Heimliche Trash-TV-Liebe 5 Gründe, warum "Der Bachelor" so erfolgreich ist
Schnulzig, trashig und garantiert niveaulos: Das ist "Der Bachelor". Trotzdem schauen Millionen von Zuschauern die Reality-Show. Die allermeisten sind Frauen mit hohem Bildungsstatus. Aber wieso zur Hölle? Wir haben es analysiert.
"Der Bachelor": Eine Gruppe von Frauen oder Männern wird wochenlang von Kameras dabei begleitet, wie sie um die Gunst einer einzigen Person des anderen Geschlechts buhlt. Modern ist das nicht. Warum sorgt ein so kontroverses Trash-TV-Format jede Staffel wieder für bombastische Einschaltquoten? Wieso zieht das immer wieder Millionen von Menschen vor die Fernsehbildschirme? Wie kann das denn eigentlich sein? Wir haben das Erfolgsrezept für euch aufgeschlüsselt.
Grund 1: Ablästern in einer Community
Der wohl offensichtlichste Grund: Ihr und eure Bachelor-Crew wollt euch von den Teilnehmern abgrenzen. Ihr könnt auf keinen Fall nachvollziehen, wieso jemand bei so einer überzogen und überinszenierten Show mitmacht. Und auch wenn die Folge mal weniger Läster-Potential hergibt, wird mitgefiebert: Dann möchte man diskutieren, wer es wohl wirklich ehrlich meint und wer tatsächlich sein Herz verloren hat. Drama Baby! Und dieses Drama in unendlich vielen Akten ist automatisch ein festes Freundschafts-Date, jede Woche wieder.
Solltet ihr euch dafür entscheiden, den Bachelor in trauter Einsamkeit zu gucken, dann ist das auch kein Problem! Denn egal ob auf Twitter oder auf Facebook – genug Leute sitzen ebenfalls vor ihren Fernsehern und geben im Internet zeitgleich ihren Senf dazu. Auch das bekommt man nur in Echtzeit so richtig mit. Und schon steht die Abendplanung.
Grund 2: Kleiner Ego-Push
Wie schön kann es sein, Trash-TV zu gucken und Frauen dabei zu beobachten, wie sie ihre bunte Kriegsbemalung auftragen und so in den Kampf ziehen, um den Bachelor für sich zu gewinnen – oder eben auch nicht! Denn dabei wird einem wieder mal so wunderbar klar, dass auch wenn aus dem letzten Date nichts geworden ist, man immerhin seine Würde und seinen Stolz behalten hat - die Show als Seelenstreichler, dass man halt selbst doch alles besser macht! Und dabei ist egal, ob das nun wirklich stimmt oder nicht.
Ob wirklich jeder Vietnam auf einer stummen Karte einzeichnen könnte? Eher nicht. Trotzdem haben sich viele Menschen im Netz über die Aussage von einer Teilnehmerin beömmelt: "Ich musste grad auch erstmal mal die anderen fragen, wo Vietnam liegt. Weil ich hab erst an Venedig gedacht. Aber Asien hört sich gut an."
Grund 3: Reise-Recherche… oder so
Mal eben nach Miami und dann den Wildness-Trip durch Texas. Wären halt schon echt gute Locations für ein paar neue Insta-Fotos. Die Show als perfekte Recherche-Basis für die nächste Weltreise - naja, zumindest für die ultimativen Reisephantasien. Denn was sollen aufwendige Drohnenaufnahmen und specialige Kameraeinstellungen wohl bezwecken? Zuschauerbindung, what else! Da ist dann auch die dazugepatschte Werbung kein Zufall und das Sponsoring natürlich auch nicht. Wenn die Gruppe in einer Staffel in Afrika unterwegs ist, passt der Likör mit dem Elefanten auf dem Label natürlich super. Und unter der Sonne der amerikanischen Küste muss es Kokoslikör sein. Die unauffälligen Fragen der Teilnehmerinnen gibt es gleich dazu: "Womit trinkt man das denn?"
Grund 4: Perfekte Manipulation
Reality-Show hin oder her, bei diesem Format leistet die Redaktion ganze Arbeit und zeigt sich als Meister der Manipulation. Denn wenn mal wieder der Himmel in intensivem Pink (Romantik!) leuchtet und die Erdbeeren (Erotik!) rot glänzend neben dem Champagner (Luxus!) angerichtet sind, könnt ihr euch sicher sein: Der Bachelor war’s nicht. Und auch die dramatischen Orchesterklänge mit langsamen Pauken, die nichts Gutes verheißen können und bei jeder Nacht der Rosen aus unsichtbaren Boxen schallen, kommen nicht von ungefähr. Denn die werden von RTL genau dann eingesetzt, wenn der Bachelor bei der "Ladies“-Wahl mal wieder besonders lange braucht. Und warum das Ganze? Genau, alles nur für eine dicke, fette Portion Unterhaltung, die uns vor den Bildschirmen festkleben soll.
Grund 5: Krasse Zielgruppenanalyse
Schlussendlich handelt es sich um ein Zusammenspiel aus vielen Gründen, aber alle haben eins gemeinsam: Die Macher kennen ihre Zielgruppe ganz genau. Eine Studie des internationalen Zentralinstituts für Jugend- und Bildungsfernsehen hat ergeben, dass überdurchschnittlich viele Frauen zwischen 12 und 26 Jahren mit einem hohen Bildungsstatus das Format gucken und als positiv bewerten. WHAT? Ausgerechnet die schlauen Super-Frauen, die sich täglich durch eine Welt boxen, in der immer noch der Mann als dominierendes Geschlecht gilt, liegen abends auf dem Sofa und lassen sich von einer der kontroversesten Dating-Shows überhaupt begeistern?! Ja. Sie tragen sogar eine gewisse Zerrissenheit in sich.
Die Gesellschaft sagt ihnen jeden Tag: Hey, du bist eine toughe Frau, du kannst alles erreichen und stehst über den Dingen. Da ist natürlich kein Platz für Kitsch und Liebeleien. Der Bachelor bietet ihnen beides: das Sich-besser-fühlen und die rosa Romanze, die für unrealistische, aber schöne Tagträume sorgt. Ob man den Bachelor schaut oder nicht, eins ist klar: Bei dieser Sendung wird eben nichts dem Zufall überlassen.
Unsere Autorin schaut den Bachelor übrigens so gerne, dass sie darüber ihre Bachelor-Arbeit geschrieben hat. Dafür haben wir eine Rose für sie.
Sendung: Plus Eins vom 03.01.2019 ab 14 Uhr