Interview mit Braumeisterin Susanne Weber "Ich habe mich durchgebissen"
Auch im Jahr 2018 ist Bierbrauen hauptsächlich in Männerhand. Susanne Weber ist Braumeisterin und kennt sich bestens mit Bier und all seinen Bestandteilen aus. Seit elf Jahren setzt sie sich gegen die vielen Männer in ihrem Beruf durch.
Susanne Weber hat das Bierbrauen im Blut, denn ihr Großvater war auch Braumeister. Nachdem sie ihre Leidenschaft für Bier entdeckt hatte, machte Susanne eine Ausbildung zur Brauerin bei Paulaner. Der Job brachte sie nach Amerika und in die Schweiz, bis sie schließlich wieder bei Paulaner in München landete. Als Ausbilderin gibt sie jetzt ihr Wissen und ihre Erfahrungen weiter.
PULS: Wieso bist du Brauerin geworden?
Susanne Weber: Gute Frage. Als ich mich damals für einen Beruf entscheiden musste, war mir eines klar: Ich möchte nicht ins Büro. Ich wollte mich bewegen, ich wollte Abwechslung und eigentlich wollte ich Polizistin werden. Das hat aber leider nicht geklappt. Also habe ich viele Praktika gemacht, unter anderem auch eins bei der Paulaner Brauerei. Da gab’s auch schon Frauen in der Ausbildung, die mir die Vor- und Nachteile von der Arbeit in so einer Männerbranche gezeigt haben. Ich ließ mich davon nicht abschrecken und so bin ich dann zum Bierbrauen gekommen.
Wie war denn die Ausbildung für dich?
Sie war interessant und vielfältig, aber auch anstrengend. Ich wollte schon nach drei Monaten aufhören.
Warum das?
Ich war erst 17 Jahre alt, kam aus der Schule und wurde mitten ins Leben, mitten in eine absolute Männerdomäne geschmissen. Es herrschte ein rauer Ton. Mir wurde die Arbeit immer aus der Hand genommen, so nach dem Motto: "Mädel geh weg, das mache ich. Frauen im Blaumann haben hier nichts zu suchen". Klar, so war nicht jeder Geselle, aber solche Sticheleien gab es. Die Sicht auf Frauen in dem Handwerk hat mir überhaupt nicht gefallen. Aber ich habe mich durchgebissen. Mein Ausbilder hat mich damals sehr unterstützt. Er hatte immer ein offenes Ohr für mich, dafür bin ich ihm sehr dankbar. Am Ende war ich einfach stolz, das durchgezogen zu haben.
Gab es damals andere weibliche Brauerinnen, mit denen du dich zusammenschließen konntest?
Ja, ich hatte Glück. Wir waren damals zwei Jungs und zwei Mädels. Das heißt, wir konnten uns schon gut austauschen. Leider waren wir Mädels nie zusammen in einer Abteilung. Wir haben uns dann einfach immer wieder getroffen – um zu lästern und um uns gegenseitig zu unterstützen. Das hat dann schon vieles wieder gut gemacht.
Würdest du deinen Beruf einer anderen jungen Frauen ans Herz legen?
Ja, wenn sie die bayerische Tradition liebt. Wenn sie anpacken möchte und ein Gespür für Chemie, Biologie und Physik hat.
Wie muss man ticken, um Brauerin zu werden?
Es ist gut, wenn man nicht alle Latten am Zaun hat. Man muss offen und quirlig sein, Schüchternheit bringt einen nicht weit. Selbstbewusstsein ist wichtig. Wer das nicht von Anfang an hat, lernt es spätestens in den ersten drei Monaten der Ausbildung. Und was sowieso klar ist: Bier muss man natürlich mögen.
Gibt es bestimmte Vorurteile als Frau in deiner Branche?
Man wird nicht mehr als Frau, sondern nur noch als Kumpel wahrgenommen. Mir wird immer gesagt: "Hey Susi, du bist so ein toller Kumpel". Wenn ich jetzt noch einmal dieses Wort höre, dann raste ich wahrscheinlich aus.
Hat es auch irgendwelche Vorteile als weibliche Brauerin?
Es ist immer ein gutes Gesprächsthema, vor allem mit Männern. Wenn mich jemand nach meinem Beruf fragt, dann ist der Abend gerettet. Ein sonstiger Vorteil ist höchstens der Frauenbonus, wenn es zum Beispiel darum geht, schwere Bierträger zu schleppen. Wobei ich es nicht gut finde, diesen Bonus auszuspielen. Soweit es geht, mache ich alles selber.
Wünschst du dir mehr Frauen in deiner Branche?
Ja, auf alle Fälle. Frauen sollten sich mehr zutrauen. Ich finde, Frauen heben die Stimmung in einem Team. Wir haben in unserer Abfüllabteilung eine 80-Mann-Besetzung – und eine Frau. Und plötzlich können sich die Männer benehmen und Regeln einhalten. Das wertet ein Team auf.
Wie anders benehmen sich die Männer denn dann?
Sie reden ordentlicher und machen weniger Furz- und Blondinen-Witze.
Sendung: Filter, 19.9.2018, ab 15 Uhr