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Ruhmeshalle The B-52's - The B-52's

Morse-Botschaften, Bongos, das Peter-Gunn-Thema als perfekte 50s-Kulisse. Dann knarzt Fred Schneider: "She came from Planet Claire... I knew she came from there!" Mit ihrem ersten Album werden die B-52's 1979 zur größten Partyband aller Zeiten.

Stand: 20.03.2008 | Archiv

The B 52's | Bild: Joseph Cultice/EMI

Bäng, mittendrin sind wir im B-52's Universum, Stunde eins, Anfang der ersten Platte, der gelben. Wir schreiben das Jahr 1979. Genau jetzt verursacht in Harrisburg der Reaktor Three Miles um ein Haar einen SuperGAU, stirbt Rudi Dutschke an den Spätfolgen eines Attentats und John Wayne an Krebs. Und die gute alte Voyager 1 entdeckt, dass der Planet Jupiter einen Ring hat.

Der "Planet Claire", vom dem die B's singen, wurde von ihnen selber entdeckt: er hat keinen Ring, dafür jede Menge "pink air", die Bäume sind rot und man stirbt dort nicht. Wohl schon deswegen, weil niemand einen Kopf hat.

Solche Sachen denken sich die Typen aus, die sich in jenen Tagen mit den Talking Heads, Blondie oder Television die Hörerschaft teilen. New Wave ist tatsächlich brandneu und tut wie Punk den Ohren des an 70s-Pop gewöhnten Mainstreampublikums eher weh als gut. Bands wie Gang of Four zersäbeln ihre Songs in messerscharfe Splitter, Stakkato-Beats und dünne, sägende Gitarren-Riffs.

Die B-52's machen sich zunächst ähnlich ans Werk: Schlagzeuger Keith Strickland rumpelt wie eine heißgelaufene Nähmaschine, während Ricky Wilson Single-Note-Melodien aus seiner Gitarre hackt. Damit hat sich's dann aber schon an düsterer Postpunk-Dramatik. Denn wenn es einen Titel gibt, der dieser Band gerecht wird, dann dieser: Größte Partyband aller Zeiten.

The B-52's - The B-52's (Cover)

Gleich mit ihrer Debüt-LP haben die fünf Freunde aus Athens mal so eben ein neues Klang-Universum erschaffen. Kaum gegründet, haben Cindy, Kate, Fred, Keith und Ricky sechs Songs zusammengezimmert. Und dann geht es schnell: "Rock Lobster", ein Song aus den ersten Sessions, entwickelt eine unwiderstehliche Energie und bringt sie vor ein immer größeres Publikum. 1978 vertreiben sie ein paar hundert Stück der Single, spielen im legendären CBGBs und finden sich mit einem Plattenvertrag bei Island Records wieder, um ihr Debüt mit Chris Blackwell aufzunehmen.

Kieksen, jubeln, belfern, bellen

Und der verleiht der Band den letzten Schliff: B-Movie-Ästhetik, DaDa-Texte und Warhol-Pop, dazu Lavalampen-Orgeln, schepperndes Tamburin und scharf gehaltene Gitarren. Das ist das Bett. Oder besser: das Trampolin, auf dem dann der Killermove der B-52’s zum Einsatz kommt: die Theremin-hohen Stimmen von Kate und Cindy, die in eigenwilligen Intervallen kieksen und jubeln. Im Frage- und Antwort-Spiel mit Fred, der nicht singt, sondern skandiert, belfert und bellt, erzählen sie absurde Geschichten aus ihrer Trash-Kunst-Welt.

Das Album wird zum Renner, verkauft sich 500.000 Mal. "Rock Lobster" wird zur Hymne der Studentenparties und aufgenommen in die Rock'n'Roll-Hall of Fame-Liste der "500 Songs, die Rock'n'Roll definiert haben". Zu gern kauft man den Bs ihre wilde Show als überdrehtes Kunstprodukt ab.

Kommerziell und verstörend

Ihre Erfahrungen mit dem Anders-Sein haben Fred, Ricky und Kate aber wahrscheinlich auch anderswo gemacht: die Jungs sind beide schwul und Kate bisexuell. Derartig sensibilisiert sind die B-5'’s hinter der Camp- und Party-Fassade durchaus politisch. Es ist mehr als okay, anders zu sein - das ist ihre simple, aber wichtige Botschaft. Die B-52's sind also kommerziell UND verstörend.

Das erste B-52's-Album hat die Messlatte extra hoch gelegt. Selten haben sich die B-52's in späteren Jahren unterhalb ihrer eigenen Bestmarken bewegt.


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