"Black Music" Meine Hautfarbe ist keine Musikrichtung
Jeder kennt das Regal "Black Music" im CD-Laden. Und jeder hat wahrscheinlich irgendwo zu Hause noch eine "Black Hits"-Compilation. Dabei ist der Begriff nicht nur ein rein deutsches Phänomen - er ist auch problematisch.
Ich bin schwarz. Normalerweise kein Thema. Neulich war es aber schon eines: Und zwar, als ich mir R. Kellys neues Weihnachtsalbum kaufen wollte. Im Saturn um die Ecke gab es die Abteilung "Black Music" - "schwarze Musik" also. "Kein großes Ding!", denken bestimmt viele. Aber: Ich finde das komisch. Lässt sich meine Hautfarbe, meine ethnische Identität musikalisch auf eine Zwei-Quadratmeter-Verkaufsfläche im Elektro-Fachhandel reduzieren? Es gibt ja auch kein Regal mit dem Titel "White Music", oder "Yellow Music". Warum also die Genre-Bezeichnung "Black Music"?
Für mich suggeriert der Begriff "Black Music" - auch wenn es wohl keine Absicht ist - dass alle Schwarzen auf R&B und HipHop stehen müssen. Jede(r) Schwarze kennt das: "Hey du stehst doch bestimmt auf Black (Music)?". Die Bezeichnung reduziert diese Musik auf Songs zum Tanzen, Weggehen und Feiern.
Eine pseudo-englische Bezeichnung
In amerikanischen HipHop-Blogs habe ich nie was von "Black Music" gelesen, denn tatsächlich gibt es "Black Music" nur in Deutschland - auch wenn es englisch klingt. Außerhalb Deutschlands wird das nicht mal verstanden. Deswegen verwenden Major-Labels wie Universal und Sony auch den Begriff "Urban" für die Vermarktung ihrer Künstler.
"'Urban Music' kommt von urbaner Musik, also Musik, die in der Großstadt groß geworden ist. 'Urban' ist auf jeden Fall ein politisch korrekterer Begriff als 'Black Music'. 'Black Music' hat immer einen faden Beigeschmack, auch bei den amerikanischen Kollegen. Die Erklärung dahinter war, dass es für sie sehr 'offensive' ist und es hat irgendwie einen rassistischen Touch"
Kristian Lesic, Produktmanager der Urban-Abteilung von Sony Music
Aus ähnlichen Gründen gibt es auch die "Black Charts" in Deutschland nicht mehr. Das Unternehmen Public Music & Media rankt seit knapp zwei Jahren die beliebtesten R&B und Hip-Hop-Songs unter dem neuen Titel "Deutsche Urban Charts".
"Verändert wurde es, weil wir grundsätzlich mit der ursprünglichen Bezeichnung nicht zufrieden waren. Das war eine Bezeichnung, die vor allem im Zusammenhang mit ausländischen Kunden nicht funktioniert, weil die dann fragen: Was soll denn 'Black Music' sein? Das kennen die nicht."
Deo, Deutsche Urban Charts
Es gibt genug Alternativen
Der Konzertveranstalter Eventim hatte mal die Sparte "Black Music"-Konzerte. Diese werden aber mittlerweile auch zusammengefasst als "R&B und Hip Hop"-Konzerte. Es gibt also mehr als verständliche und funktionierende Alternativen. Aber besonders im Einzelhandel wie bei Saturn, Media Markt oder Müller ist diese Entwicklung irgendwie noch nicht angekommen. Da hält sich die Bezeichnung "Black Music" trotz allem hartnäckig. Auf meine Nachfage bei Saturn per Twitter warum das so ist, bekomme ich die Antwort, dass man es online bereits geändert habe. In den Geschäften sei es die Sache der jeweiligen Musikabteilung.
Also bin ich zum Chef der Musikabteilung im Saturn um die Ecke gegangen, wo ich eigentlich nur R. Kellys neues Weihnachtsalbum kaufen wollte. Ich habe ihm erklärt, wie problematisch der Begriff "Black Music" eigentlich ist, dass er nicht nur politisch schwierig ist sondern auch international nicht verwendet wird. Auch wenn seine erste Reaktion war, dass Rock & Roll ja auch unter Pop zu finden sei und man es somit sowieso nicht jedem Recht machen könne, war er zumindest gesprächsbereit. Ich solle ihm noch mal eine E-Mail mit meinem Anliegen schicken. Das habe ich gemacht und nach ein paar Wochen kam tatsächlich die Nachricht: "Wir haben die Schilder ausgetauscht. Hat leider ein wenig gedauert!"
Wer den Begriff "Black Music" in einem Musikladen findet, kann also mit einer kurzen E-Mail dazu beitragen, dass diese problematische Bezeichnung bald endgültig verschwindet.