Ruhmeshalle Underground Resistance - Interstellar Fugitives
Ende der 90er: Techno beherrscht die Nacht und ein Kollektiv bringt den Funk zurück in die Clubs: Underground Resistance. Mit Skimasken, großen Sprüchen und einem Album, das unseren Autor Philipp Laier für immer prägt.
Underground Resistance begegnen mir das erste Mal auf einem T-Shirt. Dick und fett prangen die weißen Lettern "UR" auf dem schwarzen Stoff. Getragen wird das Shirt von einem DJ, der gerade ein wuchtiges Set zwischen Techno und Elektro auf die Plattenteller hievt.
Auf dem T-Shirt des nächsten DJs steht in ebenso fetten Buchstaben: "Detroit Techno Militia". Die Guerilla-Optik und der massive Sound beeindrucken mich schwer. Und obwohl ich mich heute nicht mehr erinnern kann, wer damals aufgelegt hat – der Abend hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Am darauffolgenden Montag renne ich in den Plattenladen, um mehr über Underground Resistance herauszufinden. Als ich die Platte "Interstellar Fugitives" endlich in den schwitzigen Fingern halte, dämmert es mir: Hier geht es irgendwie um weit mehr, als nur um Tanzmusik.
Label, Kulturzentrum, Mythos
Underground Resistance - Interstellar Fugitives (Cover)
Underground Resistance sind ein Kollektiv wechselnder Musiker, ein Label, ein Kulturzentrum, ein sozialer Verein und vor allem ein Mythos. "Interstellar Fugitives" ist der Name meiner ersten Platte von Underground Resistance. Interstellare Flüchtlinge also, die auf so mysteriöse Namen, wie Chaos, Drexciya oder The Suburban Knight hören. Ein geheimnisvoller Nebel umgibt all diese Pseudonyme. Mit meinem lahmen Internet-Anschluss, versuche ich etwas über das Kollektiv, das Label oder den Mythos herauszubekommen. Alles was ich finde, sind verwischte Bilder von Männern in schwarzen Overalls, mit schwarzen Baseballcaps und schwarzen Tüchern vor dem Gesicht. Und daran hat sich auch bis heute nicht viel geändert
"This is Mad Mike – I guess I'm the guy you're all scared of and shit when you come to visit Detroit. Boo, motherfucker, boo!" - So spricht Mad Mike, einer der Gesichtslosen hinter Underground Resistance: Das Gesicht hinter einer Skimaske versteckt, den Körper in Militärkleidung gehüllt und mit einem mehr als gesunden Selbstbewusstsein ausgestattet. Im Interview mit dem DVD-Magazin Slices wirkt er zunächst wie irgendein pseudogefährlicher Gangsta-Rapper. Wenn er aber von der Vergangenheit des Kollektivs aus Detroit erzählt und dessen Zukunft erträumt, merkt man schnell, dass sich hinter der harten Pose ein wacher Geist versteckt.
Kompromissloser, düsterer Techno
"Wir haben zusammen ein Musik": So heißt es in dem Track "Afrogermaniac". Und auch, wenn der Satz grammatikalisch humpelt, steckt darin doch viel von dem, wofür Underground Resistance noch heute stehen. Nämlich für kompromisslosen, düsteren Techno und Electro, der trotzdem noch den Funk und Soul aus Detroit Motor City atmet.
"Negative Evolution" nennen es Underground Resistance. Aber mit "Interstellar Fugitives" erschaffen sie etwas, das weitaus größer ist, als sie selbst: Einen Mythos, der mich bis heute extrem fasziniert und der zu weiten Teilen Schuld an meiner musikalischen Entwicklung ist. Ein Mythos, der auch heute noch funktioniert und Underground Resistance als Gründerväter des Techno in die Geschichtsbücher eingetragen hat. Wir haben eben wirklich zusammen ein Musik!