Foodtruck verschenkt Essen "Ziel ist, dass es uns bald nicht mehr gibt"

168 Tonnen Lebensmittel werden pro Tag weggeworfen - alleine in München. Lebensmittel, die man noch hätte essen können. Um dafür ein Bewusstsein zu schaffen, bestückt der Verein Foodsharing e.V. damit jetzt einen Foodtruck.

Von: Katharina Geschier

Stand: 06.06.2019 | Archiv

Der Verein Foodsharing e.V. verschenkt an seinem Foodtruck Gerichte aus geretteten Lebensmitteln | Bild: BR

Ein Foodtruck, bei dem man das Essen kostenlos bekommt - genau das gibt es gerade in München. Das geht, weil der Verein Foodsharing e.V. die Mahlzeiten mit geretteten Lebensmitteln zubereitet. Güneş Seyfarth hat die Aktion organisiert. Wir haben mit ihr gesprochen.

PULS: Güneş, warum macht ihr diese Aktion?

Güneş Seyfarth: Wir wollen dafür sensibilisieren, dass Lebensmittel, die eigentlich im Müll gelandet wären, gut und verzehrfähig sind und sehr lecker schmecken. Deswegen hat ein professionelles Küchenteam die geretteten Lebensmittel verkocht. Jeder der mag, kann sich kostenlos ein leckeres Essen bei uns holen.

Wie wird die Aktion finanziert?

Das bayerische Ernährungsministerium hat verstanden, dass unsere Idee eine neue Idee auch für München ist. Und sie haben wie wir den Mut gehabt, etwas neu zu denken und den Glauben daran, dass es funktionieren wird. Die haben das ganze finanziert.

Woher kommen die Lebensmittel, die ihr benutzt?

Die kommen zum einen von unseren Kooperationspartnern, das sind verschiedene Supermärkte, Gastrobetriebe, Wochenmärkte und Bäckereien aus München. Wir sind Gründungsmitglied beim Bündnis "Wir retten Lebensmittel" vom Bayerischen Ernährungsministerium. Da haben sich jetzt auch Produzenten gemeldet, die ihre Über- und Fehlproduktionen an uns weitergeben können.

Was wird denn am meisten weggeschmissen?

Alles! Tatsächlich mangelt es uns an gar nichts. Wir haben mehrere große Tüten mit Backwaren, die wir jeden Tag von kleinen Bäckereien retten, kistenweise Obst und Gemüse, aber auch Molkereiprodukte, die entweder kurz vor Ablaufdatum oder abgelaufen sind. Überall wo Lebensmittel verarbeitet werden, entsteht Verschwendung. Bei Landwirten, bei Produzenten, bei Supermärkten und natürlich auch bei uns Verbrauchern.

Warum müssen wir über weggeworfene Lebensmittel reden?

Weil die Tatsache, dass wir gute Lebensmittel wegwerfen ganz viel über unsere Gesellschaft aussagt. Wie viel uns Lebensmittel wert sind und was unser Bild von Normalität ist: Was nicht mehr hübsch ist, wird weggeworfen.

Die Lebensmittel, die wir wegschmeißen, wurden irgendwo gesäht, geerntet, weiterverarbeitet und verpackt. Damit geht einher, dass wir nicht nur die Ressource Natur wegwerfen, sondern enorm viel CO2 und Plastikmüll produzieren. Wir sind bestürzt von Bildern von Plastikmüll im Meer, dabei hat das ganz viel damit zu tun, dass die Hälfte aller produzierten Lebensmittel weltweit weggeworfen werden. Das ist ein Armutszeugnis für eine Leistungsgesellschaft, wie wir es sind. Und ich bin mir sicher, dass wir das besser können.

Was muss sich, deiner Meinung nach, ändern?

Unser Ziel ist es, dass wir Vereine wie Foodsharing e.V. irgendwann nicht mehr brauchen, weil keine Lebensmittel mehr unnötig weggeschmissen werden. Aber dazu brauchen wir tatsächlich noch sehr viel. Alle Akteure müssen mitarbeiten, jeder Betrieb kann verhindern, so viel wegzuwerfen, da gibt es ja auch schon Initiativen. Politisch muss viel stärker kontrolliert werden, was weggeworfen wird und woher das kommt. Als letztes kommen natürlich auch die Verbraucher, die die Menge, die sie an Lebensmitteln wegschmeißen, einschränken können. Nicht immer einfach im Supermarkt Impulskäufe machen, weil man gerade hungrig ist, sondern nach Plan vorgehen.

Foodsharing e.V. verteilt heute und morgen kostenlos Gerichte aus geretteten Lebensmitten in München.
Essen gibt’s immer von 11 Uhr bis 14:30 Uhr.
Standorte:
Donnerstag, 6. Juni 2019: Pep Einkaufszentrum Neuperlach
Freitag, 7.Juni 2019: Rosenkavalierplatz

Sendung: PULS am 05.06.2019