"Gesamtkonzept Popularmusik" in München Verordneter Stillstand für die Popkultur
München hat jetzt ein Konzept für Popkultur. Es besagt vor allem eins: Viel ändern muss sich erst mal nicht in der bayerischen Landeshauptstadt. Die Subkultur droht jetzt mit Protesten.
Wohin soll es gehen mit der Popkultur in München? Während hier ansässige Bands beklagen, dass sie sich die Mieten für Proberäume in der schönsten Stadt der Welt kaum leisten können und der Raum für Clubs und Konzert-Locations immer knapper wird, werden klassische Konzerte mit Millionenbeträgen bezuschusst. Jetzt soll endlich auch ein Förderplan für die Popkultur her. Nachdem die Sitzung monatelang vertagt wurde, hat das Münchner Kulturreferat jetzt sein "Gesamtkonzept Popularmusik" beschlossen. Auf 27 Seiten ist darin in erster Linie festgehalten: es läuft schon ziemlich gut.
Kein Auge für die Probleme der Subkultur
Einen gewissen Handlungsbedarf stellt der neue Popkultur-Plan immerhin fest: fehlender Raum für Live-Konzerte, zu wenig Proberäume in der Stadt und Unterrepräsentation von Frauen in der Popkultur. Alles Probleme, die die Politik künftig gelobt zu berücksichtigen. Eine konkrete Strategie gibt es noch nicht, außer den Plan, sich mit der Szene an Runden Tischen zusammen zu finden. Die Zwischenergebnisse werden in drei Jahren präsentiert.
Peter Pfaff hat gemeinsam mit anderen Musiker*innen letztes Jahr die Initiative "Stereokultur" gegründet, die sich dafür einsetzt, dass die Münchner Musikszene in Sachen Entwicklung und Förderung der Musikkultur miteinbezogen wird. Er kritisiert das neue Konzept scharf:
"Das Kulturreferat hat sich von den Regierungsfraktionen bestätigen lassen, dass sie alles richtig machen. Es ist offensichtlich: Sie haben keine Ahnung von Popmusik. Der Großteil der Musiker*innen in dieser Stadt hat zu wenig Probemöglichkeiten, zu wenig Auftrittsmöglichkeiten und wandert früher oder später ab. Es gibt keine Debatte mit der Szene, die alle Perspektiven, die diese Stadt bietet, miteinbezieht."
- Peter Pfaff, Stereokultur
Julia Viechtl von der Fachstelle Pop der Stadt München findet versöhnlichere Töne:
München ist nicht Hamburg und stolz darauf
Fest steht: Die Stadt München hat zumindest schon mal erkannt, dass sie eine Popkultur hat. Und dass die nicht von allein floriert, während Mietpreise und Behördenauflagen steigen. Bahnbrechende Änderungen wird der neue Förder-Plan für die Popkultur nicht bringen. Aber immerhin: ein gewisser Wille seitens der Stadt ist da. Von einer Popkultur-Förderung, die Institutionen wie das Reeperbahn-Festival in Hamburg hervorbringen, sind wir jedenfalls noch noch weit entfernt.
Ob die geplanten Runden Tische mit der Szene der Stadt wirklich etwas bringen, werden wir in drei Jahren sehen, wenn die ersten Zwischenergebnisse präsentiert werden. Das ist allerdings ziemlich spät, angesichts der Tatsache, dass die Münchner Subkultur ganz aktuell vor existentiellen Problemen steht: Die Minna Thiel steht auf der Kippe, das TAM TAM Tanzlokal musste schließen und das Kulturschiff "MS Utting" wartet wegen hoher Auflagen immer noch auf seine Eröffnung. Genau aus diesem Grund hat die Initiative Stereokultur auch schon Proteste, Demos und Streiks angekündigt. Ein versöhnliches "Gesamtkonzept Popularmusik", das sich die meisten gewünscht haben, sieht anders aus.
Sendung: Filter, Freitag 13.04.2018 - ab 15.00 Uhr