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Angst vor der AfD Fachschaft der Uni München schmeißt alle politischen Hochschulgruppen raus

Die AfD spaltet die LMU München. Soll man ihre Hochschulgruppe zulassen oder nicht? Der Konvent der Fachschaften hat jetzt eine Entscheidung getroffen – und mal eben sämtliche Hochschulgruppen aus der Uni geschmissen.

Von: Cosima Weiske

Stand: 17.07.2016 | Archiv

Die LMU hat alle partinahen Hochschulgruppen rausgeschmissen | Bild: BR

Der Streit um die AfD-nahe Hochschulgruppe "Campus Alternative München" schwelt an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) schon länger. Vor ein paar Wochen gab es einen Riesenstreit, weil die "Campus Alternative" offiziell akkreditiert werden wollte. Damals gab es eine Konventssitzung, das ist eine Versammlung der Fachschaftsvertreter, die beschlossen hatte, dass die AfD nicht akkreditiert wird. Die AfD-Gruppe hat sich daraufhin beschwert, dass sie nicht zugelassen wurde – und dann hat die Hochschulleitung entschieden: Es gibt keinen Grund, aufgrund der Satzung des Konvents, die AfD auszuschließen. Die "Campus Alternative München" hätte also aufgenommen werden müssen. Und jetzt wird’s richtig merkwürdig: Um zu verhindern, dass die AfD akkreditiert wird, hat der Konvent jetzt beschlossen, einfach alle Hochschulgruppen, ob politisch oder nicht, rauszuwerfen. Heißt: Sie dürfen sich sich nicht mehr in der Uni treffen.

Die Fachschaften sind fein raus, alle anderen gucken in die Röhre

Den Fachschaften, die die Entscheidung getroffen haben, kann das Ganze im Grunde egal sein, denn ihre Räume sind nicht von dem Rausschmiss betroffen. Aber alle anderen, die sich jenseits der Fachschaften politisch engagieren wollen, gucken jetzt in die Röhre.

Die LMU wird jetzt noch unpolitischer

Besonders politisch war die Münchner LMU ohnehin nie – Flyer verteilen geht nur auf Antrag und es gibt im Gegensatz zu anderen Hochschulen in Deutschland kein Studierendenparlament - und das an dem Ort, an dem die Widerstandsgruppe "Die Weiße Rose" um Sophie Scholl Flutblätter gegen Adolf Hitler verteilt hat und zum Symbol des Widerstands wurde. Doch durch die Entscheidung der Fachschaften, alle Hochschulgruppen vom Campus zu verbannen, wurde die LMU jetzt gleich noch ein bisschen unpolitischer.

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Betroffen sind alle partei- und gewerkschaftsnahen Gruppen an der LMU. Fachschaftsunabhängige Gruppen, wie etwa die Hochschulgruppe von Amnesty International oder die marxistische Vereinigung "Waffen der Kritik" müssen sich in Zukunft andere Räume suchen, wenn sie sich treffen oder auf ihre Anliegen aufmerksam machen wollen. Till Heckelbacher, Sprecher der ebenfalls betroffenen Juso-Hochschulgruppe, die der SPD nahesteht, befürchtet vor allem Probleme für kleine Gruppen:

"Das ganze politische Leben an der Uni wird damit zunichte gemacht. Für die Jusos ist das zwar nicht so schlimm, weil wir easy woanders Räume kriegen, aber kleinere politische Gruppen, die keine fette Institution im Rücken haben, werden effektiv aus der Uni ausgesperrt."

Till Heckelbacher, Sprecher der Juso-Hochschulgruppe

Die Auseinandersetzung mit der AfD wird nur verschoben

Das Absurde daran ist: So richtig verbannen kann man ungeliebte Gruppen wie die "Campus Alternative München" sowieso nicht. Auf Antrag kann theoretisch jeder weiterhin Räume an der LMU mieten und Veranstaltungen durchführen. Das ist der Knackpunkt an der Geschichte – im Grunde ist damit niemandem geholfen. Eine Auseinandersetzung mit der AfD, die jetzt eigentlich ziemlich wichtig wäre, wird lediglich auf die Univerwaltung abgewälzt. Die entscheidet in Zukunft, wer Räume bekommt und wer nicht. Und das alles nur Angst vor der AfD.

"Und das ist der eigentliche Skandal, dass ein verschwindend kleiner Haufen an Rechtsradikalen es geschafft hat, mit minimalem Aufwand den kompletten Hochschulbetrieb erstmal aufzumischen und letztendlich das komplette politische Unileben aus der Uni rauszukriegen."

Till Heckelbacher, Sprecher der Juso-Hochschulgruppe

Unverständnis über die Entscheidung

Die Studierendenvereinigung der LMU München, die StuVe, hat ihre Entscheidung auf Facebook geposted. In den wenigen Kommentaren hat niemand Verständnis für die Entscheidung. Die Jungen Liberalen sehen "das absolut falsche Signal" gesetzt und legen ihre Sichtweise auch ausführlich auf ihrer Homepage dar. Die Juso Hochschulgruppe bezieht noch deutlicher Stellung: "Ihr macht euch damit zu Helfershelfern, genau der Antidemokraten, die ihr angeblich bekämpfen wollt." Auch in den Bewertungen der Facebook-Seite wird die Verärgerung über die Entscheidung sichtbar: "Ernsthaft?! Ihr seid euch auch für nix zu schade oder?"

Eine Kritik, die immer wieder geäußert wird, ist dass nun auch allen nicht politischen Hochschulgruppen die Akkreditierung und damit die Unterstützung entzogen wird. sneep München, die sich mit Wirtschaftsethik beschäftigen, machen ihrer Frustration Luft:

"Bisher werden einem nur Steine in den Weg gelegt, wo die meisten bayerischen Unis ihren [Hochschulgruppen] einfach so Räume geben, sind bei uns schnell mal dreistellige Beträge für Treffen und Events fällig. Nicht pro Semester, sondern pro Veranstaltung wohlgemerkt. Ludwig-Maximilians-Universität München, das ist äußerst peinlich."

sneep München auf Facebook

Eine öffentliche Reaktion von der Campus Alternative gibt es bis dato noch nicht.

Krisentreffen aller Hochschulgruppen

Die Hochschulgruppe des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) ruft jetzt alle Hochschulgruppen zu einem Krisentreffen. Im Facebook-Event heißt es:

"Mit dieser Entscheidung werden Studierenden, die sich selbständig organisieren und ihre eigene Uni mitgestalten wollen, massive Steine in den Weg gelegt! Wir dürfen das nicht mit uns machen lassen!"

Facebook Event der DGB Hochschulgruppe München


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