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White Club Tennis "Wir backen unseren eigenen Becker"

Die Wörter "Tennis" und "hip" passen seit 20 Jahren nicht mehr in einen Satz. Zwei Jungs aus München wollen das jetzt wieder ändern und haben den White Club gegründet. Und mit dem spielen sie auch mal an eher ungewöhnlichen Orten.

Von: Florian Nöhbauer

Stand: 19.01.2016 | Archiv

Der White Club aus München spielt Tennis an ungewöhnlichen Orten | Bild: Christoph Hanke

Zum ersten Mal seit 15 Jahren hab ich mal wieder einen Tennisschläger in der Hand. Aber mindestens so lange ist Tennis auch einfach nicht mehr cool. Oder besser war. Denn jetzt gibt es den White Club: ein Verein, der auf lockere Art Menschen wieder zum Tennisspielen bringen will. Ohne Zwang und teure Mitgliedschaft. Als ich das erste Mal davon gehört hatte, war ich von der Idee begeistert. Also hab ich meinen Schläger wieder aus dem Keller geholt und mich mit den beiden Gründern Christoph Hanke und Peter Wehner in der Tennishalle getroffen, um mal wieder ein paar Bälle übers Netz zu schlagen - oder in meinem Fall: ins Netz.

Florian von PULS: Der Name "White Club" ist an "Fight Club" angelehnt, den Film über einen heimlichen Prügel-Club. Die erste Regel des "Fight Club" lautet allerdings: "Don't talk about the Fight Club." Gilt das bei euch auch?

Christoph: Über uns können alle gerne reden. Also bitte gerne weitererzählen. Je mehr Leute wir dafür begeistern können, desto mehr Leute sind wieder auf dem Tennisplatz. Egal ob das jetzt ein Profi ist oder ein Anfänger - hauptsache sie haben Spaß.

Die Wörter "Tennis" und "cool" hat schon lange kein Mensch mehr in einem Satz benutzt. Ihr wollt das mit dem White Club ändern. Wie?

Christoph: Es geht uns erstmal nicht um Coolness. Wir wollen generell den Tennissport wieder populärer machen und nette Leute zusammen auf den Platz bringen. Klar, Tennis hatte mal einen coolen Lifestyle, aber jetzt gilt der Sport wahrscheinlich bei den meisten Leuten als elitär, langweilig und versnobt. Wir wollen es anders angehen und Tennis generell zugänglicher machen.

Wie funktioniert der White Club?

Christoph: Auf unserer Internetseite legt man sich ein Profil an. Wir haben einen Schlüssel vorgegeben mit Spielstärken von eins bis sieben. Eins bedeutet Profi, sieben heißt blutiger Anfänger, der aber voll Bock hat. Wir nehmen dann die Leute aus den jeweiligen Spielstärken und würfeln die in Gruppen zusammen, in denen dann jeder gegen jeden spielt. Das ist unser Ligabetrieb. Ansonsten kann man aber auch einfach nur Trainingspartner suchen. Es geht also nicht nur um den Wettbewerb, man kann sich auch einfach nur zum Tennis verabreden.

Ihr habt gesagt, ihr wollt alles etwas anders angehen.

Christoph: Wir haben in unserer Liga einen anderen Modus, wir spielen nämlich auf Zeit. Ein Match dauert 60 Minuten, weil man den Platz immer für eine Stunde mietet. Das heißt: Zehn Minuten einspielen und 50 Minuten zocken. Das Endergebnis gibt man dann einfach auf unserer Plattform ein. Ein Spiel kann also 4:3 ausgehen, es kann aber auch 18:1 ausgehen. Das Auf-Zeit-Spielen hat seinen ganz eigenen Reiz, weil man vom ersten Punkt an Gas geben muss. Da kann man das Match nicht noch mal im dritten Satz umdrehen. Das macht mega Spaß.

Peter: Und das Auswärtsspiel ist maximal in einem anderen Stadtviertel. Man muss sich also nicht mehr wie früher bei der Punktrunde zweieinhalb Stunden ins Auto setzen und an den Bodensee oder nach Niederbayern fahren.

Wieviele Mitglieder habt ihr jetzt?

Peter: Momentan sind es ca. 430 Mitglieder, die auf der Seite angemeldet sind. Wir haben unter Freunden angefangen, mittlerweile kennen sich die Spieler aber manchmal nicht mehr untereinander. In letzter Zeit haben wir auch immer wieder Anfragen aus Berlin, Hamburg oder Österreich bekommen. Mal schauen, wie wir das über die Stadtgrenzen hinaus bringen können.

Was glaubt ihr, warum hat Tennis generell so an Popularität eingebüßt?

Peter: Tennis hat eine starke Clubstruktur, in der man immer Mitglied werden muss und dann im Herbst zum Laub zusammenrechen abkommandiert wird. Dafür zahlt man dann relativ viel Geld. Außerdem dauert es ewig, bis man einen gleichstarken Spielpartner findet. Der Zugang zum Spiel ist also relativ schwierig und der Sport an sich ist nicht so einfach wie Frisbees werfen oder Rollerbladen.

Als ich früher Tennis gespielt habe, waren Spieler wie Andre Agassi oder Michael Chang auf dem Schulhof total angesagt. Auch wegen ihrer Klamotten und Sneaker. Da musste man sogar am Tennisplatz Angst haben, dass einem da die Sachen gezockt wurden. Wenn ich mir heute das Outfit von Nadal oder die Schuhe von Roger Federer anschaue: Mit denen kann ich mich betrunken in die Bronx legen und hab sie am nächsten Tag noch an. Warum hat Tennis auch an jugendkultureller Wirkung verloren?

Christoph: Erst mal ist Tennis irgendwie aus den Köpfen verschwunden. Weil es keinen Boris Becker und keine Steffi Graf mehr gibt. Tennis ist nicht mehr im Fernsehen und damit ist es wahrscheinlich auch von den Schulhöfen verschwunden. Du trägst gerade alte Schuhe von Agassi. Die sind von 1992, oder?

Ganz genau.

Christoph: Knaller Schuh, top Outfit damals. Heute ist Tennis eben in den Köpfen nicht mehr so drin. Jeder wartet auf den nächsten Boris Becker. So lange wollen wir aber gar nicht warten. Wir backen unseren eigenen Becker und wollen Tennis einfach wieder als Breitensport etablieren. Das heißt, Tennis muss wieder Spaß machen - egal, ob das jetzt nur eine Stunde rumschupfen ist oder Turniere am Wochenende. Alle sind willkommen.

Im Olympia-Eisstadion habt ihr tatsächlich mal auf Eis gespielt. Wollt ihr damit die Aufmerksamkeit der Medien wecken oder hattet ihr einfach nur Bock, mal woanders zu spielen?

Der White Club aus München spielt Tennis an ungewöhnlichen Orten. Hier: Auf der Theresienwiese | Bild: Christoph Hanke

Peter: Wir hatten einfach Bock im Olympiastadion zu spielen, weil da vorher noch keiner Tennis gespielt hat. Wir haben auch schon auf der Zugspitze gespielt und uns auf der Theresienwiese einen eigenen Platz aufgebaut. Der Spaß steht dabei immer im Vordergrund. Wir ermöglichen uns Dinge, von denen wir nicht geglaubt hätten, dass sie möglich sind. Und es funktioniert lustigerweise.

Ihr habt auch schon gemeinnützige Aktionen gemacht.

Peter: Ja, wir haben in der Bayernkaserne angerufen und dort einen Nachmittag mit Flüchtlingen Tennis gespielt. Außerdem haben wir über die Plattform zum Spenden aufgerufen und so knapp 100 Tennisschläger, einen ganzen Kofferraum voller Tennisbälle und drei Kindernetze zusammen bekommen. Drei Stunden sind dann in der Kaserne die Bälle nur so durch die Gegend geflogen, lauter strahlende Gesichter.

Was sind eure nächsten Ziele mit dem White Club?

Peter: Man kann in München zum Beispiel am Bolzplatz kostenlos Fußball spielen, man kann umsonst Basketball spielen, man kann aber noch nicht kostenlos Tennis spielen. Vielleicht gelingt es uns irgendwann mal Public Courts zu bekommen, auf denen man auch umsonst Tennis spielen kann.


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