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Interview mit der Regisseurin von "Mängelexemplar" "Es tut gut, über Depressionen zu lachen"

2009 landete Sarah Kuttner mit ihrem Roman über die depressive Karo Herrmann einen Bestseller. Regisseurin Laura Lackmann bringt "Mängelexemplar" jetzt ins Kino - auch, weil sie selbst viel mit der Geschichte verbindet.

Von: Lisa Maria Schulte

Stand: 11.05.2016 | Archiv

Die an einer Depression leidende Karo (Claudia Eisinger) neben ihrer Mutter (Katja Riemann)  | Bild: Stephanie Kulbach/picture-alliance/dpa/X-Verleih

Karo Herrmann hat kein Problem - sie ist das Problem. Denn Karo ist häufig traurig, kann ihre Gefühle nicht kontrollieren und wird für sich und ihre Umgebung immer mehr zur Belastung. Als sie es nicht mehr aushält, beginnt sie eine Therapie - und ihren Kampf um ein lebenswertes Leben. Keine leichte Kost, die sich Jung-Regisseurin Laura Lackmann für ihren ersten Langfilm ausgesucht hat.

PULS: "Mängelexemplar" war 2009 ein Bestseller von Sarah Kuttner - was hat dich gereizt aus dem Buch einen Film zu machen?

Laura Lackmann: Mich haben zwei Sachen besonders angesprochen: Zum einen das Thema der Depression im Film, weil ich persönlich selbst viel damit zu tun habe. Ich habe seit der Pubertät Probleme mit Depressionen, bin jahrelang zum Therapeuten gegangen und nehme auch Medikamente gegen die Krankheit. Zum anderen fand ich die vielen starken Frauen in dem Buch spannend. Ich bin schon berufsbedingt selbst eine sehr starke, sehr laute Frau und als solche hat man es schon schwieriger in der Welt.

Auch mit Blick auf deine persönliche Betroffenheit: Wie wichtig ist dir das Thema Depression und der Umgang der Gesellschaft damit?

Für mich ist es vor allem wichtig, dass gesunden Menschen klar wird, dass die Krankheit kein Hokuspokus oder eine schlechte Stimmung ist, mit der man mal aufwacht. Stattdessen ist die Seele ein Organ wie jedes andere auch. Auch der Magen und das Knie können überfordert werden. Für alle diese Organe gibt es unterschiedliche Herangehensweisen, damit es demjenigen, der damit Probleme hat, wieder besser geht. Gerade im Fall der Depression finde ich es deshalb wichtig, dass mehr darüber geredet und berichtet wird. Denn mit mehr Akzeptanz wird es für die Leute, die diese Krankheit haben, leichter, mit ihrer Krankheit umzugehen - und darüber zu lachen, so wie das bei uns im Film ist.

Lachen über Depressionen?

Klar, wenn man gerade in einer Depression drinsteckt, dann ist einem natürlich überhaupt nicht zum Lachen zumute. Man fühlt sich so, als hätte man richtig dollen Liebeskummer oder als wenn jemand, den man liebt, gestorben wäre. Aber es gibt in jedem düsteren Moment auch immer einen Moment, in dem man wieder lachen oder schmunzeln kann. Genauso ist das, wenn man in tiefer Trauer ist - da kommt man auf einmal in die absurdesten Situationen, in denen es wieder was zu lachen gibt. Gerade dann weiß man, wie gut das Lachen tut und wie sehr es einem hilft, mit der Situation umzugehen.

Du hast vorhin gesagt, dass man es als starke Frau nicht immer leicht hat - beziehst du das auf deinen Beruf als Regisseurin oder empfindest du das ganz allgemein so?

Es ist bekannt, dass es wenig Frauen gibt, die den Beruf der Regisseurin ausüben. Aber ich würde auch allgemein sagen, dass man es heute immer noch nicht leicht hat, wenn man als Frau stark, laut, kantig, also eben auffällig auftritt. Dann gilt man sofort als zickig und schwierig.

Männer können es sich eher rausnehmen, besonders zu sein. Als Frau tut man besser daran, die Füße nebeneinanderzustellen und lieb zu lächeln. Dann wird man auf jeden Fall netter empfangen, als wenn man so rumpelig durch die Tür kommt. Auch in Bezug auf das Thema Humor ist das so: Als Frauen dürfen wir uns nach wie vor nicht so sehr extrovertieren. In meinem Leben habe ich es häufig erlebt, dass man als Frau mit Humor immer ein bisschen als exotischer Vogel wahrgenommen wird und nicht einfach als jemand, der gut gelaunt ist.

Zeigst du deshalb in "Mängelexemplar" viele starke Frauen?

Total! Das sind einfach Schreihalsfrauen, die mit ihren Gefühlen nicht hinter den Berg halten. Ich mag Frauen und Menschen gerne, die extrovertiert, ein wenig sonderbar, kauzig und schwierig sind. Da fühle ich mich irgendwie wohl.

Der Film war dein erster eigener Langfilm. Wie geht es dir jetzt, wo alles fertig ist?

Im Moment kann ich mir noch gar nicht vorstellen, dass der Film jetzt in rund 150 Kinos läuft, ohne dass ich dabei bin. Sechs Jahre lang habe ich Kostüme für den Film gesammelt, nach Drehorten und den passenden Schauspielern Ausschau gehalten und den Film danach in neun Monaten gedreht und fertiggestellt. Mittlerweile fühlt es sich deshalb für mich an, als sei das kein Film, sondern eine Person. Damit abzuschließen ist nicht einfach - vor allem, weil mir im Alltag immer wieder Sachen in die Hände fallen, die für den Film gut gewesen wären. Aber jetzt ist es dafür zu spät.


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