes Kind zur Welt.
Selten klangen Sorgenfalten so wunderschön
Plötzlich sind Phoenix Stars – auch zuhause in Frankreich. Und sie können sich künstlerische Freiheiten erlauben. Schon "United" war voller sympathischer Schwurbeleien: Nur sechs Tracks darauf sind Popsongs im eigentlichen Sinne, der Rest sind Interludes und Instrumentaltracks. Phoenix machen, was sie wollen. Und sie lassen sich Zeit. So brauchen sie vier Jahre, bis ihre zweite Platte erscheint und noch mal drei Jahre bis zum Album "Wolfgang Amadeus Phoenix". Für 2013 ist jetzt das nächste Album angekündigt. Doch auf eine Band wie Phoenix wartet man gerne. Die Zeit bis zum nächsten Longplayer überbrückt man am besten mit ihrem frühen Meisterwerk "United" und denkt dabei an den ersten Sommer des neuen Jahrtausends, zu dem Phoenix den perfekten Soundtrack geschrieben haben: Optimistisch, funkelnd, etwas verworren und trotz leichter Sorgenfalten wunderschön.