Meinung Warum ihr euch schon jetzt Gedanken über den eigenen Tod machen solltet
Wisst ihr, wie eure eigenen Beerdigung mal aussehen soll? Unsere Autorin wusste das bis vor Kurzem nicht. Dabei gibt es gute Gründe, sich mit dem eigenen Tod auseinanderzusetzen.
Wir alle werden sterben, klar. Trotzdem setzen wir uns furchtbar ungern mit dem Tod auseinander. Vor allem der eigene Tod ist schon fast ein Tabuthema. Kein Wunder, denn es ist einfach verdammt beängstigend, nicht zu wissen, was einen nach dem Ende des Lebens erwartet: das ewige Höllenfeuer, ein schwarzes Nichts oder die Wiedergeburt als Ameise? Außerdem macht es nicht mal halb so viel Spaß über die eigene Endlichkeit nachzudenken, als Pläne für die Zukunft zu schmieden. Aber vor allem ist der eigene Tod noch so weit weg: Die Lebenserwartung von Menschen, die 1990 geboren wurden, liegt im Schnitt bei knapp 76 Jahren. Warum soll ich mich also mit meinem Ende befassen, wenn ich doch noch so viel Zeit habe?
Auch für mich war der Tod lange ein vermeintliches "Problem" von alten Menschen. Bis vor einem halben Jahr eine Freundin von mir die Schockdiagnose Krebs bekommen hat – Heilungschancen zunächst ungewiss. Mittlerweile ist zum Glück klar, dass sie überlebt. Trotzdem ist mir erst in diesem Moment bewusst geworden: Fuck, der Sensenmann klopft schneller an, als man denkt. Dem ist es scheißegal, ob ich 28 oder 88 bin. Und darauf bin ich absolut nicht vorbereitet.
Selbstbestimmung – auch nach meinem Tod
Das ist vor allem deswegen problematisch, weil mir Selbstbestimmung – wie vermutlich den meisten von uns – extrem wichtig ist. Warum sollte ich auf dieses Recht post mortem verzichten? Kleines Beispiel: Ich entscheide jedes Jahr, wie ich meinen Geburtstag feiere, ob riesen 80er-Jahre Mottoparty oder im kleinsten Freundes- und Familienkreis. Konsequenterweise möchte ich auch darüber bestimmen, wie die Festivitäten zu meinem Todestag aka meine Beerdigung aussehen soll. Allein bei den Bestattungsformen gibt es zig Möglichkeiten: im Sarg auf dem Friedhof, als Aschehäufchen unter einem Baum im Friedwald, zu einem fancy Diamanten gepresst… Das gleiche gilt für Musik, Leichenschmaus und Dresscode.
Man könnte an dieser Stelle sagen: "Ist doch letztlich völlig wurscht, wenn ich tot bin, bekomm ich davon eh nix mehr mit." Mir geht es an dieser Stelle aber auch um meine Hinterbliebenen. Wer schon einmal einen geliebten Menschen verloren hat, der weiß: Der Schmerz kann einen fast wahnsinnig machen. In diesem Ausnahmezustand will ich meine Liebsten nicht noch zusätzlich dadurch belasten, für mich Entscheidungen treffen zu müssen, von denen sie nicht sicher sind, ob ich überhaupt cool damit wäre.
Organspendeausweis und Patientenverfügung helfen meinen Angehörigen
Das gilt vor allem auch für schwerwiegende medizinische Entscheidungen wie: Sollen meine Organe nach meinem Tod gespendet werden? Und davor noch: Ab wann will ich, dass lebenserhaltende Maßnahmen eingestellt werden, zum Beispiel wenn ich nach einem schweren Unfall im Koma liege? Im Zweifel sollen nicht meine Eltern mein Todesurteil fällen müssen, denn das würde ich auch umgekehrt nicht wollen. Da hilft nur eins: Eine Patientenverfügung muss her, auch wenn es mir jetzt gerade in diesem Moment als quietschfidele, junge Frau noch so befremdlich erscheint. Ich glaube, man kann dem Tod ein wenig seinen Schrecken nehmen, in dem man sich so gut wie möglich auf ihn vorbereitet.
Ich weiß, diese Thematik ist ein verdammt harter Brocken. Aber sich mit dem eigenen Tod auseinanderzusetzen, kann einen kurioserweise in vielen Dingen auch gelassener machen. Je bewusster mir wird, dass meine Zeit auf der Welt ein Ablaufdatum hat, desto kostbarer wird sie und desto intensiver will ich sie erleben. Anstatt mich über die verspätete U-Bahn zu ärgern, steige ich lieber aufs Radl und genieße die Sonnenstrahlen im Gesicht. Oder ich düse mit dem Motorrad von Deutschland in die Ukraine, obwohl das erstmal saugefährlich klingt. Und sollte mir dabei wirklich was passieren, weiß wenigstens jeder, was dann zu tun ist.
Sendung: PULS am 16. April - ab 15 Uhr.